Kapitalflucht

Steuersündern auf der Spur

Von Tonia Koch · 05.02.2014
Alice Schwarzer, André Schmitz, Theo Sommer, Uli Hoeness - viele Prominente wollen in Deutschland keine Steuern zahlen. Einige entscheiden sich zur Selbstanzeige, andere versuchen das Geld über die Grenze zu holen. Dort könnte aber eine Bargeldkontrolle des Zolls auf sie warten. Ein Ortsbesuch.
Zöllner Horst Geib: "Guten Morgen, deutsche Zollkontrolle…."

Das Fahrzeug eines deutschen Premiumherstellers ist eines der ersten, das von den Beamten, die mit leuchtend gelben und orangefarbenen Warnwesten bekleidet sind, heraus gewunken wird. Der Fahrer stammt, das lässt das Kennzeichen vermuten, aus der Gegend. Die Beamten kontrollieren stets zu zweit, immer im Team. Horst Geib belehrt den Rentner.

"Herr Ganz, ich stelle Ihnen jetzt eine Frage, bitte höre Sie mir genau zu. Ja. Bitte melden Sie mir alles mitgebrachte Bargeld, Wertpapiere, Schecks, Wechsel, gleichgestellte Zahlungsmittel an, die den Wert von 10.000 Euro haben oder übersteigen."

Helmut Ganz: "Nee, hab' ich nich. Ich glaube, Bargeld ist noch drin, sonst hab' ich kein Geld dabei."

Helmut Ganz zückt sein Portemonnaie, während der Beamte fortfährt.

Horst Geib: ": "Wir werden Sie jetzt kontrollieren, wir werden das Fahrzeug kontrollieren und wenn Sie uns unrichtige Angaben gemacht haben, ist das eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer empfindlichen Geldstrafe geahndet werden kann.""

Der Rentner ist zum ersten Mal in eine Bargeldkontrolle geraten. Er kommt direkt vom Bankschalter eines luxemburgischen Grenzstädtchens an der Mosel.

"Ich war auf meiner Bank eben, in Remich."

Den Namen des Geldinstituts hat er auf Anhieb nicht parat. Er kümmere sich selten um diese Anlage, aber, den Kontostand weiß er.

"Das was im Moment noch da ist, sind 300.000."

Helmut Ganz ist auf dem Weg zu seinem Steuerberater, um mit ihm zu besprechen, was ab 2015 zu tun ist, wenn Luxemburg das Bankgeheimnis lockert.

Die Ankündigung der Luxemburger hat so machen Anleger aufgeschreckt. Denn im Klartext bedeutet dies, dass die Steuerbehörden des Großherzogtums den deutschen Finanzämtern künftig die Namen von Anlegern automatisch mitteilen, die Zinserträge erzielen. So mancher Anleger versucht daher sein Geld unbemerkt am Fiskus vorbei in die Heimat zu schleusen. Im Vergleich zu April/Mai des vergangen Jahres hat sich die Zahl dieser ‚Selbstabholer', die im deutsch-luxemburgischen Grenzgebiet mit kleineren und größeren Bargeldsummen unterwegs sind, fast verdoppelt.

Diana Weis: "Die Dame, die wir gerade kontrolliert haben, sagt, sie hat 9.900 Euro in bar dabei. Sie hat uns eine Mappe ausgehändigt in der sich das Geld befindet und wir werden jetzt zählen, ob das auch der Wahrheit entspricht."

Etwas abseits zählt Diana Weis, gemeinsam mit der Frau und einem weiteren Kollegen das Geld. Währenddessen läuft ihr Fahrer nervös rauchend auf und ab. Es handelt sich um ein Firmenauto. Reden will er nicht. Wenig später steht fest: Die Angaben seiner Beifahrerin sind korrekt. Mit 9.900 Euro liegt sie exakt 100 Euro unter der Grenze zur Meldepflicht. Nur wer 10.000 Euro und mehr bei sich trägt, der muss einen Nachweis darüber führen wo das Geld herstammt, um sich nicht dem Verdacht der Geldwäsche auszusetzen. Die Summe wurde von einem Luxemburger Konto abgehoben.

Franz-Josef Fries: "Sie hat angegeben, dass sie das Geld seit ca.10 Jahren in Luxemburg hat. Dann hat sie auch noch den Betrag genannt, wie hoch der Betrag ist. Aus dem Grunde besteht der Verdacht der Kapitalertragssteuerhinterziehung. Deshalb auch eine Kontrollmitteilung an das zuständige Finanzamt der Frau."

Am Ende des Tages benachrichtigen die Zöllner sechs deutsche Finanzämter, dass es sich lohnen könnte, bei dem ein oder anderen Steuerpflichtigen genauer hin zu schauen.

Wenig später ist ein Bus an der Reihe. Es handelt sich um die mehrmals täglich verkehrende Linie Luxemburg/ Saarbrücken -Hauptbahnhof.

Horst Geib: "Öffnen der Türen, Guten Tag!"
Fahrer: "Chef, ich hab's eilig."
Horst Geib: "In der Mitte, machen Sie bitte auf!"
Fahrer: "In der Mitte auch?"
Horst Geib: "Ja, deutsche Zollkontrolle, bitte halten Sie ihre Ausweise parat…."

Carl Rohr, der Fahrer, weiß, das kann dauern.

Carl Rohr: "Das ist immer peinlich für die Leute, weil sei ihre Anschlusszüge nicht mehr kriegen, ICE, TGV oder Frankfurt, das ist das Problem."

Diesmal geht es schnell. Aber der anderthalb Stunden später gefilzte Expressbus muss lange warten. Eine gepflegt wirkende Dame um die 60 hat ebenfalls knapp 10.000 Euro in der Tasche. Sie wird intensiv befragt und kann deshalb die Busfahrt nicht fortsetzen. Im Koffer eines anderen Reisenden finden die Zöllner kiloweise Tabak und 800 Zigaretten. Der Koffer wird konfisziert, der Besitzer darf mit dem Bus nach Saarbrücken weiterfahren. Die Kontrolle der Buspassagiere hat zu einem kleinen Stau geführt. Eine Frau in einem PKW mit Biberacher Kennzeichen wartet ungeduldig darauf, dass sich die Beamten ihr zuwenden

Horst Geib: "Ja, kommen Sie zu mir!"

Horst Geib beugt sich tief in den Kofferraum des Fahrzeuges.

Brigitte Hoffmann: "Da können Sie in unserer dreckigen Wäsche wühlen."

Er findet eine verschlossene Mappe.

Brigitte Hoffmann: ""Da sind Schlüssel drin, zeig' ich Ihnen, ja, machen Sie!"

Der Verschluss klemmt.

Brigitte Hoffmann: "Drum han ich denkt, ich mach's Ihnen auf, ich bin ja gar nicht so. Da sind die Papiere, die Schlüssel vom Wochenendhaus…Das gehört meiner Mutter ganz allein…!"

Frau Hoffmann hat kein Verständnis für die Kontrolle. Sie ist überzeugt, dass sie allein deshalb verdächtig ist, weil sie ein Fahrzeug der Oberklasse mit einem baden-württembergischen Kennzeichen fährt.

"Jedes Mal wenn ich über die Grenz jetzt fahr, nur weil ich BC-Nummer hab, werde ich jedes Mal hinter der Grenze angehalten. Ich hab' eben gesagt, die blinken, pass auf, wir müssen rausfahren, jedes Mal das Gleiche. Ich hab nicht wirklich Verständnis dafür, weil die Großen kriegt ihr nicht…"

Horst Geib bleibt gelassen. Der Zollamtsinspektor ist 40 Jahre im Dienst und immer wieder auf's Neue entscheidet er in Bruchteilen von Sekunden: Durchwinken oder kontrollieren. Frau Hoffmann darf nach knapp 10 Minuten weiterfahren.
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