"Ich habe keine Angst, Verantwortung zu übernehmen"

Katrin Poleschner im Gespräch mit Ute Welty · 17.11.2011
Sie ist gegen eine Frauenquote in der Partei und fühlt sich mit ihrem "konservativen Gesamtbild" als Sprachrohr der JU: Katrin Poleschner will den Vorsitz der Jugendorganisation der CSU übernehmen. Ihr großes Vorbild ist der ehemalige bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber.
Ute Welty: Die Junge Union in Bayern wählt eine neue Spitze. Das würde außerhalb der CSU und außerhalb Bayerns vielleicht niemanden interessieren, wenn es sich nicht erstmals um eine Spitzenfrau handeln würde, um Katrin Poleschner, und die hat schon von sich Reden gemacht:

"Meine Damen, ich sage Ihnen, das Zauberwort lautet: Kandidatur. Sie müssen sich schon hinstellen, Sie müssen kandidieren, und dann haben Sie die Chance, in unserer Partei gewählt zu werden."

Welty: Eine Frau ist gegen die Frauenquote und ein CSU-Mitglied gegen den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, zwei Vorkommnisse, die dann doch den Eindruck erwecken, dass die CSU ankommt im 21. Jahrhundert. Guten Morgen, Frau Poleschner!

Katrin Poleschner: Guten Morgen!

Welty: Seehofer soll Sie nach Ihrem Auftritt auf dem Parteitag gelobt haben. Welchen Eindruck hat das bei Ihnen hinterlassen: Reine Freude, gemischte Gefühle oder dann doch wachsende Skepsis?

Poleschner: Ach, also Skepsis war es auf jeden Fall nicht. Man freut sich natürlich immer, wenn man Lob bekommt, und wenn es der bayrische Ministerpräsident ist, dann doch ganz besonders.

Welty: Und wie war die Situation für Sie? Also, er ist ja schon mächtig auch in seinem Erscheinungsbild. Er ist sehr groß, sehr breit, er macht schon Eindruck, wenn er so vor einem steht.

Poleschner: Ja doch, das auf jeden Fall. Er ist ja auch ein Staatsmann, und das muss man schon respektieren, und da hat man auch als junge Frau durchaus Respekt, das ist aber auch richtig. Das sollte man aus meiner Sicht vor dem bayrischen Ministerpräsidenten auch haben. Und das habe ich natürlich auch. Aber groß bin ich auch, und mit Absätzen noch ein Stück größer, breit nicht so sehr wie er, aber ein ganz gutes Kreuz habe ich trotzdem.

Welty: Jetzt mag sich der Parteichef vielleicht noch lobend äußern, auf der anderen Seite zeigt das Beispiel der ehemaligen Landrätin Gabriele Pauli, wie die CSU mit Aufmüpfigen und vor allem mit Frauen umgeht. Laufen Sie da nicht sehenden Auges in das offene Messer?

Poleschner: Also das würde ich nicht so sagen. Erstens würde ich mich niemals mit Gabriele Pauli vergleichen – und ich hoffe auch, dass das andere Leute nicht tun –, ich denke aber, dass es richtig und wichtig ist, die Wahrheit zu sagen und zu seinen Überzeugungen zu stehen, und das tue ich immer.

Und ich denke, dass ich mit meinem konservativen Gesamtbild, so wie ich Politik mache, doch durchaus nicht eine Rebellin bin, sondern eigentlich auch – so sehe ich mich zumindest – sicherlich auch ein Sprachrohr einer großen Jugendorganisation, die in dem Fall JU heißt, und zumindest in diesem Punkt bei der Quote im letzten Jahr sind ja – ich würde mal sagen – fast alle 30.000 JUler hinter mir gestanden. Dementsprechend war es gar nicht so rebellisch, wie man vielleicht im ersten Moment meinen mag.

Welty: Die CSU hat dieses Jahr 2011 unter das Motto gestellt "Ladies first". Da mag man ja kaum an einen Zufall glauben, wenn das mit Ihrer Wahl morgen denn klappt.

Poleschner: Die Wahrheit ist, es ist aber ein Zufall. Das ist aber eine Sache, die ich schon immer gerne richtig stellen möchte. Ich kandidiere nämlich nicht deshalb, weil zufälligerweise gerade das Jahr der Frau ist, obwohl ich es auch richtig und wichtig finde, dass wir dieses Jahr unter dieses Motto gestellt haben. Und da sind sehr viele Aktionen gelaufen, die durchaus schon sehr modern für unsere Partei sind, und die sicherlich unsere Partei auch attraktiver für Frauen gemacht haben. Aber das ist nicht der Grund, warum ich kandidiere. Der liegt in ganz anderen Gründen, zum Beispiel, dass ich andere Ziele habe, …

Welty: Welche denn?

Poleschner: … dass ich Verantwortung übernehmen möchte … Ja, zum Beispiel, dass ich in erster Linie mal mich mit der JU verbunden fühle – das ist meine politische Heimat, hier fühle ich mich zuhause –, und ich habe keine Angst, Verantwortung zu übernehmen, und ich möchte für die Junge Union – insbesondere in Bayern, weil ich ja für den Landesvorsitz in Bayern kandidiere –, die Junge Union sichtbar machen nach außen hin.

Für mich ist es wichtig, eine Vertreterin der jungen Politik zu sein, der jungen Generation, und das auch deutlich nach außen in der Öffentlichkeit, aber auch nach innen, in der eigenen Partei zu zeigen und deutlich zu machen.

Welty: Und was heißt das konkret? Welche Akzente wollen Sie setzen, außer vielleicht mit einem Stammtisch, wo es nicht nur Weizenbier gibt, sondern auch Aperol-Spritz?

Poleschner: Ja, den Aperol-Spritz, den gibt es ganz bestimmt, wenn ich mit dabei bin, aber ich trinke auch ganz gerne mal ein Glas Weizen, so ist es nicht. Ich speziell, falls mich die Junge Union wählen wird, möchte ich mich für grade drei Schwerpunktgebiete ganz besonders einsetzen. Das ist einerseits die Generationengerechtigkeit, das ist das JU-Thema schlechthin, da müssen wir auf jeden Fall uns zu Wort melden. Das zweite Thema ist die Familienpolitik, und das dritte Thema ist die Wirtschafts- und Standortpolitik insbesondere natürlich für Bayern, weil wir da zuhause sind.

Welty: Aber lassen Sie uns doch mal bei dem Beispiel Generationengerechtigkeit bleiben, das ist ein großer Begriff, der immer wieder von vielen im Munde geführt wird. Was bedeutet der für Sie?

Poleschner: Generationengerechtigkeit heißt auf jeden Fall, alles so zu machen, dass es gerecht ist und nachhaltig ist und vor allem verantwortungsvoll gegenüber den jüngeren Generationen, aber natürlich auch gegenüber den älteren Generationen. Das bedeutet für mich, dass die Lasten gleich verteilt sind und dass man nicht einfach mit dem, was man hat – insbesondere den Finanzen – verschwenderisch umgeht. Denn das wissen wir ja alle, dass die Schulden von heute die Steuern von morgen sind, und dementsprechend setzt sich die Junge Union ganz besonders für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik ein, dass mittelfristig bis langfristig natürlich auch Schulden zurückgezahlt werden müssen und sollen, das ist unser Anspruch, und dafür setzen wir uns ein.

Welty: Und woher wollen Sie das Geld nehmen, und vor allen Dingen von wem?

Poleschner: In erster Linie geht es mal da drum, Akzente zu setzen und zu sagen: wo wollen wir das Geld nicht kürzen? Wo wollen wir auf jeden Fall auch weiterhin gute Politik machen? Und das sind in Bayern zum Beispiel, da hat die CSU eine ganz gute Möglichkeit gefunden beziehungsweise gute Themen gefunden, wo wir dran arbeiten müssen, das ist die Familienpolitik, die Bildungspolitik, aber auch bei den Innovationen. Da sollten wir auf jeden Fall gucken, dass wir da weiterhin Akzente setzen können, da ist es durchaus nicht ratsam zu sparen.

Andererseits hat Bayern auch gezeigt, dass man sparen kann, denn wir haben einen ausgeglichenen Haushalt, schon seit Jahren, Und da muss man eben sich die Sachen ganz genau anschauen, wo man vielleicht noch ein bisschen einsparen könnte.

Welty: Die CSU ist ja nicht gerade reich an starken weiblichen Führungspersönlichkeiten. An wem orientieren Sie sich? Wer kann Ihnen, wenn nicht Vorbild, dann doch Leitbild sein?

Poleschner: Ja, das müssen nicht gerade nur die Frauen sein, das können natürlich auch Männer sein. Also, ich persönlich habe immer, na ja, mein ganz gutes Vorbild gefunden in Edmund Stoiber. Der war während meiner Zeit, während ich in die Junge Union erst mal eingetreten bin, der damalige Ministerpräsident. Er hat sehr viele kluge Dinge gesagt, die mich schon damals ziemlich beeindruckt haben, und deswegen würde ich ihn vielleicht schon als Leitbild vor mir hertragen und würde gerne auch in seinem Sinne weiter Politik machen, das auf jeden Fall.

Aber es gibt natürlich auch viele Frauen, die durchaus was hermachen bei uns. Da möchte ich nur Ilse Aigner als Beispiel nennen, die kann auch mal auf den Tisch hauen, wenn es denn notwendig sein sollte.

Welty: Katrin Poleschner bei Deutschlandradio Kultur in ihrem wahrscheinlich letzten Interview als Kandidatin, bevor die Junge Union in Bayern eine neue Spitze wählt. Danke für Ihre Zeit, Frau Poleschner!

Poleschner: Gerne!


Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.