Hoffnung in Nahost

Von Peter Philipp · 13.05.2009
Die neue israelische Regierung unter Benjamin Netanyahu macht bisher keinerlei Anstalten, die international anerkannte und angestrebte Zwei-Staaten-Lösung anzuerkennen. Vor fünfzehn Jahren sah das anders aus: Im Rahmen der Vereinbarungen von Oslo und Kairo verließ Israel am 13. Mai 1994 die Gegend von Jericho und wenig später den größten Teil des Gazastreifens.
Am 13. September 1993 kommt vor dem Weißen Haus in Washington ein Prozess zu einem krönenden Abschluss, der in den Monaten zuvor insgeheim unweit der norwegischen Hauptstadt Oslo betrieben wurde: Israels Ministerpräsident Yitzhak Rabin und PLO-Chef Yasser Arafat unterzeichnen im Beisein von US-Präsident Bill Clinton das Oslo-Abkommen. Es war dies noch kein Friedensvertrag, sondern offiziell eine "Erklärung von Prinzipien", aber die Unterzeichnung machte doch manchem Mut, dass nun auch der Kernkonflikt um Palästina gelöst werden könne. US-Präsident Bill Clinton:

"Wir hörten diejenigen, die sagten, dass der Konflikt bald wieder ausbrechen würde. Aber der Frieden zwischen Ägypten und Israel dauert an. Genau so muss dieses kühne neue Unternehmen, dieser tapfere Einsatz darauf vertrauen, dass die Zukunft besser sein kann als die Vergangenheit, von Dauer sein."

Knapp einen Monat nach der Unterzeichnung zeigte sich, dass die geplante Übergabe weiter Gebiete des Gazastreifens und der Gegend von Jericho ins Stocken geraten war. Erst nach neuen Verhandlungen in Ägypten wurde man sich einig: Am 13. Mai verließ Israel ein 65 Quadratkilometer großes Gebiet um den Ort Jericho. Wenige Tage später zog es sich auch aus zwei Dritteln des Gazastreifens zurück.

Yair Hirschfeld von der Universität Haifa war einer der israelischen Unterhändler von Oslo gewesen. Er blieb noch Jahre später unbeeindruckt von den ersten Schwierigkeiten. Wichtig sei, dass die politische Grundlinie stimme:

"Der lange politische Prozess ist ganz zweifellos, dass wir uns aus der Westbank und Gaza zurückziehen werden - und dass wir eine Friedensstruktur mit den Palästinensern aufbauen. Der Weg dorthin geht auf und ab, aber die Richtung ist klar."

Hirschfeld sieben Jahre später, im Jahr 2001. Er stützte sich auf Umfragen, nach denen eine Mehrheit der Israelis bereit war, alle 1967 besetzten Gebiete zu räumen und einen palästinensischen Staat zu akzeptieren. Heute scheint davon nicht mehr viel übrig geblieben zu sein, wie die jüngsten Wahlen in Israel gezeigt haben.

1994 aber war man zuversichtlicher: In den geräumten Gebieten - denen bald darauf sämtliche Städte der Westbank folgten -, hielt die palästinensische Autonomieverwaltung unter Führung von PLO-Chef Yasser Arafat Einzug; als Regierung eines "Staates im Werden". So zumindest sahen es die meisten Palästinenser und auch Israelis. Wieder aber steckte der Teufel im Detail. Yair Hirschfeld:

"Wir haben elf Verträge unterschrieben. Die Struktur war, dass ein Vertrag nach dem anderen abgehandelt werden soll. Oslo war von Haus aus ein Fünf-Jahre-Programm: Oslo beruhte auf der Annahme, dass nach diesen fünf Jahren wir ein Endabkommen, einen Friedensvertrag, aushandeln können."

Hierauf wartet man heute noch. Ein Jahr nach der Räumung von Jericho hatte sich die innenpolitische Kontroverse in Israel derart zugespitzt, dass Ministerpräsident Rabin von einem radikalen Siedler ermordet und bei den Neuwahlen einige Monate später Benjamin Netanyahu gewählt wurde, ein erklärter Gegner von Oslo:

"Es gab viele Rückschläge. Die Ermordung von Rabin war ein großer Rückschlag. Die Wahl von Netanyahu war ein Rückschlag. Netanyahu wollte die Oslo-Verträge nicht, die Oslo-Verträge sind ihm aufgezwungen worden und er hat sie zum Teil legitimisiert, aber er hat sehr viel Misstrauen auf palästinensischer Seite geschaffen."

Dieses Misstrauen und die mangelnde Bereitschaft der Regierung Netanyahu, die Oslo-Verträge zu implementieren, waren ein fatale Kombination, die rasch jede Hoffnung zerstörte, die Palästinenser wie Israelis je in Oslo gesetzt hatten. In den Jahren danach kam es zu neuen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Israel und den Palästinensern. Die 1994 geräumten Gebiete wurden wieder von der israelischen Armee unter ihre Kontrolle gebracht und drei Nachfolger von Netanyahu waren nicht in der Lage, diese Entwicklung abzuwenden. Ariel Scharon ordnete immerhin 2005 einen erneuten Rückzug aus Gaza an. Der Gazakrieg seines Nachfolgers Ehud Olmert Anfang dieses Jahres machte dies aber wieder zunichte und bescherte die Wiederwahl von Netanyahu.

Das Oslo-Abkommen scheint endgültig vergessen und mit ihm die Zwei-Staaten-Lösung; erst recht der bescheidene erste Schritt in diese Richtung, als Israel am 13. Mai 1994 das Gebiert um Jericho verließ.