Jazz-Festival in Samois sur Seine

Djangos Erben

Jazzlegende Django Reinhardt bei einem Auftritt in Paris im Jahr 1951.
Jazzlegende Django Reinhardt bei einem Auftritt in Paris im Jahr 1951. Ihm zu Ehren wird das Festival ausgerichtet. © AFP
Von Martina Zimmermann · 29.06.2015
Seit 1968 ist das Django Reinhardt-Festival für Fans des Gypsy-Jazz das Ereignis des Jahres. In dem kleinen Örtchen Samois sur Seine nahe Paris kommen nicht nur Fans und Musiker zusammen. Auch Geigen- und Gitarrenbauer bieten ihre Instrumente zum Ausprobieren an.
Mit einer unvorstellbaren Geschwindigkeit huschen die Finger von Marian Badoï über sein deutsches Akkordeon - eine der besten Marken, meint der Musiker. Sein Großvater war Geiger, der Vater Akkordeonist. In welchem Alter er selbst zu spielen anfing, daran kann sich der Roma aus Rumänien nicht erinnern: Es ist als sei er mit seinem Instrument zur Welt gekommen.
Er hätte nie gedacht, aus der Musik einen Beruf zu machen. Bis er mit 14 in Paris ankam und seinen Lebensunterhalt verdiente, indem er auf Märkten und in den Straßen spielte, in der Metro und auf Caféterrassen.
Er habe immer davon geträumt, hier auf der Bühne zu stehen, sagt Marian Badoï. Nun wird sein Traum wahr: Der Akkordeonist trat mit seinem Trio an zwei Abenden des diesjährigen Django-Reinhardt-Festivals auf. In den vergangenen Jahren war der Musiker zwar auch dabei gewesen, aber als Zuschauer und bei den zahlreichen Jam Sessions, die während des Festivals auf der Seine-Insel und auf den umliegenden Campingplätzen stattfinden.
Fans des Gypsy Jazz aus der ganzen Welt strömen her
Denn zum Django-Reinhardt-Festival strömen Roma und Fans des Gypsy Jazz aus der ganzen Welt nach Samois sur Seine, dem 2000 Seelendorf südlich von Paris. Der berühmte Gitarrist Django Reinhardt ließ sich hier 1951 nieder. Zwei Jahre später starb er in der Gemeinde, die sich über sechs Kilometer zwischen dem Waldrand von Fontainebleau und dem linken Seineufer entlang zieht.
Zu Djangos Haus und zu seinem Grab auf dem Friedhof pilgern Fans von weit her, bis aus Kanada, Japan, den USA oder Neuseeland.
Auf dem Festival auf der kleinen Seine-Insel haben Gitarren- und Geigenbauer ihre Instrumente zum Ausprobieren an Ständen ausgestellt. Der aus der Nähe von Nancy stammende Wladimir Muzik ist zum fünften Mal mit seinen Instrumenten dabei.
Die Leute können sie ausprobieren und zeigen, was man damit machen kann. Ihm gefällt es, wenn er seine Gitarren im Einsatz hört.
Auch der Bayer Daniel Bierdümpfel ist Saiten- und Zupfinstrumentenbauer. Mit einer Gitarre auf dem Rücken kommt er seit drei Jahren auf das Festival.
"Es ist mit nichts zu vergleichen, eine Insel auf der Seine, hier die Gitarrenbauer, man trifft jedes Jahr dieselben Leute, es ist wie eine Familienzusammenkunft und schön, wenn man mit den anderen zusammenspielen kann. Auch wenn man ne andere Sprache spricht, spricht man trotzdem dieselbe Sprache: die des Jazz Manouche."
An einem Stand drängeln sich besonders viele Menschen. Neben Gitarren ertönt der amerikanische Saxofonist, Klarinettist und Flötist James Carter. Er hat das Festival am Mittwochabend eröffnet, mit einem gemeinsamen Konzert mit Stochelo Rosenberg und Marian Badoi. Die restlichen Tage bleibt er zum Vergnügen.
Django als Spirit dabei
Dem Amerikaner gefallen die Open-Air-Konzerte, die Geigenbauer und ihre Zelte, die Roma, die von überall her kommen, und die Natur. Hier sei Django als Vibe und als Spirit dabei, meint James Carter.
Auf dem Programm des Festivals hat auch Soulmusik ihren Platz, wenn der französische Jazzpianist Eric Legnini mit seinem Orchester eine Hommage an Ray Charles spielt.
Ansonsten stehen Djangos Erben auf der Bühne wie Bireli Lagrène oder andalusische Gypsymusiker wie Nino Josele, der mit Künstlern wie Paco de Lucia oder Elton John gearbeitet hat.
Abschiedskonzert von "Bratsch"
Am Jahresende will sich die Band "Bratsch" nach 40 Jahren Karriere verabschieden. Es ist in Samois sur Seine also eines der letzten Konzerte, auf denen die Musiker ihren weiten musikalischen Horizont vorführen. In den 1970er Jahren spielte Geiger Bruno Girard rumänische Weisen nach. Er hatte sie auf Vinylplatten nach Frankreich importiert.
Er bestellte damals die Platten per Post in Rumänien und es kam nur die Hälfte tatsächlich in Frankreich an. Bruno Girard spielt diesen alten Stil, den heute selbst in Rumänien kein Mensch mehr kennt. Die Rumänen wundern sich, dass ein Franzose spielt wie ihre Großväter, erzählt der Musiker.
Und so klopfen die Musiker von Bratsch Marian Badoï auf die Schulter, bevor der Akkordeonist auf die Bühne steigt. Auch wenn die Konzerte des Django-Reinhardt-Festivals insgesamt 15.000 Besucher anziehen: Der Rumäne weiß, dass seine Landsleute auch in Frankreich der Fremdenfeindlichkeit zum Opfer fallen.
Seine Waffe sei die Musik. Die Leute sollen von allein verstehen, wer die Roma sind. Bevor du redest, musst du wissen, wovon du redest, meint der Akkordeonvirtuose.
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