Internet-Kommentare

"Die SZ setzt auf die Selbstregulierung"

Ein Tablet liegt auf Zeitungen.
Wer auf "sueddeutsche.de" kommentieren will, muss künftig nach den wenigen Artikeln suchen, bei denen das möglich ist. © dpa/picture alliance/Sven Hoppe
Moderation: Britta Bürger · 04.09.2014
Die Online-Redaktion der "Süddeutschen Zeitung" schafft die Kommentarfunktion unter den meisten Artikeln ab und verlegt einige Debatten in die sozialen Netzwerke. Medienwissenschaftlerin Wiebke Loosen hält das nicht für Zensur - sondern für notwendig.
Die Nutzer der Internetseite der "Süddeutschen Zeitung" können nicht mehr jeden Beitrag kommentieren. Nur bei zwei bis drei ausgewählten Artikeln täglich erscheint die Kommentarfunktion unter dem Text. Stefan Plöchinger, Online-Chef der SZ, will die Diskussionen in die sozialen Netze verlege. Unter den Artikeln auf der Internetseite - dort, wo früher die Kommentare standen - findet sich nun ein Debattenmonitor. Er zeigt an, wie auf Blogs und in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter über den Text diskutiert wird.
Trolle stören die Debatte
Wiebke Loosen, Medienwissenschaftlerin am Hans-Bredow-Institut der Hamburger Universität, erklärt im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur, wie sogenannte Trolle die Debatten auf nachrichtlichen Internetseiten immer wieder gezielt stören. Das Konzept von "Sueddeutsche.de" habe aber nicht nur mit dem Verwalten der störenden Kommentare zu tun, auch sonst sei die Betreuung von Leserkommentaren extrem aufwändig. Die Redakteure kämen nicht mehr dazu, neben ihrer anderen Arbeit die Kommentare zu moderieren, zu beantworten und gegebenenfalls zu löschen.
"Eine urjournalistische Herangehensweise"
Die Schamlosigkeit mancher Kommentare erklärt sich Loosen unter anderem damit, dass sich die User hinter einem selbst gewählten Benutzerprofil verstecken können. In dem Konzept der Online-Redaktion der SZ erkennt die Wissenschaftlerin "eine urjournalistische Herangehensweise". Die Redakteure setzen künftig selbst die Themen des Tages, nicht die User entscheiden, welcher Artikel für sie den höchsten Diskussionswert hat. Dass sich die Journalisten demnächst stärker in die Diskussion der Kommentatoren einmischen, werde von vielen Lesern sogar gefordert. Was die Auslagerung einiger Diskussion auf Facebook angeht, gelte ein anderes Prinzip: "Die SZ setzt auf die Selbstregulierung der User untereinander."
Nicht nur Schelte von den Usern
Für das Löschen der Kommentarfunktion unter den meisten Artikeln kassiere die SZ keineswegs nur Schelte von den Usern, beobachtet Loosen. Sie selbst hält die Entscheidung nicht für eine Zensur unangenehmer Kritik, sondern für "eine notwendige Maßnahme". Schließlich wolle die Redaktion in Dialog mit den Lesern treten und nicht nur Verwaltungsarbeit leisten. Lossen geht davon aus, dass bald auch andere Qualitätsmedien dem Konzept von "Sueddeutsche.de" folgen werden.
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