Horrorfach Mathematik

13.07.2013
Prozent- oder Dreisatzrechnung - da steigen viele Menschen im Alltag bereits aus, ganz zu schweigen von Bruch- oder Zinsrechnung. Das vernichtende Ergebnis einer aktuellen Studie der "Stiftung Rechnen" und der Zeitschrift "Die Zeit" lautet: Rechnen mangelhaft.
30 alltagsnahe Mathematikfragen auf dem Niveau der 8. Klasse sollten gelöst werden. Beispiel Frage Nr.2: "Sie kaufen 8 Artikel für insgesamt 14,32 Euro. Wie viel Geld bekommen Sie an der Kasse zurück, wenn Sie einen 20-Euro-Schein geben?" Zehn Prozent der Teilnehmer versagten bereits bei solch einfachen Aufgaben. Das vernichtende Gesamtergebnis: "Rechnen mangelhaft!"

Sind die Deutschen also zu dumm für Mathe?
Was können wir tun gegen die mangelnde Rechenfitness?


"Aufgabe Nr. 2 entspricht etwa der Frage 'Wie schreibt man Wurstbrot?' im Fach Deutsch - wenn hier zehn Prozent falsch lägen, wäre man doch zu Recht schockiert","

sagt Prof. Dr. Ulrich Kortenkamp, einer der Autoren des Tests. Der Wissenschaftler lehrt an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Didaktik der Mathematik, bringt also seinen Studierenden bei, wie sie als spätere Lehrer dieses ungeliebte Fach interessanter vermitteln können. Ihm liegt daran, Otto-Normalbürgern zu zeigen, dass man vor Mathematik keine Angst haben muss, im Gegenteil:

""Mathematik kann dazu beitragen, die Welt besser zu verstehen."

Ob beim Einkauf im Supermarkt, beim Überprüfen angeblicher Schnäppchen, beim Abschluss einer Versicherungspolice oder bei der Hausfinanzierung: Wer Zahlen und Berechnungen hinterfragen und nachvollziehen könne, sei im Vorteil. Mit Zahlen werde auch Politik gemacht, Politiker und Wissenschaftler würfen mit Zahlen und Statistiken nur so um sich, wer könne sie nachprüfen?

Seine Überzeugung: "Ich glaube, viele könnten Mathematik, wenn sie es einfach mal zulassen würden."

"Müssen wir die Menschen wirklich für Mathe begeistern oder müssen wir uns damit abfinden, dass es eben einen Anteil gibt, den man nicht erreicht?",

fragt der Wissenschaftsjournalist Christoph Drösser. Der "ZEIT"-Redakteur, der selbst Mathematik studiert hat, hat den Test angestoßen. Ihn interessierte: "Wie viel bleibt eigentlich übrig von dem, was wir in der Schule lernen? Was wissen die Leute noch, wenn sie 10, 20 Jahre aus der Schule raus sind?"

Sein Fazit: "Eine Entschlackung der Lehrpläne, hin mehr zu grundsätzlichen Dingen und diese auch wiederholt lernen. Nicht sagen: ´Das hast du in der 5. Klasse gehabt, das musst du doch können`. Wichtig ist das Grundverständnis von mathematischen Zusammenhängen."

Drösser ist auch Autor populärwissenschaftlicher Bestseller, wie dem "Mathematikverführer" oder dem "Logikverführer", in denen er Wissenschaft mithilfe von Alltagsphänomenen erklärt.

Seine Überzeugung: "Mathematik muss kein nerviges und sperriges Zahlenwerk sein, mit dem sich Schüler, Lehrer, Eltern und wir alle immer wieder abquälen - eigentlich kommen ihre Grundlagen ja aus dem praktischen Alltagsleben und die Beschäftigung damit kann richtig Spaß machen."

Rechnen mangelhaft - Wieso haben wir so große Probleme mit der Mathematik?

Darüber diskutiert Dieter Kassel heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr gemeinsam mit Ulrich Kortenkamp und Christoph Drösser. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254 oder per E-Mail unter gespraech@dradio.de.

Informationen im Internet:

Zum Mathematiktest: Homepage

Über Prof. Dr. Ulrich Kortenkamp: Homepage

Über Christoph Drösser: Homepage

Literaturhinweis:

Christoph Drösser: "Der Mathematikverführer. Zahlenspiele für alle Lebenslagen", Rowohlt-Taschenbuch-Verlag, rororo, Reinbeck 2008, 240 Seiten