Kammerphilharmonie Bremen mit Lars Vogt

Riskanter Rollentausch

Der deutsche Pianist Lars Vogt spielt in der Philharmonie in Köln.
Lars Vogt ist an diesem Abend Solist, Kammermusiker und Dirigent © picture alliance / dpa / Hermann Wöstmann
05.02.2016
Gleich drei Rollen füllt der Pianist Lars Vogt heute Abend bei der Kammerphilharmonie Bremen aus - er ist Solist in Robert Schumanns Klavierkonzert, als Kammermusiker spielt er ein Septett von Leoš Janáček und begleitet die Cellistin Tanja Tetzlaff in Janáčeks "Pohádka", um im Finale schließlich die Prager Sinfonie Wolfgang Amadeus Mozarts zu dirigieren.
Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist 2016 "Orchester des Jahres" im Deutschlandradio Kultur. Damit würdigen wir die herausragende künstlerische und pädagogische Arbeit des Ensembles. In den kommenden Monaten wird unser Programm regelmäßig Konzerte mit der Kammerphilharmonie übertragen und die musikalische und soziokulturelle Arbeit des Orchesters in Beiträgen in verschiedenen Sendungen in den Fokus rücken.
Lars Vogt ist auch im "normalen" Leben außerhalb des Konzertsaals ein aktiver und vielseitiger Künstler - seit vielen Jahren verantwortet er das Kammermusikfestival "Spannungen" in Heimbach künstlerisch und organisatorisch. Und seit 2005 ist er als wesentlicher Initiator und Ideengeber des Projekts "Rhapsody in School" tätig. Das ist eine "Initiative von Künstlern, um Schüler an klassische Musik heranzuführen. Einzigartig dabei: Die Spitzenmusiker kommen zu den Schülern in die Schule!" (so die Selbstbeschreibung dieser Initiative)
In derlei Aktivitäten außerhalb des allgemein Üblichen treffen sich Lars Vogts Interessen mit denen der Kammerphilharmonie Bremen, deren Musikerinnen und Musiker auch nicht darauf warten, dass die Menschen zu ihnen in den Konzertsaal kommen. Ihren Probenraum haben die Kammerphilharmoniker in der Gesamtschule Bremen-Ost, in einem so genannten "Problembezirk" der Hansestadt verlegt. Dort machen sie nicht nur durch eine offene Probenatmosphäre von sich reden, sondern auch mit musikalischen Projekten im Rahmen eines Zukunftslabors und einer Stadteiloper wie "Sehnsucht nach Isfahan", bei denen jüngste und nicht mehr so junge Amateurmusiker, -sänger und -schauspieler gemeinsam mit den Profis auf der Bühne singen, spielen und andere Formen der Darstellung ausprobieren.
Geradezu traditionell, aber nicht weniger experimentell gestaltet sich dieser Abend, den wir live übertragen: Verschiedene Formen des Musizierens treffen hier aufeinander: Das intime Duo aus Cello und Klavier über das Septett und das klassische Mozartensemble bis zum großen romantischen Orchester, das das Paradeinstrument dieser Epoche, das Klavier, gleichberechtigt begleitet. Und immer mit dabei und quasi im Zentrum: Der Musiker Lars Vogt. Sein Rollentausch ist natürlich historisch verbürgt - jede Musik von vor Bruckner und Mahler kommt ohne einen dominanten Maestro aus, und die Kammermusik aller Epochen sowieso. Jede Aufführung gewinnt mit einem Pianisten, der sich um alles kümmert, auch um die Koordination des Orchesters.
Doch an zwei Punkten betritt Lars Vogt mit der Kammerphilharmonie Bremen dennoch Neuland: Das Klavierkonzert Robert Schumanns entstand für die Gattin Clara, ist also keine selbst-referentielle Virtuosenmusik wie die Konzerte Mozarts, Liszts, Paganinis oder Rachmaninows. Und dieses Klavierkonzert ohne Dirigenten aufzuführen, setzt dann ein intimes Einverständnis zwischen dem Solisten und dem Orchester voraus. Die Prager Sinfonie Mozarts schließlich ist wiederum ein Opfer des Solistenkults geworden, der schon zu Zeiten der Wiener Klassik "en vogue" war: Weil Mozart am selben Tag in Prag auch ein Klavierkonzert gespielt und damit die Zuhörer begeistert hatte, geriet die Uraufführung der D-Dur-Sinfonie KV 504 beinahe zur historischen Randnotiz.
Der Name des vielgestaltigen Interpreten Lars Vogt garantiert nun an diesem Abend im Bremer Konzertsaal "Die Glocke", dass alle Musik wie aus einem Guss gerät.
Live aus dem Konzertsaal Die Glocke, Bremen
Leoš Janáček
Concertino für Klavier, Bläser und Streicher
Robert Schumann
Klavierkonzert a-Moll op. 54
ca. 20.50 Uhr Konzertpause, darin: Lars Vogt und Albert Schmitt, der Intendant der Kammerphilharmonie, im Gespräch mit Volker Michael
Leoš Janáček
Pohádka für Violoncello und Klavier
Wolfgang Amadeus Mozart
Sinfonie Nr. 38 D-Dur KV 504 "Prager"
Tanja Tetzlaff, Violoncello
Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Leitung und Klavier: Lars Vogt