Jon Palfreman: "Stürme im Gehirn"

Reporter schreibt über sein Parkinson-Schicksal

Zwei zitternde Hände
Bei Parkinson erreicht die Medizin nur mühsam Fortschritte. © picture-alliance / Hans Wiedl
Von Volkart Wildermuth · 22.04.2016
Der Medizinjournalist Jon Palfreman hat über Parkinson berichtet, kannte die Studien und die Theorien. Als sein eigener Körper begann, ihm den Dienst zu versagen, war er dennoch nicht vorbereitet. Aber dann begann er erneut zu recherchieren - und schrieb "Stürme im Gehirn".
Es beginnt mit einem leichten Zittern der linken Hand, doch Jon Palfreman denkt sich nicht viel dabei. Anfangs zumindest. Doch dann die Diagnose: Parkinson. Der 60-jährige Journalist steht unter Schock, will nicht darüber reden, verdrängt die Krankheit und verliert sich in Selbstmitleid. Dann aber fasst er Mut und beschließt der Krankheit als Reporter zu begegnen. Er recherchiert die Geschichte von Parkinson, liest die aktuellen Forschungsergebnisse und spricht er mit Patienten und Wissenschaftlern.
"Stürme im Gehirn" heißt jetzt sein spannendes Buch, das sich nicht nur an Patienten und deren Angehörige richtet, sondern an alle, die wissen wollen, wie mühsam Fortschritte in der Medizin erreicht werden. Wie langwierig die Suche nach Diagnosemöglichkeiten, Medikamenten oder einer möglichen Heilung ist.
Ein großartiger Durchbruch auf dem Feld von Parkinson war Ende der Sechziger die Entwicklung des Medikamentes L-Dopa, das jahrelang erstarrte Patienten wieder "aufzutauen" vermochte. Eine Sensation, allerdings zeigte sich, dass die neue Beweglichkeit mit Nebenwirkungen erkauft wird und der Effekt des Medikamente über die Jahre schwindet. In den Neunzigern etablierte sich mit der Tiefenhirnstimulation ein chirurgisches Verfahren, das vielen Patienten hilft. Ein weiterer Schritt nach vorne. Kein Wunder, dass Forscher und Mediziner optimistisch waren. 1999 galt es als realistisch, die Krankheit innerhalb von fünf Jahren endgültig zu besiegt zu haben.

Enge Verbindung zwischen Patienten und Forschern

Doch es ist anders gekommen! Ein ums andere Mal versagen vielversprechende Ansätze, ganz gleich ob es um Wachstumsfaktoren, Stammzellen oder Gentherapien geht. Das wird oft konstatiert, bei Jon Palfreman kann man lernen, worin die Schwierigkeiten auf dem Weg vom Labor in die Klinik wirklich bestehen. Parallel berichtet er von neuen Studien, die zeigen wie verheerend sich Parkinson auf das Gehirn auswirkt. Fünf Jahre nach der Diagnose sind die für flüssige Bewegungen entscheidenden Dopamin-Nerven praktisch verschwunden. Und nicht nur das, Patienten müssen mit vielen anderen Beschwerden wie Verdauungsproblemen, Schlafstörungen und auf lange Sicht auch auf Schwierigkeiten beim Denken rechnen.
Düstere Aussichten auch für den Autor selbst. Aber Jon Palfreman schöpft Kraft aus den Begegnungen mit anderen Patienten, die wie er gegen ihre Krankheit ankämpfen – mit Sport, Humor und auch mit Wissenschaft. Eine von ihnen ist Pamela Quinn, die den Tanz gegen das Zittern setzt, oder Tomas Greaboys, der sich zwar kaum noch bewegen kann, sich aber trotzdem an jedem neuen Tag erfreut, oder der Schauspieler Michael J. Fox, der seinen Ruhm nutzt, um Spenden für Forschung zu sammeln. Was zeigt: Gerade auf bei Parkinson gibt es eine enge Verbindung zwischen Patienten und Forschern. Was auch Jon Palfremans kluges Buch deutlich macht.

Jon Palfreman: Stürme im Gehirn. Dem Rätsel Parkinson auf der Spur
Übersetzt von Carl Freytag
Beltz, Weinheim 2016
320 Seiten, 22,95 Euro

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