Hitlers "Mein Kampf"

Eine kritische Edition, die Lügen entlarvt

Das Hitler-Buch "Mein Kampf" in einer Ausstellung im Deutsch-Russischen Museum Karlshorst.
Eine Ausgabe von Hitlers "Mein Kampf" in einer Ausstellung © picture alliance / ZB - Jens Kalaene
Magnus Brechtken im Gespräch mit Maike Albath · 14.11.2015
Die Urheberrechte an Hitlers "Mein Kampf" erlöschen Anfang 2016. Aus diesem Anlass legt das Münchner Institut für Zeitgeschichte eine kommentierte Edition vor. Die Wissenschaftler sehen in der Entmystifizierung auch einen Beitrag zur historisch-politischen Aufklärung.
Die zentralen Fragestellungen in der fast 2000 Seiten umfassenden Edition lauten: Wie entstanden Hitlers Thesen? Welche Absichten verfolgte er damit? Welchen gesellschaftlichen Rückhalt besaßen Hitlers Behauptungen unter seinen Zeitgenossen? Welche Folgen hatten seine Ankündigungen nach 1933? Und vor allem: Was lässt sich mit dem Stand unseres heutigen Wissens Hitlers unzähligen Behauptungen, Lügen und Absichtserklärungen entgegensetzen?
Hitlers wichtigste programmatische Schrift
Für die Wissenschaftler ist dies ist nicht nur eine historiografische Aufgabe. Angesichts des hohen Symbolwerts, den Hitlers Buch noch immer hat, ist die Entmystifizierung von "Mein Kampf" auch ein Beitrag zur historisch-politischen Aufklärung, erklärt der stellvertretende Direktor des Instituts für Zeitgeschichte Prof. Magnus Brechtken.
"Mein Kampf" ist Hitlers wichtigste programmatische Schrift. Sie entstand in den Jahren 1924 bis 1926 in zwei Bänden. Im ersten Band steht die Frühgeschichte der NSDAP im Vordergrund, im zweiten die politische Programmatik der Nationalsozialisten. Mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler im Januar 1933 schnellten die Verkaufszahlen stark in die Höhe; das Buch wurde zum Bestseller: Bis 1945 wurde es über zwölf Millionen Mal verkauft.
Cover von Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition, hrsg. im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte
Cover von "Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition"© Institut für Zeitgeschichte
Nach dem Selbstmord Hitlers und dem totalen Zusammenbruch des NS-Regimes 1945 übertrugen die alliierten Siegermächte die Rechte am Buch dem Freistaat Bayern. Die Bayerische Staatsregierung nutzte seither das Urheberrecht, um jegliche Neuauflage zu verhindern. Mit dem Erlöschen des Urheberrechts 70 Jahre nach Hitlers Tod steht dieses juristische Instrument aber ab dem kommenden Jahr nicht mehr zur Verfügung.
Wissenschaftliche Kommentierung rahmt Originaltext ein
Hitlers Text ist jedoch schon lange auf vielfältigen Wegen zugänglich: Ob in antiquarischen Buchläden, über legal gedruckte englischsprachige Ausgaben oder über wenige Mausklicks im Internet: "Mein Kampf" findet jedes Jahr neue Leser, Agitatoren - und Geschäftemacher. Mit ihrer wissenschaftlich kommentierten Fassung wollen die Münchner Historiker dem ideologisch-propagandistischen wie kommerziellen Missbrauch von entgegenwirken.
Die Edition des Instituts für Zeitgeschichte wendet sich daher in Form und Stil an einen breiten Leserkreis. Durch eine Art "Einrahmung" des Originaltexts in Form einer Einleitung und einer ausführlichen wissenschaftlichen Kommentierung entsteht ein Subtext zu "Mein Kampf", durch den rasch klar wird, wie Hitlers Ideologie entstand, wie selektiv und verzerrt er die Wirklichkeit wahrnahm und auch, welche schrecklichen Folgen sich aus ihr ergaben.

Hitler, Mein Kampf. Eine kritische Edition
Herausgegeben im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte
von Christian Hartmann, Thomas Vordermayer,
Othmar Plöckinger, Roman Töppel
unter Mitarbeit von Edith Raim,
Pascal Trees, Angelika Reizle, Martina Seewald-Mooser
lieferbar ab Januar 2016
2000 Seiten, 59,oo Euro

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