K.o. dem Rassismus

Von Eduard Hoffmann · 26.12.2008
Sein Sieg löste Rassenunruhen in den US aus, war es doch Zeichen gegen die jahrelange Unterdrückung der Farbigen. Vor 100 Jahren besiegte Jack Johnson den amtierenden Champion, Tommy Burns, und wurde der erste farbige Boxweltmeister. Doch das weiße amerikanische Establishment sann auf Rache: Mit Lügen und falschen Zeugenaussagen erreichte es eine Verurteilung Jack Johnsons wegen Verführung zur Prostitution.
Er war der erste farbige Boxchampion, der Amerika herausforderte: John Arthur Johnson, genannt Jack. Als Sohn ehemaliger Sklaven wurde er am 31. März 1878 in Galveston, Texas, geboren. Seine Kindheit verbrachte er mit fünf Geschwistern in einer schäbigen kleinen Hütte.

Zwar war inzwischen die Sklavenarbeit per Gesetz abgeschafft, aber es herrschte weiterhin Rassentrennung und Diskriminierung. Immer wieder kam es zu Lynchmorden an Schwarzen.

Nach der Grundschule jobbte Jack als Hafenarbeiter oder Gepäckträger im Hotel. Richtiges Geld verdiente der kräftige, über 1,80 Meter große Bursche mit Boxen, als Sparringspartner und mit illegalen Kämpfen.

Johnson war ein Bewunderer Napoleons. Er ließ sich von niemandem etwas vorschreiben und träumte vom Weltmeistertitel im Schwergewicht.

"Es war der wichtigste Titel weltweit, abgesehen vielleicht von dem eines Generals oder Präsidenten,"

meint der amerikanische Boxhistoriker Burt Sugar.

Für das weiße Amerika war der Titel eine Art Manifestation der Überlegenheit ihrer Rasse, denn die ersten sechs Champions waren Weiße. Alle hatten sich geweigert, gegen schwarze Boxer anzutreten.

Jack Johnson verdiente inzwischen als Preisboxer bis zu 3000 Dollar pro Kampf. Er ließ es sich gut gehen, trank den besten Champagner, trug Maßanzüge und Seidenkrawatten. Auch die Fachwelt war auf den "Äthiopier" wie sie ihn nannten, aufmerksam geworden, und man befürwortete einen WM-Kampf.

Aber erst, als der australische Boxpromoter Hugh D. Macintosh die geforderten 30.000 Dollar für einen Titelkampf auf den Tisch blätterte, willigte der amtierende Champion Tommy Burns ein.

Als erster Farbiger boxte Jack Johnson am 26. Dezember 1908 um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht.

20.000 Zuschauer, fast ausnahmslos Weiße, drängelten sich im Stadion an der Rushcutter's Bay in Sydney, Australien, um den Fight zu sehen, der weit mehr war, als nur ein Boxkampf.

Tommy Burns hatte nicht den Hauch einer Chance. Seine rassistischen Schimpftiraden blieben wirkungslos. Leichtfüßig und lässig spielte Johnson geradezu mit seinem Gegner, machte sich lustig über ihn und zögerte den K.o. hinaus. Als er dann in der 14. Runde zur letzten Attacke ansetzte, brach die Polizei den Kampf ab und stoppte die Filmaufnahmen.

"Die Welt soll nicht Zeuge werden, wie ein Schwarzer einen Weißen zu Boden streckt. Dieser historische Moment soll nicht überliefert werden. Die Herrschaft der weißen Rasse könnte gefährdet werden. Also stoppt man den Kampf und den Film,"

urteilt der Journalist Jack Niewfield.

Jack Johnson hatte sich seinen Traum erfüllt. Der Liebhaber schneller Autos und weißer Frauen war zufrieden, auch wenn er nur 5.000 Dollar kassierte, während Burns 30.000 einstrich.

Das weiße amerikanische Establishment hingegen fühlte sich gedemütigt und sann auf Rache. 1910 sollte der reaktivierte Alt-Champion James Jeffries die erlittene Schmach vergessen machen. Doch auch ihn zermalmten Johnsons Fäuste.

Nach dem Kampf, so erklärt Johnson-Biograf Randy Roberts, herrschte offener Rassenkrieg in Amerika. Zitat:

"In unserem Land hat es zwei Auslöser für massive Rassenunruhen gegeben, das eine war die Ermordung von Martin Luther King, und das andere Johnsons Sieg über Jeffries am 4. Juli 1910. Die Unruhen zogen sich durch das ganze Land. Viele Amerikaner, vor allem schwarze Amerikaner starben an diesen Tagen."

Mit schmutzigen politischen und juristischen Tricks erreichten die rassistischen Weißen am 4. Juni 1913 Jack Johnsons Verurteilung zu einem Jahr Gefängnis, wegen angeblicher Verführung einer ehemaligen weißen Freundin zur Prostitution. Johnson floh nach Europa. Erst nach seiner Rückkehr 1920 saß er die Gefängnisstrafe ab. Den Weltmeistertitel hatte der eigenwillige Champion bereits 1915 verloren, durch K.o. im Kampf gegen den weißen Amerikaner Jess Willard.

1946 starb "der größte Schwergewichtsweltmeister aller Zeiten" wie ihn Box-Experte Nat Fleischer nannte, nach einem Verkehrsunfall.