Jugend trainiert für Olympia

Brandenburger Tischtennisspielerinnen beim Finale

Tischtennis
Eine Tischtennisspielerin beim Aufschlag. © picture-alliance / dpa / Foto: Friso Gentsch
Von Jörn Pissowotzki · 17.04.2016
Wittenberge liegt im Nordwesten von Brandenburg. Eine dünn besiedelte Region, wo es Spitzensport nicht leicht hat. Ein Tischtennis-Frauenteam vom städtischen Gymnasium hat es nun ins Bundesfinale von "Jugend trainiert für Olympia" in Berlin geschafft.
Sie hätten einen großen Titel verdient, die jungen 12- bis 14-jährigen Mädchen. Für Understatement:
"Ich denke nicht, dass wir da so große Chancen haben. Aber ich bin froh, dass wir daran teilnehmen können. Wir haben uns generell alle vorgenommen, das Beste zu geben, also, was wir können. Also, ich möchte mindestens den vorletzten Platz bekommen. Damit wir wenigstens eine Mannschaft besiegt haben."
Ihr Trainer Mario Gaidel grinst nur, wenn er das hört. Nein, nein, das ist kein mangelndes Selbstbewußtsein seiner Spielerinnen:
"Das haben wir genauso gemacht vor dem Regionalfinale. Und wir sind dort Erste geworden. Und das haben wir genauso gemacht vor dem Landesfinale. Das scheint sich also bei der Mannschaft ganz gut zu machen, nicht die Trauben so hoch zu hängen, sondern zu sagen: Komm wir gucken mal, was passiert. Habt auch Spaß dabei, setzt Euch dabei auch ein. Beißt! Dann müssen wir eben sehen, was rauskommt."

Ein Musiklehrer mit Freude am Tischtennisspielen

Mario Gaidel ist Musiklehrer am Marie-Curie-Gymnasium in Wittenberge und spielt selbst seit 25 Tischtennis. Aktiv ist er im Eisenbahnersportverein der Stadt und betreut dort die Jugend- und Kindermannschaft. Eine Schüler-Mannschaft im Rahmen von "Jugend trainiert für Olympia" ist nichts Besonderes, aber "Schülerinnen"? Das hatte es noch nicht gegeben an seiner Schule, sagte sich Mario Gaidel und ging auf den Fluren des Gymnasiums einfach mal fragen:
"Und dann bin ich also durchs Gymnasium gehirscht in Anführungszeichen und hab bei den Mädels mal angefragt: wie sieht´s denn aus? Besteht Bedarf? Und siehe da, da waren doch recht viele Mädels, die sagten: Ok, können wir uns vorstellen. Zweie waren sowieso schon im Verein. Und dann habe ich einfach angefangen in meiner Freizeit, auch ein bisschen mit Idealismus jeden Dienstag mich hier reinzustellen und zu sagen: Komm, wenn wir zum Regionalfinale fahren, dann müssen wir natürlich auch ein bisschen Tischtennis spielen können."

Trainer glaubt an seine Mannschaft

Und die Spielerinnen hatten Erfolg, sie fuhren nach dem Regionalfinale zum Landesfinale und vertreten nun also beim Bundesfinale das Land Brandenburg in Berlin. Trainer Gaidel hat an seine Mannschaft geglaubt:
"Na, ich habe mich ne Zeitlang an den Film 'Cool Runnings' erinnert gefühlt, ich weiß nicht, ob sie den kennen. Die Jamaikaner, die da mit`m Bob starten wollen, so kam ich mir ganz zu Anfang mit der Idee vor, als sie geboren wurde. Aber tatsächlich haben wir uns dann entwickelt, und es war möglich eine spielstarke Mannschaft zu finden. Und auch wirklich durch engagiertes Training. Das muss ich ganz ehrlich sagen: Hut ab vor den Mädels, die sind auch immer regelmäßig gekommen."
Noch ist knapp über eine Woche Zeit für die Prignitzerinnen bis zum ersten Start in der Berliner Max-Schmeling-Halle. Dreimal zwischen Dienstag und Freitag ist jetzt noch Training angesagt, bis es losgeht. Annalena versucht, alles während der Übungen noch einmal durchzugehen:
"Wir trainieren Vorhand, Rückhand und Aufschläge nochmal. Ist ja nicht mehr so lange Zeit."

Die Antwort auf die Frage, wer der härteste Gegner für die Prignitzerinnen sein wird, kommt bei ihr schnell: Hessen. Ihr Trainer Mario Gaidel hat ein weiteres Land im Blick:
"Da muss man an dieser Stelle ganz ehrlich sagen: Wir werden versuchen, uns zu wehren, so es geht. Aber da haben wir einfach andere Voraussetzungen. Wir sind hier an der Peripherie in Brandenburg und müssen versuchen, uns mit unseren Brötchen zu verkaufen. Und das vernünftig zu machen. Ich schätze, Baden-Württemberg wird `ne starke Rolle spielen."

Mit bescheidenen Mitteln viel erreichen

Aus den Möglichkeiten schon bisher das Beste gemacht – da kann Frank Dannehl nur vehement mit dem Kopf nicken. Dannehl berät Lehrer und Direktoren im Landkreis Prignitz in Sachen Schulsport und ist auch für Jugend trainiert für Olympia zuständig. Vergangenes Jahr konnte Frank Dannehl schon junge Leichtathletinnen zum Bundesfinale nach Berlin schicken, jetzt also ein Team im Tischtennis.
"Also, das ist schon 'ne schöne Entwicklung, zeigt, dass der Sport in der Prignitz lebt. Dass wir in der Lage sind, mit bescheidenen Mitteln, mit wenig Geld, aber mit viel Engagement, mit Unterstützung der Lehrer, der Eltern hier auch was auf die Beine zu stellen. Und das ist 'ne ganz tolle Sache. Die macht mich auch stolz, das muss ich ganz eindeutig sagen."

Leidenschaft, Temperament und Können. Gefragt sind all diese Dinge dann am 27. April, Mittwochfrüh, um 9.15 Uhr, im ersten Spiel der Prignitzerinnen gegen den harten Brocken: Hessen.
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