Höfeordnung

Ist in Bayern die Welt noch in Ordnung?

Die Sennerin Lisa Schlagbauer mit ihren Kühen auf einem Bergkamm auf der Rampoldalm in Oberbayern am 15.07.2004.
Eine Sennerin mit ihren Kühen auf einem Bergkamm in Oberbayern. © picture alliance / dpa / Matthias Schrader
Von Susanne Lettenbauer · 18.11.2014
In Bayern werden die Bauernhöfe trotz fehlender Höfeordnung an die Kinder weitervererbt, ohne dass der Betrieb zersplittert wird. Die Bayern pflegen ihre Traditionen. Doch wegen fehlenden Nachwuchses stehen bayerische Bauern vor einem Problemen.
Im Landkreis Weilheim-Schongau, südlich von München stehen die Kühe malerisch vor Alpenkulisse. Die Kuhglocken bimmeln, am Abend treibt der Landwirt das Vieh durchs Dorf in den Stall. Es gibt diese Dörfer im Weilheimer Land, doch es werden weniger. Oft wollen die Kinder nicht mehr in der Landwirtschaft arbeiten, oft fehlen einfach die Erben, weiß Angelika Eberl. Sie berät Hoferben und Hofbesitzer lange bevor es zu einem Todesfall kommt:
"Ja, bei uns in Bayern ist es sehr wichtig, dass der Hof einen Nachfolger bekommt, also die Tradition, dass der Hof von der Elterngeneration auf die Kinder und dann auf deren übergeht ist hier sehr dominant. Das wichtigste für meine Übergeber und jetzige Landwirte ist, dass sie einen Nachfolger haben, fast egal ob Mann oder Frau."
Über Erbregelungen reden Landwirte nicht, schon gar nicht öffentlich. Meistens wird Jahre im Voraus in der Familie besprochen, wer, wann den Hof übernimmt. In einem Übergabevertrag wird der gesamte Betrieb dann an einen Erben übertragen, der sich im Gegenzug dazu verpflichtet, den Hof zu bewirtschaften und seinen Vater im Alter zu versorgen,.
Allerdings ist Land in Bayern knapp, die Versiegelung von Flächen durch Straßenbau und Gewerbegebiete machen frei werdende Flächen auch für Pächter aus der Umgebung hochattraktiv. Der Grund: Größere landwirtschaftliche Betriebe sind rentabler seit dem niedrigen Milchpreis und bei einem Pachtpreis von durchschnittlich 200 Euro pro Hektar im Weilheimer Raum auch erschwinglich:
"Ja, wir haben mittlerweile, was vor Jahren ein Novum gewesen wäre, wir haben Ställe mit mehr als 200 Kühen, Melkroboter sind im Stallneubau mittlerweile fast Standard, die großen Laufställe, entsprechenden Platzbedarf haben sie. Die sind froh um jede Fläche, die sie zusätzlich bekommen können."
Rund drei Prozent der Höfe werden im Jahr aufgegeben, heißt es vom Bayerischen Bauernverband. Die Zahlen gleichen sich seit den 1990er-Jahren. Was bei der Hofübergabe ein Problem geworden ist: Es fehlt vielen Landwirten die Lebensgefährtin auf Dauer. Bauer sucht Frau – für Bayern eine Notwendigkeit, soll der Hof in der Familie bleiben:
"Allerdings ist es allen ganz klar, dass ein Hof nicht allein geführt werden kann und man einen Partner braucht. Wir haben hier viel Viehwirtschaft, da muss man morgens und abends ran, da tut man sich einfacher wenn man zu zweit ist, als wenn man allein wäre."
Bayern verkaufen ihren Hof nicht
Doch ob Frau oder nicht, Nachfolge oder nicht – in Bayern wird der eigene Hof nicht verkauft, eher wird das Erbe verpachtet oder der Kirche überschrieben. Auch aus steuerlichen Gründen. Um landwirtschaftliche Betriebe zu erhalten, gilt im Freistaat die Regelung, dass ein Hof nach Ertragswert und nicht nach Verkehrswert behandelt wird, so Josef Wiedemann vom Generalsekretariat des Bayerischen Bauernverbandes in München:
"Also dieses Zusammenkaufen von Flächen von Agrarfirmen oder fremden Investoren findet in Bayern nicht so statt, weil einfach die Verkehrswerte so hoch sind, die schauen auf die Verzinsung, die durch die Ertrage erzielt werden können und bei uns geht der Ertragswert und Verkehrswert so weit auseinander, dass das Thema weniger da ist. Bei uns ist es so, dass die Höfe weitervererbt werden oder verpachtet werden."
Ausländische Investoren seien bei ihren Landwirten kein Thema, sagt auch Angelika Eberl in Weilheim. Eher kenne sie Fälle, in denen reiche Städter sich ein Bauernhaus kaufen, die Flächen dann versuchen als Bauland auszuweisen, aber das sei durch den Flächennutzungsplan und die Bebauungsrichtlinien in Bayern erschwert. Stattdessen setzen die Hofeigentümer frühzeitig auf andere Organisationsformen, so Wiedemann in München:
"Was auch immer häufiger geschieht ist, dass in Formen von Gesellschaften bürgerlichen Rechts Vater-Sohn, Mutter-Tochter, Vater-Tochter, Mutter-Sohn es in allen möglichen Kombinationen es übergeben wird oder auch mehrere Geschwister den Hof als Gesellschaft übernehmen, weiterführen und weiterentwickeln."
Der Strukturwandel in Bayerns Bauernhöfen vollziehe sich also weniger abrupt als in anderen Bundesländern, betont Wiedemann. Darin seien seine Landwirte sehr wertkonservativ.
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