Heimkino

Der Bergfilm in Serie, er lebt!

Der Schauspieler Hans Sigl posiert im August 2007 am Rande der Dreharbeiten zur ZDF-Fernsehserie "Der Bergdoktor".
Der Schauspieler Hans Sigl posiert im August 2007 am Rande der Dreharbeiten zur ZDF-Fernsehserie "Der Bergdoktor". © picture alliance / dpa / Ursula Düren
Von Noemi Schneider · 19.09.2015
Bergfilme hatten in den 20er- und 30er-Jahren Hochkonjunktur - doch auch in den letzten Jahren erfreuen sie sich in Form von Serien wieder größerer Beliebtheit. Das zeigen "Der Bergdoktor" und "Die Bergretter".
"Ich telegrafiere nach Paris!"
"Ja, schnell!"
"Ich bin gleich wieder zurück!"
"Ja schnell!"
So klingt die Erstbesteigung des Matterhorns, ein Höhepunkt im deutschen Bergfilm, dem Genre, das sich in den 20er-, 30er- und 40er-Jahren dank Luis Trenker, Leni Riefenstahl und Harald Reinl größter Beliebtheit beim Publikum erfreute. Vor atemberaubenden Kulissen, in schwindelerregender und eisiger Höhe kämpften furchtlose Gipfelstürmer miteinander im Wettlauf gegen die Naturgewalt.
Erst Anfang der 90er-Jahre erlebte der Bergfilm ein Revival in Serie, und zwar in der, sich als äußerst publikumstauglich erweisende Kombination aus Berg plus Arzt.
"Und für alle, die es noch nicht wissen, möchte ich die Mitteilung machen, dass unser Sonnenstein schon bald wieder einen neuen Bergdoktor haben wird. Unseren Thomas Burgner."
"Das darf nicht wahr sein!"
"Auf den wir jetzt unser Glas erheben!"
"Was? Papa ist das wahr?"
"Wenn's der Graf sagt!"
ZDF kaufte erstmals eine Privatsenderserie auf
Mit überwiegend bayerischen und österreichischen Volksschauspielern besetzt, flimmerte "Der Bergdoktor" 1992 auf Sat1 zum ersten Mal über die bundesdeutschen Bildschirme und entwickelte sich in kürzester Zeit zur erfolgreichsten Familienserie des Privatsenders. Da die Serie jedoch, das ihr anhaftende Groschenroman-Image einfach nicht ablegen konnte und somit nicht imstande war, das jüngere Zielpublikum anzusprechen, setzte Sat1 den Bergdoktor 1998 ab und zum ersten Mal in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Fernsehens kaufte das ZDF eine Privatsenderserie auf und strahlte alle Folgen erneut zur Prime-Time aus, bevor der Sender gemeinsam mit dem ORF Mitte der 0er-Jahre ein entstaubtes Remake in Auftrag gab.
"Wo soll's denn hingehen?"
"Zum Gruberhof bitte!"
"Spinn ich oder bist's du? Du bist doch der Gruber-Martin, oder?"
"Ja, und du? Bah ist das lang her, ich komm nicht drauf."
"Der Anton."
"Du, ich hab gedacht, du lebst in New York, erzählt dein Bruder jedenfalls immer."
"Und, was verschafft uns die Ehre?"
"Die Mama hat Geburtstag, 60. Da dachte ich mir, ich mach ihr eine Freude."
Doch statt auf dem Gruberhof trifft Martin seine Mutter und seinen jüngeren Bruder Hans auf dem Friedhof beim Begräbnis seiner Schwägerin. Sonja, Hans' Ehefrau ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Und von seinem ehemaligen Mentor, dem kurz vor der Pensionierung stehenden Bergdoktor Roman Melchinger, erfährt Martin auch noch, dass er der leibliche Vater von Hans und Sonjas Tochter Lilli ist. Der Gruber'sche Bruderzwist ist das Leitmotiv der Neuauflage. 2008 hält Martin Gruber als "Bergdoktor" Einzug in das idyllische Dorf Ellmau am Fuße des Wilden Kaisers in Tirol.
Action-Pendant zum "Bergdoktor"
2009 kommt unter dem Titel "Die Bergwacht" das Action-Pendant zum "Bergdoktor" aus dem steirischen Dachsteingebirge, ins Fernsehen.
"Willst nach Amerika, hob I gehört!"
"In drei Tag is soweit."
"I weiß net, I seh di net dadrüben, in Amerika."
"Hör auf! Hast du wieder einen deiner komischen Träume ghabt?"
"Ja."
"Und, was hast träumt?"
"Das do bleibst!"
"Vergiss es August, des kannst vergessen!"
Doch auch in diesem Fall verhindert ein tragischer Schicksalsschlag die Ausreisepläne des Alpinisten Andreas Marthaler und statt nach Amerika zu fliegen übernimmt er die Leitung der heimischen Bergwacht Ramsau.
Interessanterweise stehen in beiden österreichisch-deutschen Berg-Familien-Serien krisengeschüttelte Männer im Vordergrund, die zwar ständig Leben retten und am Berg, wie man so sagt, immer die richtigen Entscheidungen treffen, im Privatleben dagegen von einem Schlamassel in den nächsten rauschen. Im "Bergdokter", den der österreichische Schauspieler Hans Sigl verkörpert, sind ungeordnete Familienverhältnisse, alte Lieb- und Feindschaften, lang gehütete Geheimnisse und natürlich jede Menge medizinischer Notfälle an der Tagesordnung.
Nie ohne eine ordentliche Portion Humor
"Die Bergwacht", 2012 wurde die Serie in "Die Bergretter" umbenannt, ist eine Art Berg-Baywatch mit spektakulären Stunt-Szenen in schwindelerregender Höhe rund um Andreas Marthaler und seine Crew, deren Privatleben, neben den schicksalshaften Geschichten rund um die Rettungsaktionen, ebenfalls nicht zu kurz kommt.
Ob Bergretter oder Bergdoktor, in jeder Folge geht es, im Übrigen nie ganz ohne eine ordentliche Portion Humor, um Familienangelegenheiten, Freundschaft, Betrug, Leben, Tod, die Sehnsucht nach der Ferne und die Umstände, die einen davon abhalten, die eigenen Träume zu verwirklichen.
Der Bergfilm in Serie, er lebt! So, wie sich auch Luis Trenkers Berggeschichten nach wie vor großer Beliebtheit im Nachtprogramm auf ARD Alpha erfreuen.
"Guten Abend meine lieben Zuschauer! Nachdem ich ihnen in meinen letzten beiden Sendungen etwas über die Dolomiten erzählt hab über meine Heimat bringe ich ihnen heut eine kleine..."
Der Bergdoktor Komplettbox (Staffel 1-7) und Die Bergretter Komplettbox (Staffel 1-6) sind auf DVD bei Universum Film erschienen.