Hanswurst auf dem Theatertreffen

Von Gerd Brendel · 06.05.2011
Herbert Fritsch erobert das Allerheiligste der deutschsprachigen Theaterwelt. Gleich mit zwei Inszenierungen ist er auf dem Theatertreffen vertreten: Nora für das Theater Oberhausen und "Der Biberpelz" aus Schwerin.
In der Volksbühne nannten die Kollegen den Schauspieler ein Klammotier, bei den Oberhausener Filmtagen nannten die Kritiker den Filmregisseur einen "Achternbusch auf LSD", einen origiastischen Theatermacher die Kollegen den Bühnenregisseur.

"Dieses Rumpelstilzchen."

"Komplett wahnsinnig" nannte ihn ein Freund, mit dem ich vor Jahren in der ersten Reihe saß als Herbert Fritsch E.T.A. Hoffmanns Sandmann erzählte. Wie er als dämonischer Advokat Coppelius nach den Kindern greift: "Die Augen her, die Augen her". Das hat mein Begleiter von damals bis heute nicht vergessen.

"Dieser geifernde Gift und Galle spuckende Biba-Butzemann."

Damals in den 90-ern gehörte Herbert Fritsch zu den Stars der Berliner Volksbühne. In Castors Nibelungen spritze er mit Sophie Rois Blut um die Wette. In "Elementarteilchen" fantasierte er über dicke Frauen und Potenz im Alter. In Schlingensiefs "Ata Ata zappelte er durch die Kulisse und rüpelte die anderen Ensemblemitglieder an . Was damals galt, das gilt noch immer: Wenn Herbert Fritsch spielt, geht es immer ums ganze. Hier steht jemand auf der Bühne der bereit ist, sich selbst aufs Spiel zu setzen.

"Ich bin das Schwein..."

Dass Fritsch...

"...dieses Element"

... mehr kann als Rampensau, bewies er mit seinem Internet-Projekt Hamlet X- Nichts weniger als Shakespeares Drama komplett neu zu erzählen, ohne die Grenzen von Bühnenlogik, wollte Fritsch. Auf der Homepage wird das Drama in Kurzfilme, Krimi-Szenen Video-Spiele, Interviews, Songs und Trickfilme zerlegt. Und das Projekt wuchert immer weiter als Labyrinth. Ein Ende ist nicht abzusehen.

"Das war so mit Hamlet und den Dänen und ... "

Für seine Filmarbeit wurde Fritsch sogar zum Erfinder mit ordentlichem Patent für eine spezielle Verzerrungstechnik und vor zwei Jahren widmeten die Oberhausener Filmtage dem Medienkünstler eine Retrospektive. In den letzen Jahren hat Herbert Fritsch...

"...dieses Rumpelstilzchen"

... sein Rampensau-Image hinter sich gelassen und seine Lust am Regie-Führen entdeckt.

"Sag mal 'Gehen.. mach mal so ... ."

Egal ob er mit Kindern die Apokalypse einstudiert, an Stadttheatern Boulevardkomödien, Hauptmann in Schwerin oder Ibsen in Oberhausen: Als Regisseur fordert Herbert Fritsch von seinen Darstellern das, was er von sich als Schauspieler fordert: Spiel-Lust, Einsatz ohne falsche Scham und Mut zum Lächerlichen. Ganz gleich was er macht Herbert Fritsch will vor allem eins sein. Ein großer, großer Hanswurst – das sagt er selbst.