Kampf gegen IS

Frankreichs Strohhalm in Syrien

Frankreichs Präsident François Hollande vor dem Elysée-Palast in Paris
Frankreichs Präsident François Hollande vor dem Elysée-Palast in Paris © dpa / picture alliance / Christophe Petit Tesson
Von Ursula Welter · 15.09.2015
Die französische Luftwaffe soll Stellungen des Islamischen Staats in Syrien attackieren. Die Regierung beruft sich auf Notwehr und verweist auf drohenden Terror im eigenen Land. Doch die Luftschläge sind nur eine schwache Hoffnung, kommentiert Ursula Welter.
Es ist ein Strohhalm, an den sich eine ganze Nation klammert.
Die Regierung, weil sie mit dem Befehl zum Lufteinsatz in Syrien außenpolitische Handlungsfähigkeit beweisen will. Die Bevölkerung, weil sie hofft, dass mit militärischen Mitteln das blutige Chaos in Syrien beendet, die Flüchtlingsströme gestoppt und die Attentatsgefahr für Frankreich gemindert werden kann.
Ein Strohhalm, nicht mehr. Die Luftschläge im Irak, an denen Frankreich sich seit einem Jahr beteiligt, haben gezeigt, wie zäh der Kampf gegen die Dschihadistenmilizen ist. In Syrien ist die Lage noch verwickelter. Hier hat nicht eine Regierung die westliche Koalition um Hilfe gebeten. In Syrien ist ein Regime am Werk, das seinerseits gegen IS-Stellungen kämpft. Angriff auf die Gegner von Baschar al Assad heißt also Hilfe für den Diktator.
Auch aus diesem Grund ist François Hollande einen Zickzack-Kurs gefahren: 2013, als der Giftgaseinsatz des syrischen Regimes gegen die Bevölkerung belegt war, drängte der französische Präsident auf militärisches Eingreifen, wurde dann durch das anfängliche Zögern in Washington gebremst, machte später aber nicht mit, als sich die USA doch entschieden, Syrien zu bombardieren. Da galt in Paris: Indirekte Hilfe für Baschar al Assad komme nicht infrage.
Dieses Argument ist auch heute nicht falsch, und auch deshalb sind französische Luftschläge nicht der Schlüssel zum Erfolg. Die diplomatische Karte ist, wie Laurent Fabius nicht müde wird zu betonen und wie es auch heute der Premierminister im Parlament unterstrich, die wichtigste Karte im Spiel.
Schmückendes Beiwerk am Himmel
Für Paris heißt das Aufwertung des Iran am Verhandlungstisch und freundliche Gesten an die russische Adresse. Nicht zufällig hat François Hollande im Ukraine-Konflikt Aufhebung der Sanktionen in Aussicht gestellt, während Moskau in Syrien die Interessen von Baschar al Assad vertritt. Es wird hoch gepokert, auf allen Ebenen. Die französischen Flugzeuge am Himmel über Syrien sind dafür eher schmückendes Beiwerk.
Und sie helfen dem Präsidenten, die Bevölkerung halbwegs zu beruhigen. Bislang wisse man nicht viel über die Lage in Syrien, über die Stellungen der IS-Milizen, über die Camps, in denen die Kämpfer ausgebildet werden, die dann in Frankreich Terror säen. Die Aufklärungsflüge und gezielten Luftschläge seien also ein Mittel der Selbstverteidigung, sagt die Regierung.
Man könnte es allerdings auch ein Armutszeugnis nennen, dass dieselbe Nation, die seit 2013 die gemäßigte Opposition in Syrien mit Waffenlieferungen unterstützt , jetzt, zwei Jahre später, einräumt, so recht wisse man nicht Bescheid über das, was in Syrien vor sich geht.
So befiehlt eine weitgehend ohnmächtige französische Regierung den Lufteinsatz in Syrien, und eine noch ohnmächtigere französische Opposition streitet, ob Luftstreitkräfte genügen, ob nicht Bodentruppen hinzukommen sollten. Für beide ist der Strohhalm zu dünn, an den sich Frankreich da klammert.
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