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Riesen-LkW
Umweltverbände klagen gegen Gigaliner

Seit Januar sind Riesen-LkW, sogenannte Gigaliner, regulär auf deutschen Straßen zugelassen. Doch Umweltorganisationen haben dagegen Klage eingereicht. Die großen LkW sorgten dafür, dass Güter von der Schiene auf die Straße abwanderten - also für das Gegenteil dessen, was die Politik wolle.

Von Anja Nehls | 05.04.2017
    Ein Gigaliner der Spedition Krüger und Voigt fährt bei Zarrentin (Mecklenburg-Vorpommern) mit einer Sondergenehmigung von der Autobahn auf eine Landstraße.
    Aus Umweltgründen müsste das jahrhundertealte Bahnsystem für den Verkehr optimiert werden, meint Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. (picture alliance / ZB / Jens Büttner)
    Noch gibt es erst rund 160 Giganten auf Deutschlands Straßen: Gigaliner – LKW, die bis zu 25 m lang sind. Eine bayrische Spedition fährt damit Teile für den Airbus vom Fertigungswerk in Oberpfaffenhofen nach Hamburg Finkenwerder , wo die Airbus-Maschinen gefertigt werden. Edeka hat im Rahmen eines fünfjährigen Pilotversuchs 700.000 Kilometer mit drei Gigalinern und Lebensmitteln an Bord abgespult. Für Werner Gruber, den Geschäftsführer von Edeka Südbayern rechnet sich der Einsatz, sagte er dem Bayrischen Rundfunk:
    "Wir haben und ein Drittel der Touren gespart,und das sind ja 1,4 Mio Liter Diesel. Und ich denke, das allein sagt ja schon alles."
    Doch trotz Spritersparnis wird durch den Einsatz der Gigaliner in Punkto Klimaschutz eigentlich das Gegenteil dessen erreicht, was erreicht werden soll, sagt Dirk Flege von der Allianz pro Schiene:
    "Sie tragen dazu bei, dass Wirtschaftsgut von der Schiene auf die Straße abwandert, also das Gegenteil von dem, was die Politik will. Weil der Straßengüterverkehr durch die Einführung der Gigaliner um bis zu 30 Prozent günstiger wird. Und die Ware sucht sich ihren Weg. Und der Preis ist das Hauptkriterium in der Logistik."
    "Wir werden massive Straßen-Ausbaumaßnahmen erleben"
    Acht Prozent der Güter, die jetzt auf der Schiene transportiert werden, könnten zurück auf die Straße, befürchten die Gegner der Gigaliner. Und das bedeute dann 7.000 LKW-Fahrten mehr pro Tag und hohe Investitionskosten aus Steuermitteln in die Straßeninfrastruktur, sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe:
    "Durch die schweren LKW werden Brückenbauwerke, werden Straßen entsprechend belastet. Da man bis hinunter zur Kreisstraße Strecken für die Gigaliner freigibt, werden wir auch massive Ausbaumaßnahmen erleben. Auf der Strecke bleibt eben das jahrhundertealte Bahnsystem, das eigentlich aus Umweltgründen für den Verkehr optimiert werden müsste."
    Das sieht Marco Irzig von der Bundesanstalt für Straßenwesen anders, sagt er auf 3Sat. Er hat den über fünf Jahre dauernden Feldversuch mit den Gigalinern geleitet:
    "Mit dem Lang-LKW werden leichte voluminöse Güter wie zum Beispiel Kunststoffteile für die Automobilzulieferindustrie oder Kühlschränke, da wo viel Luft drin ist, aber viel Platz weggenommen wird - das wird mit den Lang-LKW transportiert. Schiene ist eher so für den Transport von Massengütern, schwere Geschichten halt geeignet. Und deshalb ist da eigentlich wenig Konkurrenzsituation."
    Auf 11.600 Kilometer Straße, 70 Prozent davon Autobahnen, dürfen die Gigaliner seit Anfang Januar nun regulär ohne Einschränkung fahren. Das hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt entschieden – gegen den Widerstand des Umweltministeriums
    Allerdings zu Unrecht, sagen Umweltverbände wie die deutsche Umwelthilfe und der BUND. Und haben deswegen gegen die Regelzulassung der Gigaliner auf deutschen Straßen Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht. Die Regelzulassung verstoße gegen EU-Recht, weil die Zulassung nur übergangsweise gestattet worden sei - diese Frist sei nun abgelaufen. Mit einer Verhandlung ist aber erst im kommenden Jahr zu rechnen.