Hommage an das Mainzer Unterhaus

Zum Lachen geht's in den Keller

Kabarettist Dieter Nuhr (2.v.l.) und die Preisträger des Deutschen Kleinkunstpreises 2010 posieren im "Unterhaus" in Mainz für die Fotografen.
In den Katakomben vom Unterhaus wird jedes Jahr der Deutsche Kleinkunstpreis vergeben. © picture alliance / dpa / Fredrik Von Erichsen
Von Hans-Peter Betz · 28.01.2016
Kabarett soll unbequem sein. Im Mainzer Unterhaus nimmt man's wörtlich. Es ist so eng, dass garantiert keiner einschläft. Hans-Peter Betz nimmt die legendären Katakomben liebevoll auf's Korn und huldigt so der Kultstätte des deutschsprachigen Kabaretts.
Menschen, die zum Lachen in den Keller gehen, gehören gemeinhin nicht zu den Zeitgenossen, mit denen man besondere Zuneigung entwickeln kann. Anders in Mainz! In der Rheinland-Pfälzischen Landeshauptstadt gehört das Lachen im Keller seit genau einem halben Jahrhundert zum guten Ton. Das "Unterhaus-Mainzer Forum-Theater" residiert in zwei alten Gewölbekellern. Eng ist es, kühl die Stühle, die Luft riecht verbraucht. Der Zuschauer hat auf allen Plätzen das Gefühl ganz nah dabei zu sein, die Spucke auf der Bühne fliegen zu sehen. Umgekehrt brauchen die Künstler kaum Anlauf, um das Publikum einzufangen und mitzunehmen in die bunte Welt der Kleinkunst.Dieses Kellergewölbe umschließt alle wie ein schützender Kokon. Die Distanz zum Publikum ist marginal. Diese Enge, wie in einer Presswurst, man muss sie mögen.
Kohl wollte sich nicht in die Katakomben quetschen
Unbequem sitzen hält außerdem wunderbar wach, da nickt keiner ein, da wagt es auch keiner während eines laufenden Programms sich nach draußen zu verdrücken, der strafende Blick des Künstlers von der Bühne und das Murren der Sitznachbarn trifft dann mitten ins Herz. Kabarett soll ja unbequem sein, es soll wachrütteln, nachdenklich machen und auf Missstände hinweisen, dass der ganze Zuschauerraum sich dieser Vorgabe anschließt macht das Unterhaus so einzigartig.
Nicht jeder kann diese Eingezwängtheit ertragen, und vielleicht war es genau diese Enge, die Helmut Kohl, den assimilierten Mainzer, gebürtigen Pfälzer mit drei Zentnern Lebendgewicht, davon abhielt, das Unterhaus zu besuchen und sich in die engen Stuhlreihen zu quetschen. Oder war es der beißende Spott über Birne aus Oggersheim? Vermutlich Beides.
Büttenredner Hans Peter Betz, alias "Guddi Gutenberg" läuft am 11.02.2015 bei der Generalprobe zu "Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht" im Kurfürstlichen Schloss in Mainz.
Der Büttenredner Hans Peter Betz war etliche Male im Mainzer Unterhaus - wenn er nicht gerade beim Karneval auftritt.© picture alliance / dpa / Christoph Schmidt
Seine politische Ururenkelin Julia Klöckner ist dagegen aus anderem Holz geschnitzt. Sie wird den Besuch zum Jubiläum im Unterhaus wagen, gerade jetzt. Wir haben ja Wahlkampf in Rheinland-Pfalz. Damenwahl. Klöckner gegen Dreyer. Für Malu Dreyer ist die Kleinkunstbühne eher ein Heimspiel, man kennt sich unter Linken, da will man ihr nichts Böses. Da gibt´s höchstens ein bisschen was aufs Fingerchen, aber das ist dem momentanen Zustand der Bundes-SPD geschuldet.
Das Theater überlebt auch diesen Wahlkampf
Julchen Klöckner dagegen bietet ein größeres Angriffsfeld. Die von ihr angezettelte Burka-Diskussion oder das plumpe Sich-Ankleben an AfD-Parolen wird man ihr auf der Bühne übel nehmen . Doch da wird sie sitzen, blond und schlank, und lächelnd ankämpfen, gegen ätzende Pointen und knallharte Gags, die auf sie abgefeuert werden. Und tatsächlich wird scheinbar alles an ihr abprallen, an ihrer Tefflon-Fassade, wenn sie ihr Weinköniginnen-Gesicht aufgesetzt hat. Das hat sie gut einstudiert.
Gleichwohl, das Theater wird diesen Wahlkampf überleben und es wird weitergehen bei den Unterhäuslern, egal, wer in Mainz ans Ruder kommt. Getreu nach dem Wahlspruch aus dem Gründerjahr: Hier stehen wir! Spott helfe uns!
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