Hörbuch: Die Zeitmaschine" von H.G. Wells

Rasante Reise in die Zukunft

Lichtstreifen auf einer Autofahrbahn
Die Reise in die Zukunft geht zunächst in das Jahr in das Jahr 802.701 © imago/STPP
Von Andi Hörmann · 01.08.2016
Der Roman "Die Zeitmaschine" von H.G. Wells gilt als Meilenstein der Science Fiction. Die Hörbuch-Fassung besticht mit großartiger Musik und einem Sprecher, den man als Gegenspieler von James Bond kennt.
Ende des 19. Jahrhundert, im viktorianischen Zeitalter, Großbritanniens Wirtschaft floriert, die industrielle Revolution ist auf dem Vormarsch. Ein Salonabend einer Herrengesellschaft aus Akademikern. Das Kaminfeuer knistert. Der Diskurs dreht sich um Raum und Zeit.
"Es ist klar, dass jeder tatsächlich vorhandene Körper sich in vier Dimensionen ausdehnen muss. In Länge, Breite, Höhe und in Dauer."
Es geht um eine "Zeitmaschine":
"Der Zeitreisende, denn so wollen wir ihn der Bequemlichkeit halber nennen, war im Begriff uns eine geheimnisvolle Sache darzulegen. Seine grauen Augen funkelten und blitzten und sein sonst so blasses Gesicht war lebhaft gerötet."

Menschenartige Ratten

Der namenlose "Zeitreisende" demonstriert ein Modell seiner Zeitmaschine seinen skeptischen Freunden - darunter ein Journalist, ein Psychologen und ein Arzt. Später, im stillen Kämmerlein: Der Selbstversuch des Erfinders.
"Ich drückte den Hebel bis zum Anschlag nieder. Die Nacht brach herein. So plötzlich wie wenn man eine Lampe auslöscht. Und im nächsten Augenblick brach schon der nächste Tag an. Das Laboratorium verschwamm mehr und mehr in einem Nebel. Die morgige Nacht brach schwarz herein und dann wurde es abwechselnd Tag und wieder Nacht. Immer schneller und schneller. Ein Wirbel von Geräuschen dröhnte in meinen Ohren. Und eine sonderbare, dumpfe Verwirrung trübte meine Sinne."
Die erste Reise in die Zukunft geht in das Jahr 802.701. Die Welt wird von zwei gegensätzlichen Arten von Lebewesen menschlicher Abstammung bewohnt. Sie haben sich im Verlauf von Jahrtausenden zu zwei Menschenrassen weiterentwickelt: Den oberirdisch lebenden Eloi und den unterirdischen Morlocks. Blühende Unschuld auf der Erde, fahles Zombiereich im Untergrund - Paradies und Hölle - und dazwischen der Zeitreisende als Kämpfer zwischen gut und böse.
"Ich richtete mich auf, schüttelte diese menschenartigen Ratten ab, packte die Stange und schlug dort hin, wo ich ihre Gesichter vermutete. Ich spürte wie Fleisch und Knochen unter meinen Schlägen nachgaben."
Die ungekürzte Lesung von H.G. Wells "Die Zeitmaschine" besticht durch einen fantastischen Sprecher: Schauspieler Götz Otto - bekannt als Bond-Bösewicht - legt viel Gefühl in den Text. Seine sonore Stimme hat einen fast väterlichen Erzählton, der Abenteuerlust und Albtraum gleichermaßen transportiert.

Kleine akustische Akzente

"So reiste ich zurück. Lange Zeit musste ich besinnungslos in der Maschine gesessen haben. Die blitzschnelle Aufeinanderfolge von Tag und Nacht setzte wieder ein. Die Sonne war jetzt wieder golden und der Himmel blau. Ich atmete wieder leichter. Die fließenden Konturen der Erde veränderten sich unaufhörlich. Die Zeiger auf meinen Zifferblättern kreisten rückwärts…"
Diese Hörbuchfassung von H.G. Wells "Die Zeitmaschine", die Geschichte gilt als Meilenstein der Science Fiction, lebt aber auch durch kleine akustische Akzente: das Atmen der Figuren, das Ticken der Uhr, das Knistern des Feuers, das Vogelgezwitscher der Natur - und dann ist da noch der Soundtrack: Er stammt von Russell Garcia aus der bekanntesten Verfilmung zur "Zeitmaschine" von 1960:
Großartige Musik, großartiger Sprecher und dazu dieser zeitlos großartige Text der "Science Fiction" mit seiner Stahlkraft – ein überaus gelungenes Hörbuch!
"Ich fürchte ich kann ihnen diese sonderbaren Eindrücke einer Fahrt durch die Zeit nicht deutlich machen. Sie sind außerordentlich unangenehm."

H.G. Wells Wells: Die Zeitmaschine
Aus dem Englischen von Annie Reney, Alexandra Auer, gelesen von Götz Otto
Hamburg 2016, 4 CDs
245 Minuten, 14 Euro

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