Initiative der katholischen Kirche

Jahr des Aufatmens im Bistum Osnabrück

Ein Mann sitzt in der Innenstadt von Frankfurt am Main in der katholischen Liebfrauenkirche.
Durchatmen, sich besinnen auf das Wichtige im Leben - dazu will das Bistum Osnabrück animieren. © dpa/ picture-alliance/ Arne Dedert
Von Ita Niehaus · 27.12.2015
Das Bistum Osnabrück lädt ein Jahr lang ein - zum Überlegen, was im Leben wirklich wichtig ist. "Damit sie zu Atem kommen" heißt das Veranstaltungsprogramm, das vom Bischof bis zum Gemeindemitglied alle anspricht. Das Interesse ist groß.
"Wenn sich der Besuch des Gottesdienstes eher nach der passenden Gestaltung des Familienfestes richtet, gehe einen Schritt vor... "
Ein Spiel zur Einstimmung. Beim Adventswochenende für Familien in der Katholischen LandvolkHochschule in Oesede. Während die Kinder draußen toben, tauschen sich die Eltern über ihre Erfahrungen in der Vorweihnachtszeit aus.

Mann: "Irgendwie so richtig toll ist es dann nicht mehr."
Anne: "Genau, man hat so diese Wunschvorstellungen im Kopf. Für mich als Kind war die Weihnachtszeit schön."
Mann: "Sie war damals nicht so beschleunigt, wie es jetzt ist. Wir arbeiten beide."
Etwa 20 Männer und Frauen sitzen in kleinen Gruppen zusammen. Björn und Anne Weissmann aus Bersenbrück sind mit ihren Kindern und einer befreundeten Familie gekommen.
Björn Weissmann: "Die Frauen haben das angeleiert."
Anne Weissmann: "Weil ich das Gefühl hatte, dass Zeit für uns ganz wichtig geworden ist. Zeit mit den Kindern zu verbringen. Auch mal den Alltag wegschieben. Keine Wäsche, kein Kochen, Aufräumen. Sondern wirklich was zusammen zu machen, was Schönes."
Der Osnabrücker Bischof hat sich für eine Woche ins Kloster zurückgezogen
Das Adventswochenende - eines von zahlreichen Angeboten im Jahr des Aufatmens im Bistum Osnabrück. Es sei viel mehr als nur ein geselliges Beisammensein für Familien, sagt Thilo Wilhelm, Priester und geistlicher Rektor an der LandvolkHochschule:
"Es geht auch um eine inhaltliche, eine geistliche Vorbereitung auf das Weihnachtsfest. Was ist das Eigene der Adventszeit? Und wir können wir in der Adventszeit gut leben? Und das Vorbereiten auf Weihnachten mehr ist als Glühwein trinken und Spekulatius essen."
Ein anderes Bewusstsein für die Adventszeit und für den christlichen Glauben zu bekommen, ist auch der 41 Jahre alten Maria Möller und ihrem Mann wichtig.
"Im Sommer werden wir noch zwei unserer Kinder taufen lassen. Und weil ich mich immer gefragt habe, wozu ist das noch bedeutsam für mich und für uns? Und für mich und meinem Mann das als unsere Aufgabe gesehen habe, da doch noch mal ein bisschen stärker einzutauchen. Dafür nutze ich auch dieses Wochenende."
Vor mehr als drei Monaten hat das Jahr des Aufatmens im Bistum Osnabrück begonnen. Das Zukunftsgespräch ist ein besonderes Anlegen von Bischof Franz-Josef Bode. Auch aus persönlichen Gründen. Vor 20 Jahren wurde er in sein Amt eingeführt, vor 40 Jahren zum Priester geweiht. Künftig will auch der Bischof nicht mehr nur von Termin zu Termin hetzen. Er hält sich unter anderem die Montage etwas freier, hat sich eine Woche ins Kloster zurückgezogen:
"Wobei es nicht nur darum geht, dass man relaxt oder eine Art geistlichen Wellness macht. Sondern eher, wie man zu den Dingen, die man macht, eine neue Einstellung gewinnt. Einfach bewusster zu leben und zu unterscheiden, was ist eigentlich für uns wichtig und was ist nicht so wichtig."
Im Mittelpunkt zwölf Texte aus dem Buch Exodus
"Damit Sie zu Atem kommen " - so lautet das biblische Leitwort dieses ganz besonderen Jahres. Es betrifft nicht nur den einzelnen Gläubigen, sondern ebenso die Institution Kirche. Franz-Josef Bode:
"Bei vielen Überlegungen läuft dieser Rote Faden so mit. Viele Termine - weil es einmal gut war, macht man es immer wieder. Sitzungen hier - so kleine Unterbrechungen sind oft schon gut. Die Gestaltung der Gottesdienste ruhiger zu machen. Da gibt es eine Menge Möglichkeiten."
Es ist nicht so einfach, sich auf solch einen Prozess einzulassen. Gerade in angespannten Zeiten jedoch, so Bischof Bode, sei es umso wichtiger, zwischendurch innezuhalten:
"Die ganze Frage der Flüchtlingsproblematik, wo man anpacken muss. Auch das gehört dazu. Wir wollen ihnen ja Raum geben bei uns, damit sie aufatmen können, nachdem sie Schreckliches erlebt haben. Das Thema heißt nicht, wie können wir aufatmen, sondern 'Damit sie zu Atem kommen.' Das heißt, nicht nur wir selbst, sondern auch andere."
Das Bistum hat ein Begleitbuch herausgegeben. Mit vielen Anregungen. Im Mittelpunkt stehen zwölf biblische Texte aus dem Buch Exodus:
"Die Urerfahrung sozusagen des Auszuges des Volkes Israels. Und all das, was damit verbunden ist. Das sind Sorgen, die Menschen spüren, wenn sie merken, ich soll mich verändern. Ich weiß nicht genau, wohin das führt. Das ist auch eine der Grunderfahrungen des Buches Exodus. Das Volk Israel ist unterwegs, es lässt sich von Gott führen. Darum geht es auch im Jahr des Aufatmens, sich von Gott führen zu lassen."
Thilo Wilhelm hat das Jahr mit vorbereitet. Immer wieder stellt er fest: Gerade das biblische Leitwort "Damit Sie zu Atem kommen" spricht auch heute noch viele Menschen an:
"Wo es um die Einführung des Sabbatgebots, des einen Tages Ruhe in der Woche geht. Weil man sagt, auch Gott selbst hat einen Tag Ruhe für sich genommen. Und wenn der das für sich braucht, dann brauchen wir das allemal."
Fast alle Gemeinden beteiligen sich an dem Programm
Auch das gehört zum Adventswochenende in der Landvolkshochschule dazu. Mit der Familie basteln. Die elf Jahre alte Chiara genießt die gemeinsame Zeit: " Nette Leute Und einfach nur für uns zu sein."
Einen Tisch weiter sitzt Maria Möller mit ihrer Familie. Sie kann sich gut vorstellen, nächstes Jahr wieder an so einem Adventswochenende teilzunehmen:
"Eines hat es schon gebracht, ich bin tatsächlich weg. Und das ist total gut. Dass ich dadurch Kraft tanke und mir selber und der Familie wieder Gutes tue. Und insofern findet sich das Jahr des Aufatmens sehr wieder in meinem Leben."
Das Jahr hat gerade erst begonnen, es ist noch viel zu früh, um Bilanz zu ziehen. Doch das Interesse ist groß. Fast alle Gemeinden haben inzwischen angefangen, sich in irgendeiner Art und Weise mit dem Thema auseinanderzusetzen. Bode:
"Das Heilige Jahr der Barmherzigkeit, das der Papst jetzt ausgerufen hat, passt gut dazu. Mit sich selbst, mit anderen barmherzig umzugehen. Und diese Grundgelassenheit, wenn ich die spüren würde, dann hätte man viel erreicht. Den Anfang davon gibt es schon."
Mehr Informationen zum Programm "Damit sie zu Atem kommen"