Kalifornien

Tal der Teufelswinde

Ein von einem Flächenbrand zerstörtes Haus nahe San Marcos, Kalifornien, USA. Aufnahme vom 15.5.2014
Ein von einem Flächenbrand zerstörtes Haus nahe San Marcos, Kalifornien, USA © picture-alliance / dpa / EPA / Michael Nelson
Von Kerstin Zilm · 20.05.2014
Südkalifornien schwitzt in einem ungewöhnlich heißen Mai. Die Gefahr für Waldbrände steigt mit jedem Tag. Während es in mehreren Regionen brennt, nimmt ein Rancher die Flammenbekämpfung selbst in die Hand.
Evan Chapman führt Besucher gerne über seine Ranch. Mit Frau, Mutter und zwei Kindern lebt er auf 16 Hektar hügeligem Gelände in einem Tal zwischen hohen Berggipfeln östlich von Los Angeles. Unter gleißender Sonne bückt er sich ständig, um vertrocknetes Unkraut aus dem Boden zu reißen. Das strohige Gras ist explosiver Zündstoff im Fall eines Feuers. Chapmans Wohnhaus, Holzschuppen und Blockhütten stehen zwischen Eukalyptus- und Lorbeerbäumen. Alles könnte innerhalb kürzester Zeit in Flammen aufgehen.
Er zeigt auf gelbe Hydranten auf dem Grundstück und einen riesigen Wassertank hinterm Haus, dann auf den Boden:
"Wir haben jede Menge Wasserrohre in der Erde. Wasser kommt aus drei Quellen auf der Ranch. Wir haben gerade einen Wassertank installiert, der 120.000 Liter hält. Der versorgt die Hydranten nah an den Gebäuden, damit die nicht Feuer fangen."
Eigenes Wassersystem
Chapman hat auf seinem Grundstück ein eigenes Wassersystem aufgebaut. Er öffnet die Tür zu seinem größten Schuppen. Der sieht aus wie eine Feuerwache aus den 70er-Jahren: an der Wand und in Regalen ordentlich sortiert: Schläuche, Atemgeräte, feuerfeste Jacken, Funksprechgeräte, Schaufeln und Hacken. Davor zwei blank polierte rote Feuerwehrautos, beide über 40 Jahre alt - und abfahrbereit:
"Das sind zwei von unseren Löschfahrzeugen. Wir haben vier davon - ich weiß nicht, ob das ein Grund zum Prahlen ist oder bedeutet, dass ich verrückt bin."
Chapmans extreme Ausrüstung zur Brandbekämpfung ist mehr als ein Spleen. Nicht nur erinnern ihn jüngste Feuer in Südkalifornien an die hohe Waldbrandgefahr. Er war gerade 14 Jahre alt, als 1980 ein Feuer die Bergregion um die Familien-Ranch in eine aschebedeckte Mondlandschaft verwandelte. 70 Gebäude im Tal wurden zerstört:
"Beide Seiten des Tales brannten. Es begann am frühen Morgen. Um zehn waren die Flammen an der Ranch und haben alles vernichtet. Es war stockdunkel. Man konnte nicht atmen, nichts sehen. Das hat einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen!"
24 Stunden lang kämpften die Chapmans mit dem Feuer, retteten Haus, Schuppen und Hütten - und damit auch Familiengeschichte. Evans Großeltern gründeten die Ranch im Jahr 1901- nach ihren Flitterwochen in Kalifornien.
"Es wäre traurig, das alles zu verlieren. In Kalifornien gibt es nicht viele Familien, die über 100 Jahre an einem Ort leben. Mein Bruder und ich wollen es unseren Kindern weiter geben. Das ist uns wichtig."
Kein Vertrauen in die Feuerwehr
Im Fall eines Waldbrands kann Chapman nur bedingt auf die Hilfe der Feuerwehr zählen. Beim letzten größeren Feuer im Tal vor zehn Jahren kamen Löschfahrzeuge ohne Sprit bei seiner Ranch an. Er füllte ihre Tanks mit Wasser aus seinen Quellen. Danach kaufte er seine Feuerwehrautos.
Jetzt schaut Evan Chapman besorgt zu den Bergen. Diesen Winter gab es dort nur 21 Zentimeter Niederschlag statt der durchschnittlichen 90 Zentimeter. Außerdem fegen durch das Tal die sogenannten Teufelswinde aus der Wüste. Die kommen sonst eigentlich erst im Spätsommer.
"Es wird ein Feuer geben - die Frage ist nur, wann. Am Ende läuft es darauf hinaus: Wenn es wieder brennt, und zwar schlimm, können wir nicht viel tun. Es ist traurig, das zu sagen, aber: Wir werden uns wacker schlagen und wahrscheinlich trotzdem viel verlieren."
Der einzige Trost für die Chapmans: Sie sind jetzt deutlich besser vorbereitet, als es ihre Familie vor 35 Jahren war.
Mehr zum Thema