Kardinal Cláudio Hummes ist die Hoffnung Brasiliens

Von Karla Sponar · 12.04.2005
In Brasilien ist der verstorbene Papst wie ein Pop-Idol gefeiert worden. Im größten Land Lateinamerikas hoffen insbesondere die 125 Millionen Katholiken nun auf einen Papstnachfolger aus ihrer Region. Im Kandidatenkarussel um die Nachfolge für den Heiligen Stuhl wird ein Name dort besonders oft genannt: Kardinal Cláudio Hummes.
Zuerst deutete nichts daraufhin, dass sich Cláudio Humes während der Militärdiktatur in Brasilien in den 70er und 80er Jahren auf die Seite der Regimegegner und buchstäblich vor die Panzer stellen würde, um die Rechte der Arbeiter zu verteidigen. Der Sohn einer deutschen Einwandererfamilie aus dem Hunsrück war im wohlhabenden Süden Brasiliens aufgewachsen. Er trat dem Franziskanerorden bei, lehrte Philosophie und spezialisierte sich später auf die Ökumene.

Erst als er mit 41 Jahren Bischof von Santo André wurde, kam der Rebell in ihm zum Vorschein. In dieser Kirchenprovinz hatten Volkswagen und Ford ihre größten lateinamerikanischen Vertretungen. Ihre Chefs waren verdutzt: Mit diesem Kirchenmann wurden sie nicht leicht fertig. Er kannte sich in Wirtschaftsfragen aus, bot Gewerkschaftern Schutz in der Kirche, ließ sie in seinen Messen zu Wort kommen. Darunter war Lula da Silva, heute Staatspräsident Brasiliens. Lula sähe den 70-Jährigen jetzt gerne als Papst, denn er kennt sich mit den Problemen Brasiliens bestens aus. Hummes seinerseits schont den Staatschef nicht. Beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und bei der Landreform wünscht er sich vom Präsidenten mehr Kühnheit.

Noch 1998 sah Hummes die immense Armut als größte Herausforderung für sich. Er war gerade Erzbischof der Megametropole Sao Paulo geworden. Doch inzwischen hat er sich gewandelt. Er will sich jetzt stärker um den Mittelstand kümmern. Moraltheologisch folgt er dem römischen Kurs. So drohte er beispielsweise Priestern, die Verhütungsmittel als Schutz gegen Aids empfehlen, mit Exkommunikation. Bei seinem Amtsantritt in Sao Paolo lautete seine erste Botschaft:

"Betet für mich und schaut mich nicht ängstlich an, denn ich komme als ein Bischof für alle."

Mit der römischen Kurie arbeitet er in den Bischofskongregationen für Laien, Familien, soziale Fragen und interreligiösen Dialog. Einst galt der sozialpolitisch Engagierte als Vertreter des linken Flügels in der brasilianischen Kirche. Als Hummes vor vier Jahren den Kardinalshut empfing, jubelten die konservativen Kräfte wie zum Beispiel Rios Kardinal Eugenio de Araújo Sales - einer der schärfsten Kritiker der Befreiungstheologie. Mit ihm ist Hummes mittlerweile eng befreundet.

Als im vergangenen Jahr anonyme Täter Indios in Brasilien töteten, nahm der Erzbischof von Sao Paulo dies zum Anlass, um die Gewalttat zu verurteilen und sich klar zu machen:

"Jeder von uns in der Gesellschaft sollte über seine eigene soziale Verantwortung nachdenken, statt davor wegzurennen."

Einigen in der römischen Kurie gilt dieser brasilianische Kandidat für die Papstnachfolge bereits als zu progressiv.
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