Hilde Schramm

Nur gute Erfahrungen mit Flüchtlingen

Hilde Schramm, die Tochter des Hitler-Architekten Albert Speer und Initiatorin von "Respekt für Griechenland".
Hilde Schramm ist Initiatorin von "Respekt für Griechenland" © Imago Stock & People
Hilde Schramm im Gespräch mit Klaus Pokatzky · 08.08.2016
Politisch aktiv war Hilde Schramm schon immer. Eigentlich wollte es die inzwischen 80-jährige nun etwas ruhiger angehen lassen, "aber dann habe ich mich richtig aufgeregt, und das tue ich gar nicht häufig".
Hilde Schramm saß für Bündnis 90/ Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, war in der Friedensbewegung engagiert, kämpfte privat und beruflich gegen Rassismus und gründete eine Stiftung zur Unterstützung jüdischer Frauen in Kunst und Wissenschaft. Die Erziehungswissenschaftlerin und Tochter von Hitlers Rüstungsminister Albert Speer erhielt für ihr Lebenswerk den Moses-Mendelsohn-Preis der Stadt Berlin.
2015 gründete sie dann zusammen mit anderen ihre jüngste Initiative: "Respekt für Griechenland"; empörend fand sie, dass man die gewählte Syriza-Regierung "behandelt hat wie dumme kleine Schuljungen, und dass man ihnen Spardiktate aufgedrückt hat, die nur die Wirtschaft immer mehr in Schwierigkeiten bringen, die Leute immer mehr in Armut bringen, die Arbeitslosigkeit steigt".
Die deutsche Regierung sei federführend in Europa für diese Sparpolitik verantwortlich:
"Das finde ich eine richtig dumme, unverantwortliche und kurzsichtige Politik, so macht man Europa kaputt. Und nicht, wenn man ein paar Flüchtlinge hierher holt."

Auf private Spenden angewiesen

"Respekt für Griechenland" sei eine kleine Initiative, das Hauptthema im Moment Flüchtlingsarbeit in Griechenland zu unterstützen, so Schramm.
"In letzter Zeit haben wir hauptsächlich Leute in unser Team auf Lesbos aufgenommen, die Farsi oder Arabisch sprechen – das ist das allerwichtigste, es gibt nicht viele dort, die das können. Dann solche, die juristische Kenntnisse haben und dann eben medizinisches Personal."
Die Initiative sei ganz auf private Spenden angewiesen, "gegenwärtig wissen wir schier nicht mehr, wie wir weitermachen können". Deswegen bettele sie nun bei Freunden.
Hilde Schramm lebt seit Jahrzehnten in einer Wohn- und Hausgemeinschaft, als Räume frei wurden, hat sie vier syrische Flüchtlinge aufgenommen:
"Es ist sehr sehr schön und ganz umkompliziert. Wir reden über ihre Kultur, ihre Geschichte, ihre Situation, und sie wollen viel von mir wissen. Wir haben eine gemeinsame Küche, wir haben zwei Bäder, aber mein Bad teile ich auch mit zwei jungen Männern, das macht mir nichts, das bin ich gewohnt, weil ich ja immer in Wohngemeinschaften gelebt habe."
Die neuen Mitbewohner seien sehr hilfsbereit:
"Und sie wissen ja auch, ich bin eine alte Dame, obwohl sie mir so nicht begegnen. Aber wenn sie sehen, dass ich etwas trage, ich trage nicht gern, dann kommen sie angelaufen und helfen mir und fragen, ob sie mir was einkaufen dürfen."
Dabei seien sie "wahnsinnig zuvorkommend, aber nicht devot". Schramm schwärmt:
"Sowas Angenehmes und Unkompliziertes habe ich in meiner Wohnsituation, glaube ich, überhaupt noch nicht erlebt."

"Eine ganz wichtige Erfahrung"

Helfen scheint anzustecken. So ging einer von Hilde Schramms syrischen Mitbewohnern nach seiner Approbationsprüfung für einen Monat in das Lager Moria auf Lesbos, als Arzt und als Sprachmittler.
"Durch das eigene Flüchtlingsschicksal ist er ja auch sensibel und aufgeschlossen gegenüber anderen. Das war für uns ganz wunderbar, aber auch für ihn, er hat neue Freunde gewonnen, auch in dem Team, auch aus anderen Ländern, auch aus Deutschland. Er selber sagt, das sei eine ganz wichtige Erfahrung für ihn gewesen."
Deutschland könne mehr Flüchtlinge aufnehmen, meint Hilde Schramm.
"Meine Erfahrungen mit meinen Bewohnern sind nur gut."
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