Joseph Haydns Sinfonien Nr. 39 und 92

Fülle des Daseins

Der österreichische Komponist Joseph Haydn (1732 - 1809) in einer zeitgenössischen Darstellung
Der österreichische Komponist Joseph Haydn (1732 - 1809) © picture-alliance / dpa
Moderation: Gerald Felber · 02.11.2014
Joseph Haydns 39. Sinfonie in g-Moll entstand Mitte der 1760er-Jahre, seine 92. in G-Dur reichlich zwei Jahrzehnte später im Revolutionsjahr 1789. Währenddessen hatten sich nicht nur die äußeren Zeitläufe geändert, sondern auch Haydns Stellung in der Gesellschaft: Aus einem Experimentator, der in der Abgeschiedenheit der Eisenstädter Residenz mit seinem brillanten Orchester in ganz neue Ausdruckssphären vorstieß, war ein international hoch renommierter Komponist geworden, der von Madrid bis St. Petersburg gespielt und nachgefragt wurde.
Zu den vielen Ehrungen, die ihm dabei zu Teil wurden, zählte auch die Ehrenpromotion an der Universität Oxford, in deren Umfeld die G-Dur-Sinfonie unter seiner eigenen Leitung aufgeführt wurde: Ein von aufklärerischem Optimismus und dem Glauben an die Durchschau- und Gestaltbarkeit des Seins durchdrungenes Werk. Sie zählte und zählt von jeher zu Haydns am häufigsten aufgeführten sinfonischen Werken, während die g-Moll-Sinfonie mit ihren Szenerien von wühlender Unruhe und tiefer Einsamkeit bisher eher ein randständiges Dasein im Repertoire führt.
Walter Reicher, als jahrzehntelanger Intendant der Eisenstädter Haydn-Festspiele in Sachen des Klassikers kompetent wie nur wenige andere, geht im Gespräch mit Gerald Felber auch diesem Phänomen nach; dazu gibt es von beiden Sinfonien eine reiche Spanne kontroverser Aufnahmen, beginnend bei Hermann Scherchen vor 60 Jahren bis hin zu einer exzentrischen Interpretation Giovanni Antoninis, die erst im vergangenen Jahr eingespielt wurde.