Superstar mit Geisterhilfe

Der amerikanische Künstler Ian Folke Svenonius ist nicht nur Mitglied verschiedener Punkbands, wie zum Beispiel Chain Gang, sondern war in Musik-Dokumentarfilmen zu sehen, ist Talk-Master einer Online-Musikshow und ist mehrfacher Buchautor.

In seinem neuen Buch spürt Svenonius den Geheimnissen des Rock'n Roll nach und lässt sich dabei von verstorbenen Rockstars helfen.

Svenonius sagt in seinem Leitfaden, dass die beständige Neugründung von Rockbands eine Gefahr für bestehende erfolgreiche Gruppen und die daran hängende Musikindustrie sei, deshalb die erfolgreiche Neugründung ein gehütetes Geheimnis sei und kein lebendes Mitglied der Industrie sich dazu bereit erklären würde, dieses Geheimnis preiszugeben. Und deshalb war er auf die Hilfe von toten Rockstars angewiesen.

In Séancen, also spiritistischen Sitzungen, wurden die Geister von verstorbenen Rockstars wie Buddy Holly, Brian Jones, Jimi Hendrix, Jim Morrison und einigen anderen angerufen, die ihm und damit dem interessierten Leser ihre Erfahrungen und Weisheiten mitteilen.

So behauptet z.B. der früh verstorbene Stones-Gitarrist Brian Jones, dass eine Band existentiell leiden muss, um die Integrität als Gruppe zu bewahren. Vorteilhaft sei auch die Auflösung einer Band, die möglichst auf dem Zenit des Rums erfolgen sollte, als eine Art fingierter oder symbolhafter Tod, der zur Legendenbildung vorteilhaft ist.

Die Soul-Größe Mary Wells erklärt, dass der Ursprung der Rockband die urbane Straßengang und damit ein Erbe der Jugendkriminalität sei. Der Rock'n Roller Buddy Holly bestätigt diese Theorie und sieht die Zeichen und Symbole der Gangs in der Punkrock-Mode der 70er-Jahre und im Gangsta-Rap der 90er-Jahre wieder auftauchen.

Dabei sprechen die toten Rockstars nicht über ein Medium, sondern teilen sich nur mittelbar über Glühbirnen mit, die sich dimmen oder erhellen, über Spagetti, die sich in Mustern formieren, als Schemen, die im Spiegel auftauchen oder als leichte Brise in Vorhängen erscheinen.

Svenonius leitet aus diesen Séancen seine 22 Strategien ab und spricht gleich im ersten Kapitel bei der Entstehung von Kunst ganz allgemein von einem tiefen Gefühl der Beschämung und diese Tatsache allein die zu erwartende Blamage einen Künstler dazu bringt, sich weiterzuentwickeln.

Deshalb gehe es nach der Bandgründung darum, im ersten Schritt eine furchtbare Platte mit scheußlichem Cover zu veröffentlichen, um dieses beschämende Objekt, eben durch die künstlerische Weiterentwicklung, also eine großartige Platte, aus dem öffentlichen Bewusstsein wieder zu löschen. Sevnonius sagt, dass ein Bandfoto am Anfang wichtiger sei, als die Musik, weil es zuerst um die Imagebildung gehen muss und dass der Bandname von existentieller Bedeutung sei und eine gewaltige assoziative Kraft habe.

In weiteren Kapiteln und Strategien geht es u.a. um die Bandprobe, Sex, Groupies, den Produzenten, den Auftritt und den Bandbus, der ähnlich der richtigen Schuhe beim Auftritt eine Signalwirkung auf das Publikum habe.

All seine Behauptung werden natürlich maßlos übertrieben, sehr kurios und mit viel Fantasie humorvoll beschrieben. Am Ende steckt in jeder der 22 Strategien und vor allem den Aussagen der toten Rockstars jede Menge Wahrheit und Weisheit, die nicht nur interessierten Bandgründern zur Lektüre empfohlen sei, sondern auch jedem Musikfan, der die "endgültige" Wahrheit über das Geschäft mir Musik erfahren möchte.