HIV-Prävention in Südafrika

Werben für Kondome

Kondome mit Erdbeergeschmack werden in der einzigen Kondomfabrik Südafrikas in Durban hergestellt.
Kondome mit Erdbeergeschmack werden in der einzigen Kondomfabrik Südafrikas in Durban hergestellt. © photo courtesy of RRT Medcon
Von Leonie March · 18.07.2016
Die Mutter von Mandisa Dlamini wurde umgebracht, weil sie als erste Frau in Südafrika öffentlich zugab, dass sie HIV-positiv ist. Die heute 30-jährige Mandisa führt den Kampf gegen HIV und Aids heute weiter. Sie bringt Kondome unter die Leute und klärt auf.
Drei junge Frauen auf dem Bürgersteig wecken das Interesse des Minibusfahrers. Er pfeift, setzt zurück und lehnt sich aus dem Fenster. Immer bereit für einen Flirt.
Wie wär's mit einem Kondom, fragt Mandisa Dlamini und hält dem verdutzten Mann eine Packung unter die Nase. Er schüttelt mit dem Kopf und fährt hupend davon.
"Diese Jungs haben viele Sex-Partner. Sie haben Erfolg bei Frauen und Mädchen, weil sie jung sind, Geld und ein Auto haben. Sie bringen ihre Freundinnen zur Schule oder zur Arbeit und zahlen ihnen teilweise sogar ein Taschengeld. Das finden junge Frauen hier attraktiv."

Männer lehnen Kondome oft ab

Mandisa Dlamini will diese Frauen schützen. Nicht nur vor sexueller Ausbeutung, sondern auch vor HIV und Aids. Jede Woche infizieren sich fast 2000 junge Südafrikanerinnen mit dem Virus, erzählt die Aids-Aktivistin. Weit mehr als jede andere Bevölkerungsgruppe.
"Sie sind besonders verletzlich. Sie haben keinen Job, nichts zu essen und tanzen deshalb nach jedermanns Pfeife. Wenn ein Kerl sagt: 'Wir brauchen kein Kondom', dann haben sie ungeschützt Sex. Ich spreche hier nicht von Vergewaltigungen, die leider ebenfalls an der Tagesordnung sind, sondern von ganz normalen Beziehungen."
Den Pappkarton mit den Kondomen unter dem Arm geht die 30-Jährige weiter. Vorbei an den kleinen Häuschen und Wellblechhütten, die überall im Township Ntuzuma dicht an dicht stehen. Die Armut ist unübersehbar.
Mandisa ist hier aufgewachsen, wie so viele bei einer alleinerziehenden, arbeitslosen Mutter. Als sie 14 ist, wird ihre Mutter von Männern aus der Nachbarschaft brutal umgebracht. Auslöser der Gewalt war ein Geständnis.
"Meine Mutter hat das Schweigen vieler Menschen gebrochen, nicht nur in diesem Viertel, sondern in ganz Südafrika. Sie war die erste Frau, die sich im öffentlichen Rundfunk und Fernsehen dazu bekannte, dass sie HIV-positiv ist. Das war damals ein Tabubruch. An der Hauptstraße nach Durban hing ein riesiges Plakat, auf dem ein Skelett zu sehen war. Darüber der Slogan: HIV tötet. Die Leute hatten eine Riesenangst vor jedem, der infiziert war."
Meine Mutter war ein Opfer dieser Angst, sagt Mandisa. Sie selbst führt den Kampf gegen das Stigma heute weiter. Im Andenken an ihre Mutter hat sie die Gugu Dlamini Stiftung gegründet. Sie engagiert sich für die Rechte junger Frauen und sie klärt auf.

Aufklärungsversuch abgewehrt

Selbstbewusst geht Mandisa auf eine Gruppe junger Männer zu. Deren Blicke, die jeden Zentimeter ihres Körpers mustern, ignoriert sie einfach. Unbeeindruckt hält sie ihnen den Karton mit den Kondomen hin.
Dumme Sprüche sind die Antwort: Die Gummis müssten schon groß genug sein, sagt ein Mann und greift sich in den Schritt. Ob Mandisa sie selbst ausprobiert habe, fragt ein anderer. Und sein Kumpel fügt grinsend hinzu: Wenn nicht, dann können wir das jetzt gleich nachholen. Ich brauche sowieso keine Kondome, meint ein bulliger Typ triumphierend. Denn ich habe Blutgruppe A. Damit bin ich immun gegen Aids. Mandisa versucht ihn mit Fakten vom Gegenteil zu überzeugen. Aber der Aufklärungsversuch scheitert. Sie verabschiedet sich freundlich und geht weiter.
"Das Gespräch zeigt, wie viele Mythen sich noch immer um die Krankheit ranken. So einen Unsinn wie mit der Blutgruppe hören wir oft. Trotz aller Aufklärungskampagnen. Das zeigt uns auch, wie weit wir immer noch von dem Ziel einer HIV-freien Generation entfernt sind."
Aufgeben kommt für Mandisa Dlamini jedoch nicht in Frage. Jedes Kondom kann ein Leben retten. Dutzende hat sie heute an den Mann oder die Frau gebracht. Jetzt müssen sie sie nur noch benutzen.
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