Informativ, spannend, humorig, atemberaubend

Von Ayala Goldmann · 20.05.2011
Mit seinem Film "Wagner and Me" beschreibt der britische Regisseur Stephen Fry auf dem Jüdischen Filmfestival die Wurzeln seiner Wagner-Leidenschaft. Und obwohl Hitler zu Wagners glühendsten Verehrern zählte, findet der Komponist langsam auch wieder jüdische Fans.
Ausgerechnet Richard Wagner. Der britische Schauspieler und Komiker Stephen Fry liebt die Werke des umstrittenen Komponisten, seitdem er ein Kind war – das erzählt Fry in der BBC-Dokumentation "Wagner and Me", die am Sonntag bei der Gala des jüdischen Filmfestivals in Potsdam gezeigt wird. Stephen Fry:
"Ich muss elf oder zwölf gewesen sein, als ich zum ersten Mal Wagners Musik hörte, auf dem Grammophon meines Vaters. Es war die Tannhäuser-Ouvertüre, eine seiner frühen Opern, und es hat etwas Außergewöhnliches mit mir gemacht. Es hat mich innerlich bewegt, hat innere Kräfte in mir freigesetzt, und keine Musik hat das so geschafft wie die von Wagner."
Seit Langem, offenbart Stephen Fry in der Dokumentation, habe er davon geträumt, die Wagner-Festspiele in Bayreuth zu besuchen. Doch dann wird im Film ein Bild von Adolf Hitler eingeblendet.
"Aber es ist kein Geheimnis, dass meine Leidenschaft auch von IHM geteilt wurde. Und wie ich fühlte er die magnetische Anziehungskraft von Bayreuth. Ich bin jüdisch und habe Verwandte im Holocaust verloren. Bevor ich also meinen Platz im Festivalhaus einnehme, muss ich sichergehen, dass ich das Richtige tue."
Mit britischem Humor wirft Stephen Fry 90 vergnügliche Minuten lang einen neuen Blick auf Wagner, ohne sich anzubiedern – er zeichnet Lebenswege des Komponisten nach, reist in die Schweiz, nach Russland – und nach Nürnberg. Doch auch Anita Lasker-Wallfisch, eine der letzten bekannten Überlebenden des Mädchenorchesters von Auschwitz, kann Fry keine endgültige Antwort auf die Frage geben, ob ein Jude sich den "Ring" in Bayreuth ansehen sollte. Bei den Wagnerfestspielen selbst, sagt Regisseur Patrick McGrady, wurde der Film natürlich mit Freuden aufgenommen:
"Katharina Wagner und Eva Wagner haben ja über ihre Pläne gesprochen, eine unabhängige Untersuchung über die Geschichte von Bayreuth einzuleiten und ein neues Kapitel aufzuschlagen. In diesem Sinn hatten sie wohl das Gefühl, dass unser Film dazu einen nützlichen Beitrag zu diesem Prozess leisten könnte.'"

""Ich sage immer, das ist der Film für Wagner-Hasser, oder für Leute, denen Wagner überhaupt nicht liegt oder nichts sagt. Ich hatte wirklich nichts für Wagner übrig, bevor ich den Film sah, aber am Ende des Films hatte ich auch Lust, nach Bayreuth zu fahren."

Nicola Galliner, die Leiterin des jüdischen Filmfestivals.

Von Bayreuth nach New York: In der kommenden Woche wird beim jüdischen Filmfestival in Berlin "The Klezmatics – on Holy Ground gezeigt" - eine tiefsinnige, mehr als zweistündige Dokumentation über eine der bekanntesten Klezmer-Bands der Welt. Sänger Lorin Sklamberg im Film:
"Ich habe herausgefunden, dass die jiddische Sprache und die jiddische Kultur und jiddische Kultur wirklich etwas ist, das mein Geburtsrecht und mein Erbe ist. Und auf eine Art fühle ich, dass ich die Erlaubnis habe, es zu meinem inneren Eigentum zu machen."
Doch man erfährt auch viel Persönliches über die Musiker – zum Beispiel über Sklambergs Homosexualität. Gemeinsam mit seinem Lebenspartner zieht er drei Kinder groß, die durch eine Samenspende entstanden sind. Der Film begleitet die Klezmatics auf Touren nach Berlin und Polen – doch die Musiker sprechen auch offen darüber, wie schwierig es ist, von ihrer Arbeit leben zu können. Die 1986 gegründete Klezmerband wurde zwar für ihre jüngste englischsprachige CD mit einem Grammy ausgezeichnet, doch kurz darauf verloren die Klezmatics ihren Manager, und ihr Label machte zu. Doch Regisseur Erik Greenberg Anjou, der sich während der Dreharbeiten mit den Musikern angefreundet hat, weiß, wie hart die Klezmatics im Nehmen sind:
"Sie sind voller Hingabe, sie wollen weitermachen, und zum Glück haben sie jetzt einen neuen Manager. Sie werden es sicher noch eine Weile auf der Bühne stehen. Ob das noch zwei oder zehn Jahre sein werden, weiß ich nicht."
Aber vielleicht trägt ja auch der Film mit der vielen schönen Musik dazu bei, dass die Klezmatics bald wieder eine neue Plattenfirma finden.