Investmentfonds sollen beim Klimaschutz helfen

16.07.2012
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) möchte neue Finanzierungsmöglichkeiten für den Klimaschutz finden. Vor allem private Investoren wie Pensionsfonds wolle er als Anleger gewinnen, so wie es in Dänemark üblich sei, sagte Altmaier.
Nana Brink: Der internationale Klimaschutz ist nach dem Scheitern der Konferenz in Kopenhagen in ein Koma gefallen. Das sagt ziemlich unverblümt Bundesumweltminister Peter Altmaier. Gemessen an den heißen Debatten noch zu Zeiten der Kopenhagen-Konferenz 2009, findet ja das Thema Klimaschutz in der Tat in Zeiten der Eurokrise nur noch am Rande statt.

Wir erinnern uns: Auf der Konferenz 2009 hatte es die Weltgemeinschaft nicht geschafft, sich auf das von der Wissenschaft geforderte Zwei-Grad-Ziel der maximalen Erderwärmung zu einigen und vor allem den CO2-Ausstoß zu bremsen. Jetzt soll der Petersberger Klimadialog, der ab heute stattfindet, wieder Schwung in die Sache bringen. Über 30 Staaten sind geladen nebst Bundeskanzlerin Merkel, die auch ihren Vertrauten, Bundesumweltminister Peter Altmaier mitbringt. Er war bei uns am Telefon und ich habe ihn gefragt, ob die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei Grad überhaupt noch realistisch ist.

Peter Altmaier: Nun, das war von Anfang an ein sehr ehrgeiziges Ziel. Und ich denke, dass wir uns sehr anstrengen müssen, wenn wir es überhaupt noch erreichen wollen. Deshalb haben wir nach Kopenhagen, auch mein Vorgänger Norbert Röttgen, einiges unternommen, um den Dialog wieder in Gang zu bringen. Das ist auch gelungen, aber es ist immer noch sehr zäh. Das ist der Grund, warum die Bundeskanzlerin, warum ich selbst heute und morgen mit den zuständigen Ministern aus rund 30 Ländern versuchen werden, so etwas wie Aufbruchsstimmung zu erzeugen. Denn wir brauchen verbindliche Abkommen, wir brauchen verbindliche Zusagen und wir müssen auch erreichen, dass in der Innenpolitik der betroffenen Länder endlich mit dem Klimaschutz ernst gemacht wird.

Brink: Aber aus Ihren Worten höre ich schon den Zweifel. Sie wollen ja jetzt mehr Tempo machen beim Klimaschutz - was heißt denn mehr Tempo?

Altmaier: Nun, es war bedauerlicherweise so, dass durch die weltweite Wirtschaftskrise, durch die Staatsschulden- und Eurokrise, das Thema Klimaschutz etwas aus dem öffentlichen Blickpunkt verschwunden ist. Das müssen wir ändern. Denn nur, wenn sich die internationale Öffentlichkeit für Klimaschutz interessiert, wird es auch Druck geben in den einzelnen Ländern.

In Deutschland haben wir gezeigt, dass man Klimaschutz betreiben kann, ohne den Standort Deutschland zu gefährden, und deshalb werben wir sehr dafür, dass andere Länder ebenfalls anfangen, etwas zu tun. In China ist zum Beispiel das Bewusstsein Gott sei Dank in den letzten Monaten gestiegen für wirksamen Klimaschutz. Es gibt andere Staaten, da ist das nicht so, und das wollen wir ändern.

Das zweite ist, wir haben uns darauf verständigt, dass wir ein international verbindliches Abkommen haben, und für dieses Abkommen müssen die Verhandlungen vorbereitet werden. Das ist ebenfalls ein sehr ehrgeiziges Ziel. Wir können uns nicht noch mal eine Konferenz wie Kopenhagen leisten, wo am Ende alle zerstritten sind und sich in der Sache nichts bewegt.

Brink: Aber bleiben wir doch noch mal in Europa. Sie haben es angesprochen: Viele EU-Staaten können aufgrund ihrer Sparmaßnahmen gar nichts mehr für den Klimaschutz investieren. Sprechen Sie da nicht schöne Ziele aus, die keinerlei finanzielle Grundlage haben?

Altmaier: Nein. Deshalb müssen wir uns auch darum kümmern, wo das Geld herkommen soll. Es ist richtig, dass viele Länder keinen Bewegungsspielraum oder nur sehr geringen Bewegungsspielraum haben. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen auch sogenannte neue Finanzierungsmethoden ausprobieren, das heißt, wir wollen auch erreichen, dass Geld von privaten Investoren, das es weltweit gibt, dass zum Teil nach guten Investitionsmöglichkeiten sucht, dass dieses Geld für den Klimaschutz nutzbar gemacht wird ...

Brink: Gestatten Sie mir die Nachfrage, welches private Kapital? Wo ist das?

Altmaier: Nun, es gibt weltweit sehr viele Investmentfonds und Pensionsfonds, die alle Milliardenbeträge anlegen, zum Teil sind das auch Gelder, die in bestimmten Ländern nicht mehr angelegt werden. Und diese Gelder dazu zu bringen, dass sie auch verstärkt in Klimaschutz investieren, das ist ein ganz wichtiges Vorhaben. Deshalb haben wir die EU-Kommission aufgefordert, dass sie uns Vorschläge macht, wie dies ermöglicht werden kann. Wir erleben übrigens in Dänemark zum Beispiel, dass Pensionsfonds dort ihr Geld verstärkt in Windkraftanlagen investieren, weil sie sagen, sie können damit Renditen von fünf, sechs und sieben Prozent erzielen. Das heißt, sie helfen der Umwelt, sie reduzieren CO2 und sie tun trotzdem auch etwas dafür, dass ihre Geldanlagen rentabel bleiben.

Brink: Sie haben ja, gerade waren Sie im Amt, auf dem Klimaschutzgipfel im Mai in Rio erlebt, wie so ein Gipfel ausgehen kann. Viele schöne Reden, hehre Ziele, aber dann dominieren doch die Eigeninteressen. Wie überzeugen Sie denn die Klimaschutzbremser USA und China?

Altmaier: Ich war in Rio durchaus auch enttäuscht davon, dass der Fortschritt zu einer Schnecke geworden ist in diesem Bereich. Deshalb müssen wir auf der einen Seite versuchen zu überzeugen - ich habe mit meinem amerikanischen Kollegen geredet, ich werde auch auf dieser Konferenz intensiv mit dem chinesischen Kollegen reden, aber ich sage Ihnen, wir müssen notfalls auch bereit sein, in einer "Coalition of the willing", in einer "Coalition of the committed", das heißt, mit den Ländern voranzugehen, die sich den gleichen Zielen verpflichtet fühlen. Wir können nicht erlauben, dass das Tempo im Geleitzug von dem langsamsten Wagen bestimmt wird. Und deshalb brauchen wir auch neue Formen der internationalen Zusammenarbeit. Das ist mir in Rio klar geworden, und dafür werde ich mich auch in den nächsten Monaten einsetzen.

Brink: Wird sich denn die deutsche Regierung dann auch festlegen lassen auf ein Ziel, zum Beispiel CO2-Ausstoß von 20 auf 30 Prozent zu ...

Altmaier: Nun, wir haben uns ja in Deutschland bereits auf viel ehrgeizigere Ziele festgelegt. Jetzt geht es darum, dass zunächst die Europäische Union ebenfalls eine Anstrengung unternimmt und ihr Ziel auf 30 Prozent festlegt. Dafür kämpfen wir, dafür arbeiten wir, es gibt da vor allen Dingen interne Schwierigkeiten in unserem Nachbarland Polen, und deshalb liegt mir sehr daran, dass ich gerade mit dem polnischen Kollegen in den nächsten Wochen besonders intensiv darüber rede, wie man diese Blockade überwinden kann.

Brink: Zum Thema Klimaschutz gehört ja auch das Thema Energiewende. Und wie schwer sie umzusetzen ist, das sehen wir ja gerade in Deutschland. Sie haben kürzlich öffentlich Fehler bei der Umsetzung eingeräumt und klare Ziele gefordert. Was wäre denn ein klares Ziel?

Altmaier: Es fehlt nicht an klaren Zielen. Aber diese Ziele können nur umgesetzt werden, wenn wir entschlossen vorangehen. Und da gibt es Unterziele, Etappenziele, wo ich mir Sorgen mache. Ein Ziel ist zum Beispiel das Thema Stromeinsparung. Wir haben uns vorgenommen, zehn Prozent Strom einzusparen. Bisher sind wir von der Erreichung dieses Ziels noch ein gutes Stück entfernt. Und deshalb ist es Aufgabe des Umweltministers, Alarm zu schlagen und auf Probleme hinzuweisen, so lange man sie noch abstellen kann. Denn ich meine, die Energiewende muss gelingen. Das ist für den Standort Deutschland und für den Wohlstand der Menschen, die hier leben, von herausragender Bedeutung.

Brink: Sie haben auch Alarm geschlagen in Bezug auf bezahlbare Strompreise. Müssen Sie als Umweltminister uns Verbraucher nicht fairerweise darauf vorbereiten, dass die Strompreise steigen werden?

Altmaier: Nun, das habe ich wiederholt gesagt. Es war allen klar, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben ist. Aber der entscheidende Punkt ist, wir haben eine enorme Herausforderung im Hinblick auf den Ausbau der Netze, im Hinblick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren. Das alles kostet Geld. Und ich möchte, dass die Kosten so begrenzt werden, wie dies vernünftigerweise möglich ist. Das heißt, wir müssen Doppelstrukturen, wir müssen Fehlanreize vermeiden, wir müssen dafür sorgen, dass die einzelnen Maßnahmen stärker koordiniert werden.

Das betrifft nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, das betrifft die Zusammenarbeit mit allen beteiligten Akteuren. Denn wenn es uns gelingt, zum Beispiel den Ausbau der Netze mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien zu koordinieren, dann werden wir auch erleben, dass wir insgesamt weniger Geld bezahlen müssen und dass die Energiewende dann besser organisiert ist, als wenn wir jedermann freistellen, die erneuerbaren Energien und die Netze so zu entwickeln, wie es gerade den örtlichen, regionalen oder lokalen Interessen entspricht.

Brink: CDU-Bundesumweltminister Peter Altmaier. Schönen Dank, Herr Altmaier, für das Gespräch!

Altmaier: Ich danke Ihnen! Auf Wiederhören.

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