Industriellengattin sucht Veränderung

Von Jörg Taszman · 20.03.2011
Frankreichs vielseitigster und fleißigster Regisseur Francois Ozon trifft nach einigen kleineren Werken in "Das Schmuckstück" wieder auf seinen "8 Frauen"-Star Catherine Deneuve und konnte mit dieser herrlichen 70er-Jahre-Retrokomödie annähernd zwei Millionen Franzosen im Kino begeistern.
Die 70er-Jahre in der französischen Provinz. Die ersten Filmbilder erscheinen wie die purste Idylle: viel Grün und eine von Catherine Deneuve gespielte Joggerin: Madame Pujol. Ihr meist übel gelaunter Ehemann leitet die größte Fabrik des Ortes und ist immer nur kurz zu Hause. Kochend und singend bleibt die blonde Hausfrau daheim, bis ihre vorlaute Tochter aufkreuzt.

"Aber bist du glücklich Mama?"
"Aber sicher bin ich glücklich und es wird auch immer so bleiben."
"Tja, so ein erbärmliches Leben will ich aber nicht. Da ist mir die Scheidung lieber. Das Schlimmste wäre für mich, so zu werden wie du: ein Schmuckstück"."

Im Laufe der Geschichte wird sich die bieder scheinende Hausfrau verändern, am Ende sogar in die Politik einsteigen. Francois Ozon hat mit "Das Schmuckstück" eine liebevoll ironische aber nie böse Komödie gedreht, in deren Zentrum mit Catherine Deneuve als großbürgerlicher Industriellengattin und Gérard Depardieu als kommunistischem Bürgermeister ein wunderbar antagonistisches Paar steht. Beide verband einst ein kurzes, unstandesgemäßes Techtelmechtel. Francois Ozon hat seine beiden Stars bewusst so besetzt.

""Man muss sie als Schauspieler führen, aber gleichzeitig ist da schon etwas vorhanden. Das ist ja das Interessante am Kino, dass man, wenn man dieses Paar besetzt, schon auf eine Vorgeschichte zurückgreifen kann. Nun spielen die Beiden auch noch ein altes Liebespaar und ich benutze die Liebesgeschichten zwischen Deneuve und Depardieu aus anderen Filmen für die Geschichte meines Films. Das ist für mich sehr beglückend, weil ich als Cineast mit Gérard Depardieu und Catherine Deneuve aufgewachsen bin ..."

Wie Woody Allen ist Francois Ozon ein fleißiger Arbeiter und Kinobesessener und dreht fast jedes Jahr einen Film. Anders als Woody Allen wechselt Ozon dabei laufend die Genres. Nach "8 Frauen" drehte er erstmals wieder mit einem Starensemble einen populären Unterhaltungsfilm und erfüllte sich seinen Traum, endlich mit Gerard Depardieu zusammen zu arbeiten.

Francois Ozon: "Gérard hatte viel Sympathie für diese Figur des Kommunisten. Das erinnerte ihn an seine Ursprünge, an Menschen wie seinen Vater. Außerdem kennt Depardieu alle Politiker der Welt und ist der Kumpel von Castro oder den schlimmsten Diktatoren in Ländern des Ostens. Egal. Er kennt alle. Also machte es ihm Spaß, damit zu spielen und so kamen wir sehr schnell zusammen. Und wenn Depardieu am Set ist, dann ist er überlebensgroß wie ein Monster, aber dabei genial. Das Wichtigste ist immer das Resultat und so muss man clever sein, um bei ihm das zu erreichen, was man will. Aber wenn man das dann von ihm bekommt, ist es unglaublich ..."

Francois Ozon versteht sich auf ein ganz anderes Starkino und wie so oft rückt er starke Frauen in den Mittelpunkt. Am Ende singt Madame Pujol für das ihr zujubelnde Wahlvolk ein Chanson, schaut dabei zunehmend direkt in die Kamera. So wird aus der Figur der Madame Pujol ganz bewusst die große Schauspielerin Catherine Deneuve.
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