Heimsport in der digitalen Welt

Rudern im Schlafzimmer

Ein Heimtrainer ist ein echtes Luxusprodukt geworden.
Ein Heimtrainer ist ein echtes Luxusprodukt geworden. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Von Dieter Jandt · 27.03.2016
Heimsportgeräte werden gerne gekauft - und verstauben häufig ungenutzt in der Zimmerecke. Dabei werden diese Maschinen immer pfiffiger: Mit ihnen kann man den Blutdruck und andere Körperwerte messen. Doch was bringen Laufbänder und Rudergeräte wirklich?
Unzählige Menschen haben ein Fahrrad im Arbeitszimmer stehen, mit dem sie nicht von der Stelle kommen, weil es ein Heimtrainer ist. Oder sie ackern im Schlafzimmer am Rudergerät, quälen sich über ein Laufband im Flur, angeblich. Denn tatsächlich werden diese Heimsportgeräte nach ziemlich kurzer Zeit links stehengelassen, sagen Statistiker.
Dabei werden diese Maschinen in der Ausstattung immer pfiffiger: Mit ihnen kann man nicht nur den Blutdruck messen, sondern auch den allgemeinen Gesundheitszustand im Quadrat. Angeblich ist man wieder einmal mitten im Boom, Fitnessstudios hätten ausgedient, so die Branche. Der Weg zum Sport ist denkbar kurz, und alles was es braucht, ist ein wenig Disziplin. Viele Einzelkämpfer ödet es bald an, sich allein im stillen Kämmerlein abzuquälen. Die aber, die es konsequent tun, neigen nicht selten zu ungesundem Handeln.

Das Manuskript zum Nachlesen:
Unzählige Menschen haben ein Fahrrad im Arbeitszimmer stehen, mit dem sie nicht von der Stelle kommen, weil es ein Heimtrainer ist. Oder sie quälen sich im Flur über ein Laufband, rackern im Schlafzimmer am Rudergerät. Sogar Wasser rauscht dazu.
Da hat man ja richtig das Gefühl, wenn man die Augen zumacht, man wäre auf dem Baldeneysee.
"Du kannst simulieren, dass du also den Berg hochfährst, und ja ..."
Kann man da auch die Tour de France nachfahren?
"Ich denke schon, da kannst du wirklich, du könntest das ja zum Beispiel kombinieren mit dem Fernseher. Also das könnte man schon, aber wie gesagt, das haben wir noch nicht ausprobiert, insofern kann ich da jetzt nix zu sagen."
Hannelore Ellrich, eine mittelalte, fitte Frau mit reichlich Disziplin auf dem Heimrad.
"Also ich benutz das regelmäßig. Ich muss nirgendwohin gehen, ich kann es im Schlafanzug machen, und ja. Ich muss nicht raus. Ich hab keine Lust, ins Fitnessstudio zu rennen. Ich bin 1000-mal dagewesen, und geh dann irgendwann einfach nicht mehr hin, und ich mach es zu Hause."
Soeben hat sie sich mit ihrem Mann ein neues Gerät angeschafft, ein sogenanntes Spinning Bike, was immer das sein soll.
"Das ist einfach kein normales Rad. Ich weiß gar nicht, was heißt dieses Spinning eigentlich?"
Der Mann surft mit dem iPhone im Internet, um sich schlau zu machen.
"Hab's grad nachgeguckt: pyramidenförmiges Spielzeug, üblich zum jüdischen Hanukafest."
"Häh? Das hat aber nichts mit diesem Fahrrad meines Erachtens zu tun."
"Spinning top."
"Ja, Top ist ja nicht das Rad. Das ist neu, wie du siehst, wackelt hier noch alles, das steht hier im Wohnzimmer, damit wir dabei Fernsehen gucken können, und das ist kein normales Fahrrad, das ist ein Spinning-Rad, der Sinn der Sache ist, du musst also full power machen. Also eine halbe Stunde, bis du wirklich fast vom Rad fällst. Das der Sinn der Sache."
Man liegt eher auf dem Teil als dass man sitzt, ähnlich wie bei einer rasanten Abfahrt vom Col de Tourmalet, wenn man eine möglichst windschnittige Haltung einnehmen will. Der Unterschied: Ich muss mir auf dem Gipfel keine Zeitung unter das Trikot schieben. Die Gefahr des Auskühlens besteht vor dem Fernseher nicht.
"Normalerweise mach ich zumindest so, dass ich noch piep sagen kann. Dass ich noch Luft bekomme."
Hannelore Ellrich verfügt über fünf oder sechs Geräte. So genau lässt sich das nicht mehr nachverfolgen.
"Jetzt gehen wir mal hoch. Also oben steht mein Crosstrainer, den benutze ich, also da gehe ich mehr oder weniger jeden Tag drauf. Da ich heute schon drauf war, hab ich jetzt keine Lust mehr."
Einen Crosstrainer kennt jeder, der einmal ein Fitnessstudio aufgesucht hat: Man ruckelt an zwei büffelhornartigen Stangen herum, drückt mit den Füßen abwechselnd auf die Pedale und kommt so in eine Art Laufhaltung, wiederum ohne vorwärts zu kommen.
"Da setze ich mir halt Kopfhörer auf, und 20 Minuten, 25 Minuten. Also das ganz einfach, ne. Also das jetzt nix, also kannste nach vorne, zurück..."
"Das kann man im Prinzip sich so ein bisschen individuell gestalten das Training, je nachdem, was man halt machen möchte, kann man das zehn Minuten machen, auch eine halbe Stunde."
Timo Wuttke, Filialleiter einer Handelskette für Sportgeräte. Der Mann arbeitet sich auf einem so genannten Waterrower ab, schlicht gesprochen einem Rudergerät. Also hockt er auf einem schmalen Schalensitz und legt sich in die Riemen, während das Wasser rauscht, und ich stelle mir vor, wie ich eifrig im Schlafzimmer rudere, die Frau liegt vor mir im Bett und schläft bereits, ich aber habe die Augen geschlossen und wähne mich auf einem weiten, weiten See.
"Wichtig ist halt immer, dass man sich ein Trainingsgerät auch aussucht, wo man vielleicht auch selber Spaß dran hat. Ich erleb dass schon recht häufig, dass dann Kunden reinkommen und die erzählen dann von Bekannten, die halt so ein Fitnessgerät haben und merken dann aber vielleicht beim Ausprobieren, dass das gar nicht für sie geeignet ist. Und dann sollte man schon ehrlich sein und gucken, was gefällt mir und dementsprechend dann auch in die Richtung tendieren. Wasser rauschen."
Doppelvierer oder Achter sind in der Heimsportszene noch nicht zu sehen, und da wäre dann wohl auch der Punkt erreicht, wo ich mich fragen sollte, ob ich nicht doch lieber einen echten See aufsuche.
"Die Besonderheit bei denen halt ist, dass sie mit einem Wassertank arbeiten, und die Geräte im Prinzip vom Rahmen her aus Holz gefertigt werden, und man kann im Prinzip sich das nach der Inneneinrichtung von zu Hause aussuchen, ob man das in Eiche, in Esche, in Nussbaum oder sogar Kirsche haben möchte, Edelstahl gibt es auch, die Technik an sich basiert aber immer auf dem gleichen Prinzip, dass ich einen Wassertank habe mit einem Schaufelrad, und wie auf dem Wasser eine gleichmäßige, weiche Zugbewegung habe. Und diese reagiert auf meine Zugintensität, das heißt, wenn ich nur langsam ziehe, vergleichbar mit dem Paddeln im Wasser, habe ich einen leichten Widerstand, versuche ich, das Paddel schnell durchs Wasser zu ziehen, habe ich natürlich einen höheren Widerstand."

Ein Rudergerät bietet gutes Training

Sicherlich nimmt ein Rudergerät, wo auch immer es steht, mehr Platz weg als ein schlichtes Heimrad, aber es scheint mehr für den Körper zu bringen als ein Abstrampeln auf einem Spinning Bike, auf dem man in fast waagerechter Haltung auf Tempo macht.
"Es ist ein sehr gutes Ganzkörpertrainingsgerät, wo circa 80 Prozent der Hauptmuskelgruppen auch aktiviert werden, wichtig natürlich ist dabei, dass man das halt auch vernünftig macht, von der Durchführung."
Wer glaubt, er pflüge allein durchs imaginäre Wasser, dem sei gesagt, dem ist bei Weitem nicht so. Weltweit rudern Recken einen Waterrower, der eine wie auf dem Titicacasee, ein anderer wie auf einem Gewässer in der Mongolei, und ich kann mich sogar mit ihnen kurzschließen, um sie zu besiegen.
"Dass man im Prinzip auch hier die Möglichkeit hat, online über eine Plattform weltweit gegen andere Ruderer zu rudern. Die halt auch einen Waterrower besitzen, also da gibt's auch so ne eigene Software, die man sich runterladen kann, und könnte im Prinzip auch hier in Sachen Animation das noch ein bisschen schöner gestalten."
Drüben am anderen Ende der Halle einige niedrige, runde Geräte, die eigentlich eher als Kinderkram anzusehen sind. Was vermutlich auch der Grund ist, dass sie in Fitnessstudios eher links liegen gelassen werden. Wer Muskelaufbau im Sinn hat, der hüpft nicht auf einem Trampolin herum. Was soll das bringen?
"Die wurden lange Zeit immer ein bisschen unterschätzt und mehr belächelt, dass man halt sagt, ein bisschen rumhüpfen für zu Hause, bringt es das wirklich? Trampoline im Prinzip ist eigentlich für jede Altersgruppe geeignet. Es gibt sogar noch Haltegriffe, das heißt auch Personen, die vielleicht nicht mehr ganz so sicher sind, können sich da drauf festhalten und können immer noch sehr angenehm schwingen auf dem Trampolin."
"Also jetzt geht's erst mal los mit kräftigem Wippen, und jetzt kann ich aber auch hüpfen, nicht. Hüpfen, so. Siehst du, bist du zufrieden? Oder noch nicht?"
Ein recht betagter Mensch im freien Sprung, ohne Haltegriffe. Der Mann ist 92 Jahre alt und begibt sich drei, vier Mal täglich in seine Kammer unterm Dach.
"Ja, so ehrgeizig bin ich nicht mehr, aber Trampolin mache ich schon 30 Jahre. Und früher bin ich natürlich hoch gehüpft. Und es hat viele wohltätige Wirkungen. Trampolinspringen. Es strafft das gesamte Muskelgewebe, es wirkt gut für den Kreislauf, und es regt sehr die Durchblutung an, vor allem die Durchblutung der Füße, die ja bei den meisten Menschen im Alter nachlässt, nicht."
Gleich nebenan steht ein schlichter Fahrrad-Ergometer, ohne jeglichen Schnickschnack. Auch den besteigt der Herr drei Mal pro Tag, für jeweils zwölf Minuten.
Manchmal ist das Verhalten von Heimsportlern ziemlich paradox. Der Weg zur körperlichen Ertüchtigung ist denkbar kurz, da man nicht vor die Tür muss. Alles was es braucht, ist ein wenig Disziplin. Die aber scheint oft nicht vorhanden. Viele Einzelkämpfer ödet es bald an, sich allein im stillen Kämmerlein abzuquälen. Dahinter steckt meistens der innere Schweinehund.
"Der Schweinehund, der ist weg. Ich bin eher süchtig danach, dass ich meine Portion abarbeite. Und ich versuche, sie auch zu vergessen. Mein Bestreben ist eigentlich, das Zeitgefühl dabei zu verlieren. Ich kann beliebig viel Widerstand hier reinlegen, desto anstrengender wird es. Aber manchmal hab ich auch Lust, einfach so meditativ zu strampeln, das geht ja bis zu ganz langsam. Das geht auch. Und das soll eigentlich genauso gesund sein. Es ist, glaube ich, auch gar nicht so wünschenswert, dass man außer Atem kommt. Liest man wenigstens."
Tatsächlich mehren sich die Expertenmeinungen, nach denen es nicht darauf ankommt, möglichst viel zu leisten, sondern eher wenig, jedoch regelmäßig. Aber es finden sich ja für alles Mögliche Studien.
"Es gibt auch ein gesteigertes Lebensgefühl, diese Struktur, die man sich selbst auferlegt. Das ist das Wichtigste. Ich glaube, die wenigsten halten sowas regelmäßig durch, wenn nicht überhaupt diese Tendenz da ist, das Leben zu gestalten."
"Wenn ich gut drauf bin, geh ich danach noch hier auf meinen Stepper."
Zurück zu Hannelore Ellrich. Wir waren ja mittlerweile in der ersten Etage angekommen, und hier stehen drei, vier Geräte im Flur an der Balustrade angelehnt, und werden sogar genutzt.
"Das ist mein Stepper, da ich mir aber letztens eine Zerrung geholt hab, geht ziemlich auf die Gelenke, das Ding. Also qietschen sollte das eigentlich auch nicht, das müsste der Guido mal ölen, also da kommst du schon ziemlich mit aus der Puste."
Also man kann sich zu Hause auch eine Zerrung holen?
"Ja, also das hab ich mir wirklich auf dem Ding geholt, und zwar hab ich da ziemlich drauf rumgehopst, und da kannst du das Ding noch dazu nehmen, da hast du noch gleichzeitig was für die Muckis. Also das dann aber wirklich anstrengend. So und dann hab ich hier noch so ein Rappelding, aber das weiß ich jetzt gar nicht, ob das ein richtiges Sportgerät ist."

Eine schweißtreibende Angelegenheit

Wieder so ein undefinierbares Ding: Das Bodenteil ist im Gehäuse mit Luftkissen gefüllt. Beiderseits lugen zwei Seilzüge heraus, an denen ich mich abarbeiten kann, während ich, wie auch immer, auf dem Gehäuse herumturne. Von dort führt ein stabiler, breiter Hals in die Höhe, und daran sind die üblichen Haltestangen angebracht. Oben auf dem Hals befindet sich die Software. Angeblich sind 200 Übungen möglich. Die meisten ackern mit den Füßen auf dem Bodenteil herum. Ich kann aber auch Liegestütze darauf machen. Der Körper soll sich gefälligst mit den Muskeln gegen das durch die Luftkissen hervorgerufene Rütteln wehren. Das wird schnell zur schweißtreibenden Angelegenheit.
"Das hier, das ist, ja, ich weiß gar nicht, wie das Ding heißt. Das ist eigentlich dafür da, damit alles etwas straffer wird. Geht man nach zehn Minuten drauf. Also da kannst du mit den Armen oder hinten oder dich drauf stellen, ist egal. Also das haben die in den Fitnessstudios, wie so eine Powerplate-Platte ist das, das hat eigentlich jedes große Fitnessstudio, nur in groß."
Der Mann mischt sich ein, anstatt endlich die Geräte zu ölen oder das Spinning Bike gebrauchsfertig zu machen, das immer noch im Wohnzimmer darauf wartet, in Schwung gebracht zu werden.
"Die Platte bewegt sich, und dadurch dass du da irgendwie komische Verrenkungen machst, so halb gymnastische Übungen, da erfährt das noch mehr Dynamik und –"
"Genau, die Platte vibriert, und das geht dann halt durch den ganzen Körper, und da kannst du halt bestimmte Körperteile, Arme, Beine, Popo und so weiter."
Für die Übungseinheiten auf einer Powerplatte möge man anfangs doch besser einen Coach heranziehen, bevor man sich dem Gerät überlässt. Man kann auch anstatt den Körper zu straffen, ihn schädigen.
Hier oben wär's das mal erst. Gibt's noch was? Auf dem Speicher vielleicht? Ein Laufband mit Blick über die Dächer der Stadt? Eine Reck- oder Teppichstange? Seile, die von den Giebeln herabhängen und zum Salto rückwärts einladen? Oder ist da oben eher Bodenturnen angesagt?
"Eigentlich haben wir noch ein Rudergerät, das steht aber im Keller, weil wir auch nicht wussten, wohin damit. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das stinklangweilig finde. Das ist alles stinklangweilig, du brauchst die richtige Musik dazu, sonst wirst du wahnsinnig. Also wenn ich das wirklich ohne alles machen muss, ist ja schrecklich."
Timo Wuttke: "Entscheidend ist dann meistens der Aufstellort. Im Keller neben der Waschmaschine hat man da nicht wirklich Lust zu, und deswegen sollte man schon gucken, dass man einfach mal Platz schafft im Wohnraum, dass man vielleicht den Sessel rausstellt und das Fahrrad vor den Fernseher einfach positioniert."
Drüben stehen die wuchtigen Stepper. Die sieht man durch die großen Fensterscheiben aller Fitnessstudios dieser Welt. Darauf Menschen, die die breiten Pedale ohne Ende nach unten drücken. Und oben klammern sie sich an die Armstangen.
"Der Trend ist aber doch ein bisschen zurückgegangen, weil die halt auch nicht gerade knieschonend sind, im Vergleich zu diesen Cross- oder Ellipsentrainern, weil auch hier ein Ganzkörpertraining besteht und von ganz unterschiedlichen Bewegungen bis hin wirklich zu einer Stepbewegung eigentlich alles vorhanden ist. Letztendlich ist es aber eine ganz individuelle Geschichte, weil das muss im Prinzip passen wie ein Schuh. Also blind kaufen, das geht meistens in die Hose, sondern die muss man auf jeden Fall ausprobieren."
Die Bewegungen auf einem Stepper ähneln dem Treppensteigen, während ich auf einem Crosstrainer an den beweglichen Griffen auch mit den Armen arbeiten muss.
"Die Bewegungen sind halt alle unterschiedlich, und die Geräte sind auch von den Armstangen nicht gleich konstruiert, sondern manche gehen halt mehr nach vorne, manche gehen nach hinten, und man muss halt schon darauf achten, dass man wirklich einen geraden Stand auch hat, dass der zugelassen wird vom Gerät, und dass ich mich halt nicht im Oberkörper verdrehen muss."
Was auffällt, dass auch der Heimsport längst von der digitalen Welt erfasst wird. Nicht nur, dass ich den Blutdruck messen kann, sondern auch den allgemeinen Gesundheitszustand im Quadrat. Die Software wird immer ausgefeilter und ich kann mich über meine Leistung, die ich auf das Gerät bringe, mit Gott und der Welt vernetzen.
"Der Trend geht halt schon in Richtung Lifestyle-Produkte, also nicht nur, dass die Gesundheit im Vordergrund steht, sondern dabei möchte ich dann natürlich noch mit meinem Smartphone da Daten teilen mit Freunden oder mit dem Tablet, neben dem Training mich noch en bisschen animieren lassen. Man kann auch virtuelle Strecken fahren, und kann die dann halt einem Freund rüberschicken und sagen: Hier, die Strecke bin ich jetzt gefahren, hab eine Stunde gebraucht und hab die Distanz halt zurückgelegt."
"Genau, meine Trainingsdaten kann ich hochladen auf unser Trainingsportal und kann das dort auswerten, und über unsere Trainingssoftware kann ich tatsächlich auch ein Online-Training durchführen, wo ich mich rund um die Welt, wenn ein zweites Kettler-Gerät auf der anderen Seite zur Verfügung gestellt wird, auch mit dem gegeneinander fahren."
Dominik Blümel, technischer Produktmanager eines großen Sportgeräteherstellers. Der Mann präsentiert auf einem ehemaligen Gutshof am westfälischen Möhnesee, was digital so alles möglich ist. Das Unternehmen nutzt eines der Gebäude als Ausstellungsraum für Händler. High-End-Geräte stehen nebeneinander aufgereiht. Spinning Bikes, auf denen ich mich abstrampeln und auf dem Monitor in allen Einzelheiten meine Leistung analysieren und weitergeben kann.
"Ich könnte zum Beispiel hier, wenn ich in Deutschland sitze und mein Trainingsgerät mit meiner Software angeschlossen habe, eine Internetverbindung aufgebaut habe, kann ich mit einer zweiten Person in Amerika, in England miteinander kommunizieren und gegeneinander trainieren."
Das Gleiche gilt auch für Rudergeräte, und ich könnte – rein theoretisch – eine imaginäre Tour auf dem nahegelegenen Möhnesee hinlegen, während sich ein Sportkollege in Übersee oberhalb der Niagarafälle abmüht. Aber bleiben wir auf dem Spinning Bike. Eine der gemeinsten Etappen, die man sich vorstellen kann, steht an.
"Das Training Paris-Roubaix, Sie sehen jetzt hier ein Trainingsvideo, ein sogenanntes Reallife-Video, das sind Videos, die tatsächlich in der Realität aufgenommen werden, und die kann man dann tatsächlich mit dem Profil abfahren, das heißt, die Trainingssoftware reagiert auf die Leistung, die ich einstelle an meinem Ergometer, und ich sehe das tatsächliche Bild in HD und kann das dann auch abfahren."
Dazu bedarf es nur eines weiteren, möglichst großen Bildschirmes, und ich sehe das Kopfsteinpflaster zwischen Paris und Roubaix, der Strecke, die ich soeben entlangfahre, ohne den höchst unangenehmen Straßenbelag auf dem Sattel zu spüren. Zuschauer feuern mich an, oder zumindest kann ich mir einbilden, dass sie mich meinen.

57 Prozent nutzen eine Fitness-App

Doch wer von den Heimsportlern nutzt all die Möglichkeiten, die die heutigen Geräte bieten? Es scheint, dass die meisten es bei der Anzeige der geleisteten Kilowatt und der Pulsfrequenz belassen. Dennoch versichern einschlägige Online-Portale, dass 57 Prozent der deutschen Hobbysportler ihr Smartphone in Verbindung mit einer Fitness-App verwenden, unter anderem um sich mit einem Online-Coach zu verlinken. Auch die geistern mittlerweile im Netz umher, um Trainingsanleitungen zu geben und darauf zu achten, dass ich in den eigenen vier Wänden nicht overpace.
Timo Wuttke: "Was früher der Partykeller war, das wird jetzt zum Fitnessraum oder zur Wellnessoase, und manche Privatpersonen, die kommen dann halt schon und haben einen Plan dabei, wie der Raum halt aussieht von der Größe, und da geht es dann wirklich schon um Einrichten eines kleinen Studios für zu Hause."
Der Fitnessgerätehändler will noch seine Laufbänder empfehlen. Auch die brauchen reichlich Platz. Ein langer, breiter Flur wäre ideal.
"Bei den Laufbändern besteht der Vorteil halt darin, dass man im Prinzip sich so bewegen kann, wie man auch so laufen würde, der Nachteil ist sicherlich, dass die Gelenkbelastung deutlich höher ist, weil man halt immer direkte Stöße hat, und das dann halt auch nicht für jeden möglich ist, sowas zu Hause zu nutzen. Man könnte sicherlich Walken, Powerwalken, aber wenn's dann um Joggen, Laufen geht, muss man sicherlich gucken, ob das die Knie mitmachen."
"Das ist ein Laufband, heißt Home Run, man klappt es zunächst einmal auseinander."
Achim Zolke, sogenannter Head of Communications im Red Dot Design Museum der Essener Zeche Zollverein.
"Und das Schöne daran ist, dass es eigentlich so der missing link ist zwischen Arbeitswelt, Bürowelt und auch der Fitnesswelt. Denn heutzutage ist multitasking ja immer wichtiger, und am besten arbeiten wir ja, während wir uns gerade um unsere Gesundheit kümmern, das geht meistens nicht, aber mit diesem Produkt geht es schon. Denn man kann es im Büro einfach sehr, sehr platzsparend unterbringen, es sieht sogar richtig schick aus, und man kann ein Laptop, ein Tablet oder was auch immer, etwas zum Lesen oben drauf positionieren, während man damit läuft."
Das Laufband Home Run, das eigentlich Office Run heißen müsste, hat den Red Dot Award bekommen, und genau deshalb steht es hier zwischen vielen anderen formschönen Produkten.
"Zum einen wegen der ästhetischen Anmutung. Also es hat wirklich etwas Skulpturales, es sieht eigentlich aus wie ein schickes modernes Sideboard, in auffälligem Rot haben es unsere Juroren gesehen und auch getestet, und all das hat die Juroren überzeugt, hat einen Red Dot bekommen."
Ein kleines, schmales Laufband. Darüber mündet ein Seitenträger im rechten Winkel in eine Fläche, auf die so gerade ein Notebook passt, zum arbeiten.
Was soll man davon halten? Ist das die Revolution der Heimsportwelt? Das Aufbrechen der ursprünglichen Funktion, dass ich nicht mehr rausgehen muss, um Sport zu treiben? Dass ich mein Gerät unter den Arm nehmen und ins Büro tragen kann? Oder verlangt der Arbeitgeber, dass ich nun auch meine Freizeit am Arbeitsplatz verbringe? Auf dem Laufband, wie im Hamsterrad?
"Das Band setzt sich in Bewegung und man fängt an zu laufen oder auch zu walken, momentan ist es noch ein bisschen langsam, piepsen und ein paar Knopfdrücke später hat man eine wesentlich höhere Geschwindigkeit."
Ja, was könnte man da jetzt arbeiten?
"Man könnte etwas lesen, wenn ich einfach nur dafür sorge, dass der Körper in Bewegung ist, dann klappt das schon mit dem Surfen im Internet. Man kann dabei auch tippen, es ist ein bisschen wackliger logischerweise, als wenn man an einem ruhigen Schreibtischstuhl sitzt."
Man kann auch seinen Sekretär oder Sekretärin zusammenfalten.
"Also hier auf dem Laufband sicherlich nicht, weil dafür ist man dann doch zu sehr in Bewegung..."
Also faltet man lieber wieder das Gerät zusammen. Ich kann auch ein Office-Bike mit einem Bürostuhl tauschen. Auch das hat den Red Dot Award gewonnen. Ebenso in rot-weiß, kein Lenker, kein Gestänge, was soll man damit? Nur ein Sattel und ein kleines Gehäuse darunter.
"Man kann es unter den Schreibtisch schieben und quasi ganz unbemerkt Sport treiben, denn hier unter mir sind Pedale angebracht, und ja, es ist eine richtig schöne Trainingseinheit, mit der man unter dem Schreibtisch Fahrrad fahren kann. Ganz einfaches Produkt, keine Software drin, braucht man auch nicht, man bleibt einfach in Bewegung wie bei einem normalen, recht einfach gehaltenen Fitnessobjekt."
Keine Software! Die habe ich ja reichlich vor mir. Auf dem Schreibtisch. Im Computer.
Mal was Grundsätzliches: Lästerer behaupten, man stelle sich solche Geräte nur deshalb ins Haus oder wahlweise ins Büro, um seinem Bild zu entsprechen, dass man von sich hat oder gerne hätte, als einem durchtrainierten Sportsfreund, der stets bereit ist, sich aufs Rad oder Band zu schwingen.
Hannelore Ellrich: "Quatsch. Da kann ich nix mit anfangen. Blödsinn, ja. Wirklich, nö."
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