"In ihrem Haus"

Von Jörg Taszman · 28.11.2012
Ein desillusionierter Lehrer soll seiner Klasse das Aufsatz schreiben näher bringen - und scheitert. Nur der 16-jährige Claude entwickelt einen regelrechten Furor beim Texten und Erfinden. Zum Schauplatz seiner Horrorgeschichten wird die kleinbürgerliche Familie eines Klassenkameraden.
Der mit Abstand fleißigste und vielseitigste, französische Regisseur Francois Ozon hat nach seiner Komödie "Das Schmuckstück" nun wieder völlig das Genre gewechselt.

Mitgenommen hat er nur einen seiner Hauptdarsteller, den genialen, komischen und immer leicht hypochondrischen Fabrice Luchini, der im "Schmuckstück" noch das Ekel von einem Fabrikbesitzer spielte. Diesmal verkörpert Luchini einen desillusionierten Lehrer, der schon kurz nach Beginn des Schuljahres beim Korrigieren des ersten Aufsatzes merkst "die nulpigste Klasse aller Zeiten" bekommen zu haben.

Statt wie Flaubert einfach nur zu erzählen, verlieren sich seine 16-Jährige in langweiligste und banalste Beschreibungen, bis auf Claude, einen fast unauffälligen Schüler in der letzten Reihe, der sich bei einem Klassenkameraden ins Haus begeben hat und ironisch und süffisant die kleinbürgerliche Idylle aufs Korn nimmt.

Germain ist begeistert, fördert Claude nach Kräften, der seine Fantasie immer freieren Lauf lässt. Er freundet sich mit dem prolligen Vater des Hauses an, becirct die Mutter und macht sich unentbehrlich, bis es langsam unheimlich wird.

Francois Ozon ist ein Meister der Manipulation und er läuft mit "In ihrem Haus" zur absoluten Topform auf. Was wie eine Realsatire auf die Schule beginnt, bekommt erotisch aufgeladene Thriller- und subtile Horrormomente. Schnell weiß Germain nicht mehr, wie er seinen Schützling Claude noch bremsen kann. Was ist Realität, was ist Fantasie , was ist (Wunsch-)Traum?

Die Antworten sind komplex, amüsant und wie so oft bei Ozon einfach raffiniert. Einer der unterhaltsamsten und intelligentesten Filme im Kinoherbst mit grandiosen Schauspielern.

Frankreich 2012, Regie: Francois Ozon, Darsteller: Ernst Umhauer, Kristin Scott Thomas, Fabrice Luchini, 105 Minuten, FSK: ohne Angabe

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