Heute vor 60 Jahren endete der Zweite Weltkrieg

Von Volker Ullrich · 08.05.2005
Vor sechzig Jahren endete am 8. Mai der 2. Weltkrieg.
Victory-Day - jubelnde und singende Menschen in London. Wie in London so feierten überall auf der Welt am 8. Mai 1945 die Menschen den Victory-Europe-Day - den Tag des Sieges über Hitler in Europa. In der Whitehall sprach der britische Premierminister Winston Churchill zur jubelnden Menge.

"God bless you all. This is your victory [...]"

Bis zuletzt hatte Hitlers Nachfolger, Großadmiral Karl Dönitz, der sich mit der neuen Reichsregierung nach Flensburg abgesetzt hatte, versucht, das Ende des Krieges hinauszuzögern, um noch möglichst viele seiner Soldaten dem Zugriff der Roten Armee zu entziehen. Am 5. Mai schickte er Generaladmiral Hans Georg von Friedeburg in das Hauptquartier des Oberkommandierenden der Alliierten nach Reims, um eine stufenweise Teilkapitulation der deutschen Streitkräfte im Westen anzubieten. Doch General Dwight D. Eisenhower bestand ultimativ auf sofortiger und bedingungsloser Kapitulation an allen Fronten, wie sie mit dem sowjetischen Verbündeten in Casablanca im Januar 1943 verabredet worden war. Er drohte im Falle einer deutschen Weigerung, den Bombenkrieg wieder aufzunehmen und Soldaten, die sich nach Westen hatten retten können, den Russen als Kriegsgefangene auszuliefern. Auch Generaloberst Alfred Jodl, der Chef des Wehrmachtführungsstabes, der einen Tag später in Reims eintraf, konnte nichts mehr ausrichten. Er sehe keinen anderen Ausweg "als Chaos oder Unterzeichnung", telegrafierte er in der Nacht zum 6. Mai nach Flensburg. Vor diese Alternative gestellt, erklärte sich Dönitz schließlich mit der Gesamtkapitulation einverstanden.

In den Morgenstunden des 7. Mai setzte Jodl seine Unterschrift unter die Kapitulationsurkunde. Über Radio Luxemburg kam die erste Nachricht:

" [...] Dieser Meldung gemäß wurde die Kapitulation heute um 2.41 morgens unterzeichnet."

Die Gesamtkapitulation sollte am 8. Mai um 23.01 Uhr mitteleuropäischer Zeit wirksam werden. Doch der sowjetische Diktator Stalin blieb misstrauisch. Bis zuletzt befürchtete er, die Westalliierten könnten ein doppeltes Spiel mit ihm treiben. Da die Amerikaner in Reims eine gekürzte Fassung des vorbereiteten Kapitulationstextes verwendet hatten, verlangte er eine Wiederholung der Zeremonie im sowjetischen Hauptquartier in Berlin-Karlshorst, und zwar mit dem alten Text. Außerdem sollten diesmal neben dem Oberkommando der Wehrmacht auch Repräsentanten der drei Wehrmachtteile daran teilnehmen.

So wurde am 9. Mai, kurz nach Mitternacht um 0.16 Uhr, die Kapitulationsurkunde noch einmal unterzeichnet: auf deutscher Seite von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel als Chef des Oberkommandos der Wehrmacht, von Admiral von Friedeburg für die Kriegsmarine und von Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff für die Luftwaffe. Auf alliierter Seite unterschrieben Marschall Geogij Schukow für die Sowjetunion sowie drei Vertreter der amerikanischen, britischen und französischen Bundesgenossen. Erst jetzt war der Zweite Weltkrieg in Europa beendet.
Am Abend des 9. Mai strahlte der Reichssender Flensburg den letzten Bericht des Oberkommandos der Wehrmacht aus:

"Seit Mitternacht schweigen nun an allen Fronten die Waffen [...] Die deutsche Wehrmacht ist am Ende einer gewaltigen Übermacht ehrenvoll unterlegen."

Dies war die Geburtsstunde einer Legende: die von der "sauberen" Wehrmacht, die bis zuletzt "anständig" gekämpft habe. Es sollte ein halbes Jahrhundert dauern, bis diese Legende endgültig der Vergangenheit angehörte.

Fünfzig Millionen Tote, unendliches Leid und unermessliche Zerstörungen hatte der Zweite Weltkrieg gebracht, den Hitler am 1. September 1939 entfesselt hatte.