Hannelore Schlaffer

"Altern ist für Frauen immer noch ein Makel"

Walde Huth war eine innovative Modefotografin und hat während des Krieges für Agfa gearbeitet.
Ein Model präsentiert Mode vor mehreren Fotografen. © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Moderation: Susanne Führer · 09.06.2016
Hannelore Schlaffer interessiert die Poetik der Novelle ebenso wie die Mode und das Einkaufszentrum. So blickt die Literaturwissenschaftlerin sehr kritisch auf das Modebusiness. Vor allem stört sie hier, dass Mode fast ausschließlich für junge Frauen entworfen werde.
Die 76-jährige Hannelore Schlaffer ist die Autorin des Buches "Alle meine Kleider – Arbeit am Auftritt". Sie setzt sich mit der Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes auseinander: Was macht Mode mit uns? Was sagt sie aus und was zeigen wir mit modischen Accessoires?
Eine Antwort lautet: Mode macht Spaß und kann einiges über ihre Trägerin aussagen, auch wenn das heutzutage weniger der Fall sei als beispielsweise in den 50er Jahren. Heute lasse sich an der Mode nicht mehr so leicht erkennen, aus welcher sozialen Schicht jemand stammt oder ob die Person eher progressiv oder konservativ eingestellt ist. Die Feministinnen hätten Hannelore Schlaffer zufolge den Frauen den Spaß an der Mode verdorben. Außerdem werde neue Mode derzeit fast ausschließlich für junge Frauen entworfen, für mittelalte oder gar alte Frauen sei kaum etwas dabei.
Generell sei es heute für Frauen schwieriger alt zu werden als früher, zumindest, was die Mode betrifft.

"Warum darf eine Frau nicht alt sein? Ich begreife es nicht!"

Altern ist für viele Frauen noch ein Makel, so Schlaffer, das zeige sich z.B. an den Klappentexten von Büchern, wo unter Fotos männlicher Autoren stets das Alter stünde, bei weiblichen aber so gut wie nie.
Ihre literarischen Vorlieben bewegen sich zwischen Schiller, Vogue und Madame – letztere allerdings immer weniger: "Die Modezeitschriften haben sich so von der tragbaren Mode entfernt, dass sie nicht mehr interessant sind." Für verschiedene Zeitungen schreibt sie literatur- und kulturhistorische Artikel, in denen sie die Geschichte mit der Gegenwart zu verbinden versucht, sei es in Alltagsbeobachtungen oder in kulturellen Betrachtungen.

"Ich sage immer, ich bin eigentlich 19. Jahrhundert."

Sie beklagt, dass es heute die traditionelle Caféhauskultur nicht mehr gäbe, verdrängt durch Essecken in Einkaufszentren. Trotzdem geht sie noch gerne in Cafés und beobachtet, was um sie herum passiert und wie die Menschen sich kleiden – dabei werden auch schon mal die vorbeiziehenden Nerzmäntel gezählt. Auch wenn sie gewissen Aspekten der Vergangenheit nachtrauert, sieht sie doch auch die Vorzüge der Gegenwart, vor allem, dass diese demokratischer sei denn je: "Der Vorteil heute ist natürlich, dass unendlich viele Leute sich unendlich viel mehr Vergnügen leisten können."
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