Journalistin Anne Ameri-Siemens

Brennende Fragen zum Deutschen Herbst

Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer wurde am 05.09.1977 in Köln von RAF-Mitgliedern entführt, drei Polizisten und der Fahrer starben bei der Geiselnahme. Schleyer wurde am 19.10.1977 im Kofferraum eines Autos in der elsäßischen Stadt Mühlhausen ermordet aufgefunden.
Das Buch "Ein Tag im Herbst" von Anne Ameri-Siemens lässt viele Zeitzeugen zu den Ereignissen des Jahres 1977 zu Wort kommen. © dpa
Anne Ameri-Siemens im Gespräch mit Frank Meyer · 21.04.2017
Der Deutsche Herbst 1977 steht im Mittelpunkt des neuen Buches der Autorin Anne Ameri-Siemens. Sie widmet sich darin der Entführung und Ermordung Hanns Martin Schleyers durch die RAF - und stellt brennende Fragen um Schuld und Verantwortung des Staates.
Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyers durch die RAF gehört zu dem dramatischsten Ereignissen im Herbst 1977. Die Journalistin Anne Ameri-Siemens greift in ihrem neuen Buch "Ein Tag im Herbst" die Erinnerung daran auf und erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven, wie dieser Entführungsfall damals die Bundesregierung unter Helmut Schmidt (SPD) vor die furchtbare Alternative stellte: entweder Gefangene freizulassen oder den Tod der Geisel in Kauf zu nehmen. Ameri-Siemens hat dafür mit verschiedenen Zeitzeugen gesprochen, darunter auch mit politisch verantwortlichen Politikern, den RAF-Anwälten und Angehörigen der Opfer.

Der Umgang mit der Familie

"Mir war es wichtig zum einen, die Frage nochmal zu stellen, die sich damals die politisch Verantwortlichen stellen mussten, was können wir tun, um Hanns Martin Schleyer zu retten?", sagte die Buchautorin Anne Ameri-Siemens im Deutschlandradio Kultur. Sie habe interessiert, ob sich diese Fragestellung vielleicht über die vielen Wochen der laufenden Entführung verändert habe. "Mir war es auch wichtig, den Fokus nochmal ganz klar auf die Familie des Opfers zu lenken." Die Angehörigen seien damals von der Bundesregierung zeitweise getäuscht worden, sagte die Autorin.

Andere Strategien wären möglich gewesen

Bis heute sei in ihren Gesprächen zu spüren gewesen, wie schwierig die Lage damals im Herbst 1997 gewesen sei, sagte Ameri-Siemens. "Ich glaube, man hätte stärker auf andere Strategien auch setzen müssen", urteilt die Autorin heute im Rückblick auf die Ereignisse. Sie erinnerte an zahlreiche Fahndungsfehler. "Ich würde sagen, dass ein Staat auch Entschlossenheit und Stärke zeigt, wenn er zum Dialog bereit ist."

Frühere Auszeichnungen

Die Journalistin hatte sich mit dem Thema schon in dem Buch "Für die RAF war er das System, für mich der Vater" beschäftigt, das 2007 mit dem Internationalen Buchpreis Corine ausgezeichnet wurde. Mit der Verfilmung dieses Buchs in der Dokumentation "Wer gab euch das Recht zu morden?" wurde sie 2008 für den Grimme-Preis nominiert. (gem)

Anne Ameri-Siemens: Ein Tag im Herbst. Die RAF, der Staat und der Fall Schleyer
Rowohlt Verlag, 19,95 Euro

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