Hesiods "Theogonie" als Hörbuch

Poetisch verzauberte Götterwelt

Büste des Hesiod - Kopie eines griechischen Originals aus römischer Zeit - Ausstellungsstück im Archäologischen Nationalmuseum in Athen.
Ein Büste des griechischen Dichters Hesiod © imag o/ Andreas Neumeier
Von Michael Opitz · 03.08.2015
Sie ist eine der Hauptquellen der griechischen Mythologie. Seine "Theogonie" verfasste der Bauer Hesiod, nachdem ihn die Musen geküsst hatten. Den kunstvoll poetischen Kosmos der griechischen Göttergeschichte gibt es jetzt als Hörbuch.
"Zeus ließ einen Adler gegen den fintenreichen Prometheus – ja einen Adler, gegen Prometheus – einen Adler mit mächtigen Schwingen, auf das er an seiner unsterblichen Leber fresse, welche des nachts um ebenso viel Nachwuchs, wie der Greifvogel des tags verzehrte – ein Adler mit mächtigen Schwingen."
Eine Hauptquelle mythologischen Wissens
Ordnend greift Hesiods 700 v. Chr. entstandene "Theogonie" - eine der Hauptquellen unseres heutigen Wissens über die Mythologie - in die griechische Götterwelt ein. Hesiod erzählt von der Entstehung der Welt, vom Chaos, vom Kampf gegen die Titanen und vom Adler, der Prometheus quälte.
"Doch der waghalsige Sohn der schönfüssigen Alkmene schoss ihn ab – Herakles befreite den Sohn des Lápetos von seinem Siechtum und erlöste ihn von seinen Qualen und Zeus, der vom Olymp aus herrscht, hatte nichts einzuwenden"
Die Musen waren es, die Hesiod am Fuße des Berges Helikon das Singen lehrten. Zu ihm sprachen sie und ihm erzählten sie, was sich zutrug in der Götterwelt. Ihnen also verdankt er sein Wissen und er weiß, was er ihnen schuldig ist: Einen Lobgesang!
"Kommt! Lasst uns mit den Musen beginnen, die mit ihrem Singen
den weitsichtigen Zeus erfreuen, den Vater am Olymp
die weissagen was ist was sein wird und was einmal war"
Verführerische Stimmen sorgen für Spannung
Für die Hörspielfassung hat Regisseur Klaus Buhlert neben Manfred Zapatka, - als sachlichem Erzähler – mit Jens Harzer und Valery Tscheplanowa zwei junge Schauspieler gewonnen, die mit ihren verführerischen Stimmen dafür sorgen, dass sich eine innere Spannung aufbaut. Auch oder trotz der zahlreichen hetithischen und semitischen Quellen, die Hesiods Text ergänzen. Denn das hat zwar seinen philologischen Reiz, aber in der Hörspielfassung hätte darauf verzichtet werden können, denn die "Theogonie" ist zwar ein kunstvoller, aber auch ein handlungsarmer Text.
Durch Schrotts Einfügungen aber kommen zu den vielen Namen weitere Namen hinzu, sodass von Mnemosyne geküsst sein muss, wer in diesem "Who ist Who" der griechischen Götterwelt den Überblick behalten will. Doch es kommt nicht darauf an, sich jeden Namen zu merken. Raoul Schrott wollte - darin Hesiod vergleichbar - wissen, wie es angefangen hat.
"Sagt es mir, ihr Musen, die ihr auf dem Olymp lebt sagt – wie fing alles an und was entstand von allem als Erstes."
Verzaubernde Sprache mit poetischer Kraft
"Zuallererst war da nur Chaos der aufklaffende Abgrund:
Aus ihm erwuchs Gaia die breitbrüstige Erde als ewig fester Grund

Für alle Unsterblichen die am Gipfel des verschneiten Olymp leben
der neblige Tartaros in der fernen Tiefe unter der weitläufigen Erde

und Eros dieser Allerschönste der Unsterblichen
der den kleinen Tod der liebe bringt – und Göttern
wie Menschen die Hellsicht des Verstandes nimmt".
An diesem Hörspiel werden nicht nur Altphilologen ihre Freude finden, was an der poetischen Kraft des Textes liegt. Die Musen haben Hesiod eine verzaubernde Sprache eingehaucht. Dem Hörspiel gelingt es – dank der drei großartigen Sprecher und Sprecherinnen – sie zum Klingen zu bringen.

Hesiod: Theogonie
Übersetzt und ergänzt um hethitische und semitische Quellen von Raoul Schrott
Der Hörverlag, München 2015
2 CDs, 14,99 Euro

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