Jutta Ditfurth über Abtreibungsgegner

"Eine massive rechtspopulistische Bewegung"

Die Publizistin Jutta Ditfurth
Die Publizistin Jutta Ditfurth © dpa / picture alliance / Karlheinz Schindler
Moderation: Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 29.06.2015
25 Jahre nach der Reform von § 218 warnt die Publizistin Jutta Ditfurth vor einem wachsenden Einfluss der Abtreibungsgegner. Die Formulierung des heutigen Gesetzes sei "eine Giftquelle" und zugleich "ein riesiger ideologischer Erfolg" konservativer Strömungen.
Die Publizistin und Grünen-Mitbegründerin Jutta Ditfurth beobachtet einen wachsenden gesellschaftlichen Einfluss von Abtreibungsgegnern in Deutschland. Es gebe "sehr viele Frauen in diesem Land, die ungewollt schwanger sind und trotzdem das Kind austragen", sagte sie am Montag im Deutschlandradio Kultur. Es gebe in Deutschland rund 20 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter, aber nur 100.000 Abtreibungen im Jahr. Dies sei "eine auf verrückte Weise niedrige Zahl", so Ditfurth. Sie vermutet, "dass der moralische Druck, die Zwangsmaßnahmen, der Stress, den Abtreibungsgeber auf erfahrene Ärzte machen, immens groß ist".
Schutz von ungeborenem Leben steht im Vordergrund
Der Abtreibungsparagraph 218 sei schon immer "ein verfluchter Paragraph" gewesen, so Ditfurth weiter. "Er enthält nämlich eine Haltung gegenüber Frauen, die sagt: Frauen sind insofern keine erwachsenen, selbstverantwortlichen Menschen, als dass man ihnen die Entscheidung über ihre Sexualität und über ihre sexuelle Reproduktion überlassen kann."
Wer eine Abtreibung vornehmen wolle, müsse "eine staatlich verordnete Zwangsberatung" über sich ergehen lassen, "die nicht das Ziel hat, dem Glück der Frau zu helfen". Vielmehr gehe es dabei um den Schutz des ungeborenen Lebens. Diese Formulierung in § 219 des heutigen Gesetzes sei "eine Giftquelle" und zugleich "ein riesiger ideologischer Erfolg der organisierten Abtreibungsgegner der 80er-Jahre".
Ditfurth, die selbst zweimal abgetrieben hat, erklärte, ihr sei der Entschluss gegen eine Schwangerschaft nicht schwergefallen. Die Entscheidung "war einfach klar", sagte sie. Das Selbstbestimmungsrecht der Frauen zu stärken, würde "zu einem sehr viel glücklicheren und weniger heimlichen Leben" führen. Sie halte jedoch für realistisch, dass die Abtreibungsgegner ihren Einfluss ausbauen würden. Es handele sich dabei um "eine massive und massiver werdende rechtspopulistische Bewegung, und ich glaube, es wird in den nächsten Monaten aufbrechen und solche sexistischen Arschlöcher können sich dann auch auf den § 219 beziehen".
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