Hörbuch

Frühjahrsblues der Erdmännchen

Die Erdmännchen im Zoo Neuwied
Erdmännchendasein könnte so schön sein, wenn es nicht so viele Probleme gäbe. © picture alliance / dpa / Thomas Frey
Von Elmar Krämer  · 28.04.2015
Eigentlich könnte sich der Erdmännchen-Clan auf die ersten Sonnenstrahlen freuen. Rocky hat aber Stress mit Roxane. Gut, dass Kumpel Rufus zur Stelle ist. "Dickes Fell" von Moritz Matthies ist als Hörbuch ein großer Spaß, auch wegen Christoph Maria Herbst als Sprecher.
Endlich ist der Winter vorbei, die Sonne scheint und die Frühblüher malen bunte Kleckse in das Gehege der Erdmännchen im Berliner Zoo. Es könnte so schön sein, doch die Stimmung im Clan ist angespannt:

"Weißt Du, was Du bist? Ein Aufzuchtsvernächlässiger."
Stress zwischen Rocky und Roxane – gut das es Rufus gibt, das einzige Erdmännchen, das lesen kann. Rufus, der lispelnde Schlauberger, wird in diesem Fall auch zum Therapeuten für Rocky:

"Ich bin überzeugt davon, eine Gesprächstherapie wird ihm die Möglichkeit geben, sich und sein kompensatorisches Verhalten in einem neuen Licht zu sehen."

Probleme über Probleme im Clan der Erdmännchen und auch Ray, Rufus Bruder und im Nebenberuf Detektiv, wird vom Frühjahrsblues nicht verschont:

"Mir fehlt ein Ziel. Ich habe das Bedürfnis, aufzustehen und irgendwohin zu gehen. Da ich aber nicht weiß wohin, bleibe ich sitzen. Es ist ein Gefühl, als müsste eine Veränderung in meinem Leben eintreten, ein neuer Abschnitt beginnen. Aber es passiert nichts."
Von wegen, denn sonst wäre "Dickes Fell" von Moritz Matthies ja kein weiterer amüsanter Erdmännchen-Krimi – der immerhin vierte. Und so gilt es auch dieses Mal nicht nur den emotionalen Tücken und Fallstricken des allzu menschlichen Familienlebens zu lauschen, sondern auch einen ausgewachsenen Kriminalfall zu lösen:
"Ray – eine Gestalt stolpert auf unsere Gehege zu. Jep, das ist mein Partner."
Privatdetektiv Phil, der einzige Mensch, der mit den Erdmännchen sprechen kann.
"Hey, Partner. Geht es dir nicht gut? Wir haben einen neuen Fall! Ein neuer Fall, ist vielleicht nicht der ersehnte Neuanfang, aber sicher geeignet, mich auf andere Gedanken zu bringen. Worum geht’s denn? Um mich! Phil bricht zusammen."
Angeschossen, von den Schergen eines Gangster-Bosses, landet Phil schwer verletzt im Krankenhaus. Und Ray und Rufus in einer Welt aus Verwicklungen und Komplikationen: Was steht in dem ominösen schwarzen Buch, das die Gangster verzweifelt suchen? Wer ist die schicke Frau, die tränenüberströmt an Phils Krankenhausbett sitzt? Wer ist der Vater ihrer Tochter Lea?
"Was wir wissen, ist ein Tropfen, was wir nicht wissen ist ein Ozean!"
Sehr lustig und sehr menschlich
Altklug, neugierig und mitunter auch mutig wirft sich Ray auf die Aufklärung des Falles. Er beobachtet, interpretiert und macht Fehler. Sehr lustige – und immer auch sehr menschliche. Passend dazu eine gehörige Portion Sex – dieses Mal fast schon zu viel:
"Oh Gott, wie erbärmlich, auf der anderen Seite… Hmmmm… Mein letzter Wiederstand ist kurz davor, in einem Hormonschwall zu verpuffen, als die Stimme meines Bruders mich vor einer großen Dummheit bewahrt. Ray!"
Es ist ein Ohrenschmaus Christoph Maria Herbst dabei zuzuhören, wie er die unterschiedlichen Stimmungen transportiert und den Tieren akustisch Persönlichkeit verleiht – wie etwa dem Gorilla Kong:
"Ich muss immer ein paar Bananen dabeihaben, sonst krieg ich Probleme mit meinem Blutzucker."
Oder dem vornehmen Geparden Sir Tobi:
"Wäre einer der Gentleman so freundlich, mir einen kleinen Snack zu reichen?"
Überhaupt: Christoph Maria Herbst gibt der Reihe den Kultstatus, den sie mittlerweile genießt. Die Tiere jedenfalls erkennen: Sie müssen über alle Rassen hinweg zusammen halten, um gemeinsam den Fall zu lösen.
"Na bitte, geht doch!"
"Dickes Fell" von Moritz Matthies ist gute Unterhaltung und lebt in erster Linie von den überraschenden Wendungen und dem Sprachwitz. Und wenn Ray abends zu den Sternen schaut und philosophiert, dann wird das Erdmännchen einmal mehr menschlicher als so mancher Mensch.
"Ob man Millionen Jahre existiert oder nur einen einzigen Tag ist vielleicht nicht entscheidend. Ich vermute, es gibt Eintagsfliegen, die zufrieden den Löffel abgeben und Riesenschildkröten, die verbissen darauf hin arbeiten, auch noch ihren 300. Geburtstag zu erleben. Die Frage lautet also nicht, was das Geheimnis eines langen Lebens ist, sondern, wie man ein glückliches Leben führt."

Moritz Matthies: "Dickes Fell. Familie raubt dir den letzten Nerv. Aber ohne wär´s auch blöd."
Argon Verlag, März 2015
Sprecher: Christoph Maria Herbst
5 Stunden, 6 Minuten, 4 CDs in Multibox, 19,95 Euro
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