Kampfkunst und Familienkampf

Vorgestellt von Hannelore Heider · 17.09.2008
"Redbelt" ist eine Räuberpistole um einen ehrenhaften Jiu-Jitsu-Lehrer und bösartige Sportvermarkter, die aber schön inszeniert und exzellent besetzt ist. In "Friedliche Zeiten" wähnt sich die Mutter einer aus der DDR geflohenen Familie immer von Russen verfolgt und treibt mit ihrer Neurose alle in den Wahnsinn.
"Redbelt"
USA 2007. Regie: David Mamet. Darsteller: Chiwetel Ejifor, Tim Allen, Rodrigo Santoro, Alice Braga, Emily Mortimer. 99 Minuten. ab 12 Jahre

Der zweifach oscargekrönte Drehbuchautor und Jiu Jitsu-Eleve David Mamet hat in den Arenen des alten japanischen Kampfsports ein psychologisches Drama angesiedelt und damit einen sehr ungewöhnlichen Kampfsportfilm gedreht, der die Attraktion dieses Sportes, die Kämpfe, nicht ausspart, vor allem aber die moralischen und philosophischen Grundlagen dieser ehrwürdigen Kampfkunst nutzt, um seine Geschichte zu erzählen. Denn im Jui Jitsu geht es darum, den Gegner auszuschalten, indem man mit äußerster Ruhe und Konzentration die Schwächen des Gegners erkennt und gegen ihn kehrt. Ein Kampfsport der Zurückhaltung und Selbstbeherrschung ohne Waffen also, bei dem man unterliegt, wenn man die Grundlagen verletzt.

Genau das droht dem charismatischen Kampfsportlehrer Mike Terry (Chiwetel Ejifor), der in Los Angelos eine eigene, renommierte Schule führt. Dort erzieht er seine Schüler ganz im Geist dieser Lehrer und lässt sich niemals auf die schmutzigen Geschäfte ein, die Promoter auch mit diesem Sport treiben. Seine Schüler und er selbst steigen nicht in den Ring, um Geld zu machen, sondern um an der eigenen Vervollkommnung zu arbeiten. Den Kampf zu meiden, nicht zu siegen, ist oberstes Gebot.

Doch von diesem Gebot muss er abrücken, als durch eine perfide eingefädelte Intrige die Existenz seiner Schule auf dem Spiel steht. In diese Intrige verwickelt sind seine eigene Frau Alice (Sondra Terry) und der Hollywoodstar Chet Frank (Tim Allen), beiden haben sich mit den Sportpromotern eingelassen, um Mike Terry zu getürkten Schaukämpfen zu verführen.

Es ist eine Räuberpistole, voller Klischees und fieser Buben, wohl geboren aus David Mamets Liebe zu diesem Sport, Inszenierung und die Besetzung dagegen sind exzellent. Nicht nur Chiwetel Ejifor spielt seinen Helden ohne Fehl und Tadel mit solcher Intensität, dass seine Glaubwürdigkeit nie in Frage seht. Auch die anderen Figuren bekommen durch kraftvolle Darstellung und eine Kamera, die das Spiel mit Licht, Schatten und Perspektiven perfekt ausreizt, eine Tiefe und Vielschichtigkeit, die im Buch eigentlich nicht angelegt war.

<im_46577>Friedliche Zeiten (NUR IM ZUSAMMENHANG MIT DEM FILMSTART)</im_46577>"Friedliche Zeiten"
D 2008. Regie: Neele Leana Vollmar. Darsteller: Katharina Schubert, Oliver Stokowski, Nina Monka, Leoni Brill, Axel Prahl. 98 Minuten. Ab 6 Jahre

"Friedliche Zeiten" ist ein schön-ironischer Filmtitel für das Filmjahr 1968, indem eine Frau immer das schlimmste Chaos anrichtet, wenn die Neurose sie wieder packt. Irene Striesow ist mit ihrem Mann und den drei Kindern 1961 aus dem Osten in den Westen gekommen - auf der Flucht vor den Russen. Die schicken aber nun wieder bedrohliche Fernsehbilder aus Prag in ihre Küche. Irene hat Angst vor dem nächsten Krieg und deshalb packt sie immer wieder die Kinder ins Auto und flieht - Richtung Westen.

Wenn sich das wie eine Ost-West-Zeitgeistkomödie liest, stimmt das nur bedingt, denn die "Friedlichen Zeiten" werden nicht nur von den Russen, sondern auch vom ganz eigenen, hausgemachten Ehekrieg gestört: Ehemann Dieter geht nicht nur fleißig arbeiten, sondern auch fremd.

Beide Kriegsschauplätze sind den Kinder, besonders den Mädchen Wasa und Ute, völlig unverständlich, was zu ganz witzigen Kommentaren und Reaktionen führt. Aus ihrer Sicht werden die Ereignisse des Filmes in nostalgischer Rückschau erzählt und damit kommt ein bisschen Salz in die Suppe dieser eigentlich banalen Familiengeschichte. Die Mädchen ersinnen ein Ränkespiel, um die Eltern zur Scheidung zu bewegen, denn Mutter Irene macht wirklich alle verrückt, mit ihrer ständigen Ankündigung: "Kinder, ich werde nicht alt!".

Eigentlich eine dramatische Konstellation, doch dafür ist Irene viel zu hübsch anzusehen in ihren adretten Kleidchen, die wie alle Requisiten in der verfilmten Kurzgeschichte von Birgit Vanderbeke pingelig genau ausgewählt wurden und damit dem Ost- West-Märchen eine harmlos-biedere Anmutung geben.