Hoeneß-Prozess

Ein Eigentor

Der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß (l.), steht am 10.03.2014 als Angeklagter zusammen mit seinen Anwalt Markus Gotzens im Landgericht München II.
Uli Hoeneß (l.) mit seinem Anwalt Markus Gotzens im Landgericht München II © picture-alliance/Sven Hoppe
Von Michael Watzke · 10.03.2014
Mit dem Prozessauftakt ist die Wahrscheinlichkeit stark gestiegen, dass Uli Hoeneß ins Gefängnis muss. Eine Bewährungsstrafe passt nicht zu möglicherweise 18,5 Millionen Euro hinterzogener Steuern, kommentiert Michael Watzke.
Wäre der heutige Prozessauftakt im Fall Hoeneß ein Fußballspiel gewesen, dann stünde Uli Hoeneß schon nach fünf Minuten im Rückstand. Denn seine Verteidigung ist lausig: Mal sagt er, er habe seine Selbstanzeige in aller Ruhe erstellt. Kurz darauf gibt er zu, die Recherchen des "Stern" hätten ihm einen gehörigen Schrecken eingejagt. Das ist ein klassisches Eigentor. Genauso wie der Umstand, dass der Präsident des FC Bayern dem Gericht erst zwei Arbeitstage vor Prozessbeginn wichtige Bankunterlagen zugeschickt hat. Aus denen soll hervorgehen, dass er nicht 3,5 Millionen, sondern bis zu 18,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat.
In Steuerstrafprozessen spielt die Höhe der Hinterziehungssumme eine entscheidende Rolle. Deshalb lautet die Frage jetzt nicht mehr: Geld- oder Haftstrafe? Sondern wie viel Haftstrafe? Bewährung ist nur bei Strafen unter zwei Jahren möglich. Aber eine Strafe unter zwei Jahren passt nicht zu 18,5 Millionen hinterzogener Steuern.
Ist Steuerhinterziehung weniger kriminell als Bestechlichkeit?
Zum Vergleich: Als sich Gerhard Gribkowsky, der ehemalige Risikochef der bayerischen Landesbank, von Formel-1-Unternehmer Bernie Ecclestone schmieren ließ, ging es um rund 36 Millionen Euro. Also in etwa um die doppelte Summe wie jetzt bei Uli Hoeneß. Gribkowsky wurde zu achteinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Wegen Bestechlichkeit.
Aber ist Steuerhinterziehung weniger kriminell als Bestechlichkeit? Beides ist scheinbar leicht verdientes Geld. Beides fügt dem Staat immensen Schaden zu. Denn das Geld, das sich Hoeneß ähnlich wie Gribkowsky erschlichen hat, fehlt am Ende für wichtige Aufgaben.
Mit dem heutigen Prozesstag ist die Wahrscheinlichkeit stark gestiegen, dass Uli Hoeneß am Ende ins Gefängnis muss. Und wer kein Herz aus Stein hat, dem musste der 62-Jährige heute leid tun. Da saß ein Mann auf der Anklagebank des Landgerichts München, der die Kontrolle verloren hat. Die Kontrolle über seine Finanzen, über sein Leben und über das Bild, das dieses Land von ihm hat. Bisweilen wirkte der Bayern-Boss so verwirrt, dass selbst sein Anwalt Hanns Feigen mit der flachen Hand auf den Tisch schlug und seinen Mandanten aufforderte, keine Geschichten zu erzählen, sondern die Wahrheit.
Die Wahrheit ist: Eine Haftstrafe könnte für Uli Hoeneß der einzige Weg sein, wieder zurück in die Gemeinschaft zu finden. Es schmerzt ihn, so hat er einmal in einem Interview gesagt, nicht mehr auf der guten Seite zu stehen. Er sei ein Paria geworden, klagte der Bayern-Boss. Niemand darf Hoeneß den Platz auf der guten Seite auf Dauer verwehren. Aber der Weg dahin sollte keine Abkürzung sein – nicht bei 18,5 Millionen Euro hinterzogener Steuern.
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