Japan

Bratwurst mit Stäbchen

Werbung für deutsches Essen in einem japanischen Restaurant in Tokio.
Werbung für deutsches Essen in einem japanischen Restaurant in Tokio. © dpa/ picture alliance / Matthias Tödt
Von Jürgen Hanefeld · 15.09.2014
Sie loben deutsche Tugenden, sie lieben Bach, Bratwurst und Bier: die Japaner. Negatives über die deutsche Kultur würden Japaner schon aus reiner Höflichkeit nicht sagen.
Sie lieben uns, die Japaner. Zu allererst die Musik.
Kein Kind in Japan wächst ohne klassische Klänge auf, und Beethovens "Ode an die Freude" ist ein Synonym dafür, sagt Yotaka Yonehara.
"Ich spiele das Stück mit meinen Schülern schon sein 30 Jahren, erzählt der pensionierte Musiklehrer. In dieser Zeit habe er mehrere Orchester und Chöre gegründet, und alle spielen und singen noch immer 'Daiku' - die Neunte, wie das auf Japanisch heißt. 300 bis 400 Mal pro wird deren berühmter letzter Satz in Japan aufgeführt, fast immer zur Weihnachtszeit".
Eine Sitte, die auf den Ersten Weltkrieg zurückgeht. Damals gerieten deutsche Soldaten in japanische Kriegsgefangenschaft. Sie gründeten ein Orchester und spielten zu Weihnachten Beethovens Neunte.
Doch schon lange vorher lernten die Japaner deutsche Qualitäten schätzen: 1873 bereiste eine hochrangige Delegation das gerade gegründete Deutsche Reich. Bei Krupp in Essen erfuhren sie, wie man Kanonen baut, Reichskanzler Bismarck persönlich gab ihnen Nachhilfe in Machtpolitik, und an der Charitè studierten sie moderne Medizin. Der deutsche Einfluss spiegelt sich noch heute in Wörtern wie "messa" - für Skalpell - und "arubeito" - Teilzeitbeschäftigung. Nur zwei von vielen Beispielen.
Fleißig, ernsthaft und sorgfältig
Wenn sich Japaner als "Preußen Asiens" bezeichnen, dann zeigt sich darin nicht nur ihr Überlegenheitsgefühl anderen Asiaten gegenüber, sondern auch eine gewisse Seelenverwandtschaft mit den Deutschen und Respekt vor deren Leistungen. Eine junge Frau auf der Straße sagt:
"Die Deutschen sind ähnlich fleißig wie wir, ebenso ernsthaft und sorgfältig mit allem, was sie herstellen. Gewissenhafte Handwerker wie wir Japaner! Und sie sind intelligent. Das zeigt sich zum Beispiel daran, wie sie mit ihrer Umwelt umgehen und den Atomausstieg planen."
Es sind also nicht nur Sekundärtugenden wie Sauberkeit, Pünktlichkeit und Ordnung, die Japaner mit den Deutschen teilen, sondern auch die Leidenschaft für's Tüfteln, die Sorgfalt und Präzision, mit der technische Probleme angegangen werden, der Hang zur Perfektion. Wer es sich leisten kann, fährt ein deutsches Auto, isst deutsches Brot, und dass Fußball genau so deutsch ist wie Bier, davon sind Japaner überzeugt.
Zum Oktoberfest, das hier ab Mai immer irgendwo gefeiert wird, essen sie sogar ohne erkennbaren Ekel Bratwürste - wenn auch mit Stäbchen.
Mehr zum Thema