John Legend: "Darkness and Light"

Licht, Liebe und Hoffnung

Von Marcel Anders · 01.12.2016
Auch auf seinem fünften Album gibt sich Grammy- und Oscar-Gewinner John Legend gewohnt soulig. Diesmal jedoch kombiniert er Black Music mit Indie-Rock, wodurch seine Balladen mehr Ecken und Kanten aufweisen. Textlich geht es um Hoffnung in einer politisch deprimierenden Zeit.
"Als Künstler habe ich mich nicht sonderlich verändert. Es ist lediglich das Arbeiten mit einem neuen Produzenten und unterschiedlichen Musikern. Außerdem habe ich privat wichtige Erfahrungen gemacht. Nur: Ich denke, man erkennt mich immer noch. Genau wie meine Sicht der Dinge und meine Stimme. Ich habe lediglich etwas dazu gelernt und bin ein bisschen gewachsen."
John Legend gibt sich höflich und bescheiden. Ein 37-Jähriger im schicken Anzug, mit frisch getrimmter Haar- und Bartpracht, einem gewinnenden Lächeln und geballtem Charme, den er viel lieber einsetzt, als Fragen zu sich und seiner Musik zu beantworten.
Dabei hat er de facto einiges zu sagen. Denn "Darkness And Light" ist seine Abkehr von Mentor Kanye West, der ihn 2001 entdeckte, und von der bisherigen Arbeit mit möglichst vielen namhaften Produzenten.
Sein neuer Partner ist ein Mann, der bislang so gar nicht in den R&B- und Soul-Kontext zu passen schien: Blake Mills, Studiotüftler der "Alabama Shakes" und eigentlich Rock-Experte. Nur nicht für John Legend:
"Eine Menge Leute halten ihn dafür. Aber für mich war die letzte Platte der Alabama Shakes mehr Soul als alles andere. Natürlich ist es auch Rock, aber jedes Mal, wenn ich sie gehört habe, dachte ich mir, dass Blake ein tolles Soul-Album mit mir machen könnte."

Kombination aus Black Music und Indie-Rock

Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist eine Kombination aus Black Music und Indie-Rock, die bestens funktioniert. Sei es, weil Legends Balladen und Midtempo-Nummern jetzt mehr Ecken und Kanten aufweisen. Weil er sich auch mal in Jazz und Funk vorwagt. Weil er als Gäste Koryphäen wie Brittany Howard, Chance The Rapper oder Kamasi Washington auffährt und auch textlich Akzente setzt. Da geht es um Liebe und Hoffnung in einer dunklen, bedrohlichen Zeit, um falsche Werte und vergänglichen Ruhm, aber auch um eine bessere Zukunft.
"Ich bin Optimist, obwohl ich weiß, dass in unserer heutigen Welt jede Menge Dunkelheit herrscht. Und das Album dreht sich darum, sich da irgendwie durch zu navigieren und Licht, Liebe und Hoffnung zu finden – in Beziehungen wie in der Musik. Oder es zumindest zu versuchen. Denn es ist eine ziemlich üble Zeit. Gerade was die Politik betrifft. Hoffentlich werden wir diese Phase bald überwinden."
Legend, ein leidenschaftlicher Obama-Anhänger, macht kein Geheimnis daraus, was er von einem Präsidenten namens Donald Trump hält, der nicht von der Mehrheit des amerikanischen Volks gewählt wurde, der ein erzkonservatives, rechtes Kabinett um sich schart und dessen Familie den Wahlerfolg zu Werbezwecken missbraucht.

Ankämpfen gegen Hass

Da ist er wütend und enttäuscht, versucht aber, beides nicht zu sehr in seine Musik einfließen zu lassen, sondern vielmehr gegen den Hass und die angespannte Stimmung anzukämpfen. Etwa mit viel Harmonie, aber auch Selbstironie. Wie in "Overload", ein Stück über seinen eigenen Promistatus, der vor allem auf seiner Ehe mit US-Model Chrissy Teign basiert.
"Der Song befasst sich mit der Aufmerksamkeit, die meine Frau und ich durch die Medien erfahren. Und natürlich sind wir stolz darauf, dass wir uns lieben und wir haben auch nichts dagegen, das nach außen darzustellen. Nur: Ich glaube nicht, dass wir noch berühmter werden, als wir es schon sind. Wahrscheinlich geht es ab jetzt nur noch bergab."(lacht)
Doch Legend ist nicht nur ein ehrgeiziger Musiker, der die Grenzen seines Genres auslotet und den Zeitgeist einfängt. Er gilt auch als gefragter Soundtrack-Komponist, der Blockbuster wie "Django Unchained" vertont hat, ist Produzent der TV-Serie "Underground", die in den USA alle Rekorde bricht, schauspielert in "Soul Men" und dreht Blockbuster wie "Southside With You" über die Liebesbeziehung zwischen Barack und Michelle Obama.

Lukrativer Zweitjob

Mitte Januar kommt sein bislang größtes Projekt in die Kinos: "La La Land" mit Emma Stone, Ryan Gosling und ihm selbst.
"Ich liebe es, mich mit tollen Filmemachern, Drehbuchautoren und Schauspielern zusammenzutun, und Geschichten in Filme umzusetzen. Einfach, weil ich die Kontakte habe. Ich bin derjenige, der alles überwacht und die Fäden zusammenführt. Dabei überlasse ich die kreative Arbeit den Leuten, die sich mit Filmen auskennen - aber ich helfe, sie zu realisieren und zu vermarkten, wenn sie fertig sind."
Ein lukrativer Zweitjob, der ihn in den letzten drei Jahren so in Beschlag genommen hat, dass die Musik – das ist der äußere Eindruck – allenfalls die zweite Geige spielte.
Doch auch dem will der Mann aus Springfield, Ohio, nun entgegenwirken. 2017 soll ein Jahr werden, in dem er sich ganz der Musik widmet und auch wieder auf Tournee geht. Selbst in Deutschland, wo er sich besonders rar macht – aber nun auf Versöhnungskurs geht.

John Legends Album "Darkness and Light" erscheint am 2. Dezember auf Sony Music.

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