Internationaler Tag des Glücks

Auch Geld macht glücklich - aber nicht nur

Jan Delhey im Gespräch mit Nana Brink · 20.03.2014
Materielle Dinge, soziale Beziehungen und wie viel Sinn wir dem Leben geben, das bestimme unser Glücksempfinden, sagt Glücksforscher Jan Delhey von der Jacobs-Universität Bremen. Viel hänge aber auch von der Persönlichkeit ab. Für die einen sei das Glas eben immer halb voll, für die anderen halb leer.
Nana Brink: Wie sagte eine Zeitung so schön: "Auf die Vereinten Nationen ist Verlass." Für alles gibt es einen Gedenktag und heute ist der Internationale Tag des Glücks. Das hat natürlich einen Grund, und da liefern die Vereinten Nationen auch gerne Sätze von zeitloser Schönheit, denn "Glück und Wohlbefinden sind universelle Ziele und Bestrebungen des Menschen". Wer hätte das gedacht? Glücksforscher Jan Delhey von der Jacobs-Universität Bremen ist jetzt zum Glück hier in der "Ortszeit". Schönen guten Morgen, Herr Delhey!
Jan Delhey: Guten Morgen.
Brink: Kann man Glück planen?
Delhey: Wenn es um Glücksmomente geht, dann kann man das schon irgendwie planen. Wir wissen ja, was uns gefällt, was uns guttut, und dann kann man natürlich solche Situationen oder Dinge einfach auch suchen. Wenn es um Glück als eher so ein langfristiges Gefühl der Lebenszufriedenheit geht, das ist deutlich schwieriger, das sozusagen selber herzustellen, sondern das ergibt sich eigentlich eher aus unserem Leben, aus unserer Lebensführung, aus unseren Lebensumständen.
Brink: Was macht denn glücklich?
Delhey: Da gibt es natürlich ganz viele Dinge, kleine Dinge, größere Dinge, die uns glücklich machen. Aber es hilft eigentlich ganz gut, das ein bisschen zu systematisieren, und ich spreche dann gerne von dem Dreieck des Glücks oder Dreieck des Wohlbefindens. Das hat dann drei Säulen: das Haben, das Lieben und das Sein. Das heißt, das Haben steht für die materiellen Dinge, Lebensstandard, was wir an Konsum uns leisten können, das Lieben für die sozialen Beziehungen des Menschen, und das Sein für das, was wir mit dem Leben anfangen, wie viel Sinn wir dem Leben geben.
Brink: Und alle drei müssen in der Balance sein?
Delhey: Zumindest sollte man von allen dreien etwas haben. Das ist ganz gut. Wenn ein Teil da völlig wegbricht, dann ist es schwer, auf dieser Glücksleiter auf den ganz oberen Stufen zu stehen. Allerdings muss man jetzt auch nicht überall Spitze sein. Man muss nicht sehr reich sein, um eine hohe Lebenszufriedenheit zu haben. Ein mittleres Einkommen reicht da durchaus schon.
Brink: Aber es gibt doch dieses Klischee, Geld macht nicht glücklich.
"Glück kann man zu einem gewissen Teil kaufen"
Delhey: Das stimmt eigentlich so nicht. Wir sehen praktisch in allen Umfragen immer ein Muster, dass diejenigen, die mehr haben, ein höheres Einkommen haben und dann einen höheren Lebensstandard haben, dass die auch eine höhere Lebenszufriedenheit haben. Von daher kann man schon Glück zu einem gewissen Teil kaufen. Allerdings ist es so, dass dieser Unterschied eigentlich in den reichen Ländern kleiner wird zwischen den Einkommensstufen. In den armen Ländern ist der Unterschied noch viel größer.
Brink: Nun zerlegen Sie ja sozusagen professionell das Glück als Wissenschaft. Haben Sie denn herausgefunden, auch bei Ihren Umfragen, ob es eine Begabung zum Glück gibt? Ich habe den Eindruck, manche Menschen sind einfach glücklicher als andere, obwohl sie nicht mehr haben oder meinetwegen mehr Liebe erfahren oder mehr Geld haben.
Delhey: Diese Beobachtung, die ist völlig richtig. Ich als Soziologe, ich interessiere mich natürlich vor allen Dingen für die Lebensumstände und für die Lebensführung der Menschen. Aber das erklärt natürlich bei Weitem nicht alles. Die Psychologen haben ganz klar gezeigt, dass es schon so etwas wie ein Talent fürs Glück gibt, und das hängt sehr stark mit der Persönlichkeit zusammen. Es gibt einfach Persönlichkeitstypen, die sehen immer das Glas halb leer, und andere sehen das Glas halb voll. Und die, die es halb voll sehen, die sind bei gleichen Lebensumständen glücklicher als die Pessimisten, die das Glas halb leer sehen.
Brink: Hat das Glück denn eine besondere Bedeutung in der heutigen Zeit, mehr als zum Beispiel zu anderen Zeiten?
"In ärmeren Ländern ist eigentlich das Ziel das Überleben"
Delhey: Das glaube ich schon. Ich denke, dass es insbesondere eine Eigenschaft der westlichen Gesellschaften und der reichsten Länder ist, dass diese Idee, dass man glücklich sein sollte, ein ganz erfülltes Leben haben sollte, dass das so stark in den Vordergrund rückt. Ich glaube, dass in den ärmeren Ländern eigentlich das Ziel eher das Überleben ist oder das Notwendigste zu haben, dass dort die Ziele noch viel stärker am Lebensstandard, am Einkommen, am Konsum ausgerichtet sind als bei uns.
Brink: Ich habe manchmal den Eindruck, wäre es nicht schlimm, wenn wir nur Glück hätten? Ich meine, jeder wünscht sich Glück. Aber wäre das nicht auch des Guten zu viel?
Delhey: Das ist so eine alte Debatte, ob nicht auch ein gewisses Maß an Unglück uns guttut, uns irgendwie antreibt. Ich denke, da werden oft Künstler als Beispiel genommen, die dann irgendwie ihre kreativsten Schaffensphasen in Phasen des persönlichen Unglücks hatten. Aber ich glaube, für die meisten Leute ist es eigentlich eher so: Sie sind produktiver, sie sind gesünder, sie sind besser, wenn wir uns zufrieden und glücklich fühlen. Ich sehe wenig negative Seiten von einem relativ hohen Glücksniveau. Es ist ja auch so, dass in den westlichen Ländern nicht alle glücklich und zufrieden sind. Da gibt es immer noch ein bisschen Luft nach oben.
Brink: Sind Sie denn glücklich?
Delhey: Ja, doch. Das glaube ich schon. Ich kann natürlich die Frage kaum noch unbefangen beantworten, aber doch sehr.
Brink: Aber immerhin beschäftigen Sie sich damit. Warum sind Sie Glücksforscher geworden?
"Konzept der Glücksforschung von Amerika nach Deutschland"
Delhey: Das kam eigentlich durch meinen Doktorvater, der dieses ganze Konzept der Glücksforschung von Amerika nach Deutschland transportiert hat und hier die ersten Umfragen gemacht hat, und dann fand ich das auch unglaublich spannend und bin dann auch dabei geblieben.
Brink: Glücksforscher Jan Delhey von der Jacobs-Universität Bremen. Na dann viel Glück noch! Schönen Dank, dass Sie bei uns waren.
Delhey: Danke, danke! Ihnen auch! Tschüß!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk/Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.