30 Jahre Bußgeld für Gurtmuffel
Moderation: Stephan Karkowsky · 01.08.2014
Eigentlich herrscht bereits seit 1976 in Deutschland Anschnallpflicht, doch erst nachdem am 1. August 1984 ein Bußgeld bei Nichtbefolgung eingeführt wurde, griffen die Deutschen auch tatsächlich zum Sicherheitsgurt. Bald soll die letzte Bastion für Gurtmuffel fallen und eine Anschnallpflicht auch für Taxifahrer gelten.
Der Kulturwissenschaftler Thomas Macho findet das "sinnvoll". Auch die generelle Anschnallpflicht sei "absolut richtig", betonte er. "Wir können natürlich eine solche Bevormundung zwar kritisieren, aber schlecht leugnen, dass das natürlich Vorteile und Fortschritte mit sich bringt. Die andere Seite ist, dass man sagen muss, wenn Menschen eben Risiko- und Freiheitserfahrungen machen wollen, dann sind sie in unserer Kultur im Moment irgendwie schlecht dran."
Für Macho sind Maßnahmen wie die Anschnallpflicht Ausdruck der Tendenz, dass "Staaten beginnen, sich als Vorsorgestaaten zu verstehen und zu organisieren". Dadurch steige auch das Sicherheitsbedürfnis der Menschen. Man müsse jedoch darauf achten, dass "die Balance zwischen den Sicherheits- und den Freiheitsbedürfnissen in einer Kultur" gewahrt bleibe, mahnte der Kulturwissenschaftler.
Sonst "laufen diese Gesellschaften Gefahr, sozusagen Kontroll- oder Überwachungsgesellschaften zu werden und im anderen Fall eben reine Risikogesellschaften. Wenn ich dran denke, mit welchem Elan jetzt in Amerika Gesundheitsreformen durchgesetzt werden: Das ist deshalb dort so schwierig, weil es eben lange Zeit so ein Freiheits- und Risikobewusstsein gab, das man direkt mit dem Charakter dieses Landes, dieses Kontinents assoziiert hat. Heute beginnt sich das zu ändern, und in dem Maße, in dem sich das ändert, wird plötzlich auch das Sicherheitsbedürfnis stärker."
