Internetplattform Wingly

Schöner fliegen mit der Mitflugzentrale

Cessna auf dem Hamburger Flughafen, 2012
In einer Cessna ist weniger Platz als in einem Kleinwagen. © picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt
Von Verena Kemna · 28.05.2016
Die Internetplattform Wingly bringt Flugbegeisterte und Hobbypiloten zusammen. Rundflüge und Kurzstreckenflüge in ganz Deutschland stehen dort im Angebot. Die Charterkosten und die Ausgaben für das Flugbenzin werden einfach durch die Zahl der Passagiere geteilt.
In der viersitzigen Propellermaschine ist weniger Platz als in einem Kleinwagen. Der schlanke Pilot und ein zweiter Passagier müssen also vorne sitzen. Ich quetsche mich auf die Rückbank, nutze den Fußraum vom freien Nebensitz für meine Beine. Tobias Schmeier, Student der Luftfahrtechnik mit Fluglizenz, prüft ein letztes Mal die Instrumente im Cockpit. Dann reicht er jedem Kopfhörer. Gegen den Lärm.
Er sieht ein letztes Mal zu mir auf die Rückbank, schon dreht sich der Propeller, die Maschine rollt, fährt schneller, alles beginnt zu vibrieren.

"Ich werde jetzt noch die Startvorbereitungen vorbereiten und dann die örtliche Kontrolle in Strausberg informieren, dass wir für den Start bereit sind."
Einen Moment lang fühle ich mich unwohl, doch zum Aussteigen ist es zu spät. Ich wollte ja unbedingt mitfliegen - bei der ersten Mitflugzentrale Deutschlands.

Ein flaues Gefühl im Magen

Plattenbausiedlungen, Felder, Wiesen, grau schimmernde Seen, alles schrumpft schnell auf die Größe von Legosteinen. Immer wieder sackt das Flugzeug ganz plötzlich ein paar Meter nach unten. Mir bleibt ein flaues Gefühl im Magen. Torsten Zippel, der als Passagier vorne sitzt, stört das laute Brummen nicht. Schon Tage vorher hat er sich für den Rundflug angemeldet.
"Um mal günstig mitzufliegen, um einfach mal das Gefühl zu haben wie es ist, Berlin aus der Luft zu sehen. Ja, vielleicht klappt es ja, dass wir Richtung Eberswalde fliegen, vielleicht über den Wandlitzsee, wäre vielleicht eine günstige Gelegenheit, mein Zuhause mal von oben zu sehen."
Schmeier nickt. Der Pilot tut alles, damit die Passagiere zufrieden sind. Fluggäste, die für einen Anteil an Spritgeld und Charterkosten relativ günstig mitfliegen können, das ist das Konzept von Wingly. Die meisten seiner Kollegen bieten Rundflüge an, aber auch Kurzstrecken wie nach Leipzig, Dresden oder auf die Insel Usedom sind möglich, erklärt der 29-jährige Pilot.

"Also kann es durchaus sein, dass der eine Pilot sagt, er fliegt sie nach Heringsdorf hin und zwei Wochen später finden sie einen Piloten, der sagt, dass er sie zurück nach Strausberg bringt, zum Beispiel und dann hätten sie ihren Urlaub perfekt geplant."

Fliegen ist ein teures Hobby

Nicht einmal fünfzig Piloten aus dem Großraum Berlin haben sich bisher im Internet registriert. Darum kann es auch passieren, dass man auf der Insel sitzen bleibt. Und noch ein Nachteil: Es gibt praktisch keinen Stauraum für mein Urlaubsgepäck. Vorne, im Cockpit erzählt Tobias Schmeier weiter von seiner großen Leidenschaft. Am liebsten würde er die Passagiere mit seinem Flugvirus anstecken. Für mich unvorstellbar. Fliegen ist ein teures Hobby, mindestens 200 Euro kostet eine Flugstunde. Sein großer Traum: Bei einer großen Airline anheuern. Für eine erfolgreiche Bewerbung braucht er mindestens 3000 Flugstunden.

"Die meisten Airlines verlangen sehr, sehr viel Flugerfahrung, meistens auch schon auf dem entsprechenden Flugzeugmuster, also Airbus oder Boeing und die hat man als junger Pilot, der von der Flugschule abgegangen ist, leider nicht."
Dann lauscht er konzentriert in seine Kopfhörer, wartet auf die Erlaubnis, dass die Cessna den künftigen Hauptstadtflughafen BER im Tiefflug passieren darf.

Eine Win-win-Situation

Ich schaue durch das dünne Fensterglas, sehe einen langgestreckten Flachbau mit Glasfronten. Lande- und Startbahnen sehen aus wie ausgerollte graue Teppichläufer, Flugzeuge sind aber keine zu sehen. Schnell geht es weiter. Die Cessna steigt höher, dreht eine Schleife mitten ins gleißende Sonnenlicht. Unten, die Dächer von Altbauten, Wald, Wiesen und wieder die Hochhaustürme der Plattenbausiedlungen. Nach einer Stunde Flugzeit ist die Landebahn am Flughafen Strausberg wieder in Sicht. Die Cessna rollt neben der Rasenpiste aus. Passagier Torsten Zippel, nimmt die Sonnenbrille ab, grinst den Piloten an.
"Ich habe ziemlich viel gut erkannt. Ich habe alles gesehen, was ich erhofft habe. Ich werde das bestimmt nochmal machen. Auch das Flugwetter war toll, vielleicht nochmal eine andere Strecke. Mir hat es richtig Spaß gemacht."
Pilot Tobias Schmeier lächelt zufrieden zurück. Eine Win Win Situation: Mit dem Geld der Passagiere kann er sein teures Hobby finanzieren. Schmeiers nächste Strecke von Berlin nach Dresden steht bereits im Internet. Der Pilot wird auf jeden Fall fliegen, hoffentlich wieder mit Passagieren.
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