Ja zu Rot-Rot-Grün

Daniela Schneckenburger in Gespräch mit Jan-Christoph Kitzler · 10.05.2010
"Wir haben immer deutlich gemacht im Wahlkampf, dass wir bereit sind, Gespräche mit der Linken zu führen", sagt NRW-Grünen-Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger. Sie schließt eine rot-rot-grüne Koalition in Düsseldorf nicht grundsätzlich aus.
Jan-Christoph Kitzler: Nach jeder Wahl geht es immer um Sieger und Verlierer und wichtig ist es auch, dass jeder sich schnell möglichst als Sieger erklärt. So ist das nach jeder Wahl. Eine Partei, die das gestern mit einigem Recht tun konnte, das sind Die Grünen, denn die haben gestern ihr Wahlergebnis von vor fünf Jahren fast verdoppelt und landen nun bei 12,1 Prozent. – Ich bin jetzt verbunden mit der Landesvorsitzenden der Grünen in NRW, mit Daniela Schneckenburger. Guten Morgen!

Daniela Schneckenburger: Guten Morgen!

Kitzler: Ich hatte das vorhin auch schon Ihren Kollegen von der SPD gefragt. Was überwiegt denn bei Ihnen heute mehr, die Freude über den Erfolg, oder die Enttäuschung, dass es doch nichts wird mit Rot-Grün?

Schneckenburger: Bei uns überwiegt heute immer noch die Freude über den wirklich grandiosen Erfolg, den wir als Grüne in Nordrhein-Westfalen eingefangen haben, denn das ist das beste Wahlergebnis, das wir jemals in Nordrhein-Westfalen hatten.

Kitzler: Gestern war schon die Rede von der Wiederauferstehung von Rot-Grün. Daraus wird jetzt aber doch nichts. Ist das eine Enttäuschung?

Schneckenburger: Das ist die Enttäuschung daran in der Tat. Bis gestern Abend 22, 23 Uhr sah es noch so aus, als ob Rot-Grün mit einer hauchdünnen Mehrheit möglich wäre im nordrhein-westfälischen Landtag. Das wäre natürlich eine Sensation gewesen, denn wir sind inzwischen ja ein Fünf-Parteien-Parlament. Inzwischen ist leider klar, dass diese hauchdünne Mehrheit nicht da ist, die CDU liegt leicht vor der SPD sogar noch. Das ist natürlich in der Tat die bittere Pille.

Kitzler: Wie erklären Sie sich denn überhaupt den Erfolg Ihrer Partei? Eigentlich ist Nordrhein-Westfalen doch ein klassisches Kohleland. Oder haben Sie auch ein bisschen vom Bundestrend profitiert?

Schneckenburger: Vom Bundestrend haben wir, glaube ich, nicht sehr stark profitiert, weil das nach meiner Erfahrung in den letzten Wochen nun wirklich ein Wahlkampf um Bildungspolitik war. Das Schulsystem in Nordrhein-Westfalen stand hier zur Debatte, ist auch von den Menschen in Nordrhein-Westfalen abgewählt worden. Und es gibt sicher auch eine zweite Entwicklung: Der Strukturwandel hat längst gegriffen in Nordrhein-Westfalen, wir sind nicht mehr nur das Land von Kohle und Schwerindustrie. Deswegen haben die Menschen auch verstanden, dass ein Hochtechnologieland nicht nur gute Bildung braucht, sondern auch eine Entscheidung für erneuerbare Energien und für die Arbeitsplätze der Zukunft braucht. Die beiden Themen, gerade das letzte Thema hat uns auch schon durch die Bundestagswahl getragen, der "green new deal", und da wird uns inzwischen mehr an Kompetenz und mehr auch an inhaltlicher Stärke zugetraut, als das noch vor fünf oder zehn Jahren der Fall war.

Kitzler: Trotzdem: am Ende könnte es nicht gut für Sie ausgehen. Sie sind die einzigen, die deutlich hinzugewonnen haben, aber werden möglicherweise nicht mitregieren, oder?

Schneckenburger: Wir werden jetzt sehen, wie die nächsten Tage verlaufen. Wir werden uns heute die Situation noch mal genau ansehen und unser Ziel ist es natürlich auch, mit der SPD ein Gespräch zu führen über die Frage, ob es eine Mehrheit Rot-Grün-plus geben kann in Nordrhein-Westfalen. Das werden wir uns genau ansehen. In jedem Fall ist es so, dass wir als Fraktion gestärkt im Düsseldorfer Landtag sind, mit fast doppelt so vielen Abgeordneten, und damit auch die Möglichkeit haben, intensiver an den Themenfeldern, aber auch intensiver in den Regionen zu arbeiten.

Kitzler: Was für Chancen sehen Sie denn, dass Sie sich doch noch an der Regierung beteiligen können?

Schneckenburger: Wir werden uns das erst mal ganz nüchtern ansehen. Das wird sicherlich eine Frage sein, die die SPD auch im Hinblick auf Die Linke zu entscheiden hat. Die SPD ist unklar gewesen. Wir haben immer deutlich gemacht im Wahlkampf, dass wir bereit sind, Gespräche mit der Linken zu führen über eine wirkliche Regierungsverantwortung. Tolerierung kommt für uns nicht in Frage, dabei bleiben wir auch. Dieses Land braucht eine stabile Regierung, gerade in diesen Zeiten, und von daher ist die Frage an Die Linke, ob sie bereit ist, Regierungsverantwortung auch in Zeiten leerer Kassen zu übernehmen. Da muss sich dann insbesondere auch die SPD zur Frage verhalten, ob sie zu einer Zusammenarbeit mit der Linken bereit wäre.

Kitzler: Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen aus Sicht der Grünen. Das war Daniela Schneckenburger, die Landesvorsitzende. Vielen Dank dafür und einen schönen Tag.

Schneckenburger: Bitte schön!
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