Jüdischer Kinderchor

Der singende Flohzirkus

Innenansicht der Charlottenburger Synagoge in der Pestalozzistraße.
Innenansicht der Charlottenburger Synagoge in der Pestalozzistraße. © picture-alliance / Berliner_Zeitung / Mittenzwei Karl
Von Jonathan Scheiner · 13.02.2015
18 Kinder werden am Sonntag in der Berliner Synagoge Pestalozzistraße unter der Leitung von Regina Yantian singen. Die Chorleiterin bringt ihnen nicht nur die Musik der Synagogen bei, sondern auch die schönsten Lieder aus Israel.
Es ist Abend geworden in Charlottenburg. Die Kids sind zur Generalprobe gekommen. Lauthals schnatternd trifft ein Kind nach dem anderen in der Synagoge Pestalozzistraße ein. Nur noch ein paar Tage bis zum Konzert am Sonntag. Die Sechs- bis Zwölfjährigen sind aufgeregt. Die Chorleiterin Regina Yantian hat alle Mühe, ihre 18 Schützlinge im Zaun zu halten. Doch sie beherrscht ein paar Kniffe: Statt wie ein Dompteur mit der Peitsche zu fuchteln, verordnet sie ihrem singenden Flohzirkus Aufwärmübungen. Das entspannt den Körper und macht die Stimme frei. Und dann geht es gleich los: mit "Yedid Nefesh".
Während noch Nachzügler eintrudeln und ein paar Stühle lauthals scheppernd verrrückt werden, beginnen sich die Stimmbänder zu weiten. Schon das zweite Stück ist konzertreif.
"Ma Towu" klingt, als würden die Kinder seit Jahren zusammen singen. Doch obwohl es die Idee für einen Kinderchor schon viel länger als ein Jahr gibt, gehen die Meinungen der Kids ein wenig auseinander.
(Alina, Aliya und Leah) "Ich glaube, fast zwei Jahre... also ich bin hier etwas länger seit einem Jahr... vielleicht ein halbes Jahr... anderthalb Jahre. Wir haben ja auch eine tolle Lehrerin."
Und diese Lehrerin heißt Regina Yantian. Sie hat nicht nur den Kinderchor der Synogoge Pestalozzistraße, sondern auch den Re'ut-Chor gegründet, mit dem die Kids am Sonntag gemeinsam auftreten werden. Zu hören gibt es nicht nur Musik der Synagoge, sondern auch Lieder aus Israel. Und die scheinen es den Kids besonders angetan zu haben:
(Alina, Aliya und Leah) "Also ich mag 'Toda' am meisten... ich auch... und 'Shir LaShalom'..."
Christliche und jüdische Sänger vereint
Alina, Aliya, Leah und die andern Kinder singen zwar erst seit einem Jahr im Chor, aber die Lieder kennen sie schon länger – aus der Synagoge, aus der Schule, aus dem Religionsunterricht. So trauen sie sich nicht nur an "Ma Towu" heran, einer Komposition des ehemaligen Mannheimer Oberkantors Hugo Chaim Adler. Sondern sie wagen sich auch an Naomi Shemers "Al Kol Ele" und den Klassiker "Hine Ma tow". Das Lied wurde sogar als Kanon einstudiert.
Die Idee, die Kids gemeinsam mit dem Re'ut-Chor auftreten zu lassen, stammt von Regina Yantian. Sie schwärmt nicht nur von ihren Kids, sondern sie schwärmt auch von ihrem Erwachsenen-Chor.
"Das Spannende an dem Re'ut-Chor ist einmal, dass er ein gemischter Chor ist, im Sinne von: alle Religionen sind vertreten. Viele christliche Sänger und viele jüdische Sänger, mehr als die Hälfte. Und was noch besonders spannend ist, die kommen auch aus verschiedenen religiösen Richtungen, so dass Sänger aus allen Berliner Synagogen vertreten sind, von Chabad bis Reform."
Beim Konzert am Sonntag sollen nicht nur Kantor Isaac Sheffer, der Re'ut-Chor und der Kinderchor auftreten – auch den Zuhörern ist eine wichtige Rolle zugedacht. Sie sollen mitsingen! Und wer die Lieder nicht auswendig kennt, der kann den Text im Programmheft nachlesen. Oder einfach auf den Taktstock der Dirigentin achten. Das schaffen ja sogar die Kinder!
Informationen der Synagoge Pestalozzistraße in Berlin