Herrscher auf dem Grünen Hügel

Von Barbara Roth · 25.04.2005
Wolfgang Wagner, Leiter der Bayreuther Festspiele, wurde mit dem großen Bundesverdienstkreuz mit Stern ausgezeichnet. Mit der höchsten Auszeichnung würdigte der Bundespräsident seine Verdienste um das künstlerische Erbe des Großvaters, des Komponisten Richard Wagner. Ans Aufhören denkt der 85-Jährige scheinbar noch immer nicht.
Der alte Herr mit den schneeweißen Haaren freute sich wie ein kleines Kind. Schon oft ist Wolfgang Wagner gewürdigt und mit Orden behängt worden. Das große Bundesverdienstkreuz mit Stern aber ist - seinen eigenen Worten nach - auch für einen 85-Jährigen etwas ganz besonderes. Der Leiter der Bayreuther Festspiele zeigte sich sichtlich gerührt.

Das große Bundesverdienstkreuz mit Stern ist immerhin die höchste Auszeichnung, die der Bundespräsident zu vergeben hat. Etwaige Diskussion, ob er die Ehrung verdiene oder nicht, quittierte der Festspielpatriarch mit einem jungenhaften Lächeln.

Bei einer Feierstunde in der Münchner Staatskanzlei konnte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber dem nur zustimmen. Der Regierungschef, der alljährlich die Eröffnung der Bayreuther Festspiele besucht, würdigte Wagner für langjährige Verdienste um das künstlerische Erbe des Großvaters, Komponist Richard Wagner. Wobei Stoiber schwärmerisch betonte, dass nicht nur Bayern, nicht nur Deutschland, sondern ganz Europa stolz sein sollte auf einen so engagierten Mann.

Vor über einem halben Jahrhundert nahm sich Wolfgang Wagner dem großen Vermächtnis seines Großvaters an. Eigentlich sollte 2002 definitiv Schluss sein. Mit 83 Jahren, so befand der damalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair, wäre es für Wolfgang Wagner an der Zeit, in den Ruhestand zu gehen. Doch da hatten die bayerischen Landespolitiker die Rechnung ohne den fränkischen Dickschädel gemacht: Nicht einen Millimeter werde er vom Grünen Hügel weichen, polterte Wagner - und so kam es dann auch.

Er pochte auf seinen Vertrag auf Lebenszeit. Ans Aufhören denkt der 85-Jährige scheinbar noch immer nicht. Körperlich nach einem schweren Sturz angeschlagen – ließ er sich die Frage nach dem Zeitpunkt seines möglichen Rücktritts widerwillig gefallen. Die Augen aber blitzten streng.

Bekannterweise wünscht sich Wagner seine Tochter Katharina als Nachfolgerin. Doch noch ist die 27-Jährige unschlüssig, ob sie in die Fußstapfen des Vaters treten will. Sie wisse noch nicht, ob sie seine Nachfolge übernehmen mag, wurde ihr Vater jüngst in einem Zeitungsinterview zitiert.

Wolfgang Wagner liebt Fragen nach seinem Abgang nicht. Auch Ehefrau Gudrun schüttelte im Hintergrund ungeduldig den Kopf. Und die Mitarbeiter von Ministerpräsident Stoiber drängten zum Sektempfang. Derweil wischt der 85-Jährige den kurz aufgeflammten Ärger weg – er spricht lieber von seinem Lebenswerk, das er durch die Auszeichnung gewürdigt sieht. Endlich – wie er zwischen den Zeilen durchklingen lässt.

Ob er in diesem Festival-Sommer nochmals ein Experiment wagen wird, wie er es mit Christoph Schlingensief eingegangen war – das erzählte Wolfgang Wagner nicht. Die Presse wurde nach draußen gebeten – Ministerpräsident Stoiber und Bayerns Kunstminister Thomas Goppel wünschten es so. Ob beim anschließenden Gespräch in kleiner Runde das heikle Thema Nachfolge angesprochen wurde – die Staatskanzlei blieb eine Antwort schuldig.

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Die Bayreuther Festspiele 2005 finden vom 25. Juli bis 28. August statt.

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