Hamburg

Der Abfall und die Mülldetektive

Ein Müllcontainer steht am 07.01.2014 am Spielbudenplatz in Hamburg auf der Reeperbahn vor den sogenannten Esso-Häusern und einer Esso-Tankstelle. Drei Wochen nach der Evakuierung der einsturzgefährdeten "Esso-Häuser" auf der Hamburger Reeperbahn werden seit 07.01.2014 alle Wohnungen leergeräumt. Die Mieter dürfen ihr Mobiliar aus Sicherheitsgründen nur mit Hilfe einer Spedition aus den baufälligen Gebäuden holen.
Ein Müllcontainer steht am 07.01.2014 am Spielbudenplatz in Hamburg auf der Reeperbahn vor den sogenannten Esso-Häusern und einer Esso-Tankstelle. © picture alliance / dpa / Maja Hitij
Von Katrin Albinus · 20.02.2015
Vor 20 Jahren führte Hamburg die ersten "Mülldetektive" ein. Bundesweit einmalig, damals. Heute würde man von "Modellprojekt" sprechen. Einiges hat sich seitdem verändert, aber unterwegs sind sie noch immer.
"Da ist nichts mehr drin, das ist alt, das kann eigentlich weg ...
Moin, Moin!"
Michael von Rekowski und Jörg Möller kontrollieren ihr Postfach, ob Meldungen über illegale Müllablagerungen reingekommen sind. Aber noch ist nichts Neues dabei, an einem Montagmorgen, um sechs Uhr. Das Geschäft der Entsorgungsüberwacher - im Volksmund auch Mülldetektive genannt - beginnt zeitig.
"Weil die jetzt natürlich vor Ort mit der Reinigung anfangen und wir natürlich vorher da sein müssen und eventuell Adressen finden können. Deswegen sind wir vor der Reinigung oder mit der Reinigung draußen, dass die Zusammenarbeit besser klappen kann. Deswegen diese Uhrzeit. "
Kommen die Ermittler nach dem Tatortreiniger, gibt es Probleme mit der Spurensicherung - kennt jeder aus dem Fernsehen. Als Müllpolizist braucht man aber mehr, als nur logistisches Geschick.
"Oh, man muss Fingerspitzengefühl haben (Kollege lacht), man muss den richtigen Riecher für den Müll haben, man muss auch mit Menschen umgehen können, sag ich mal, weil man ja auch sehr viel mit Verursachern zu tun hat, mit denen muss man reden, Aufklärung betreiben. Ich sag mal: Man darf nicht schüchtern sein."
Den Eindruck machen die Männer auch nicht: Beide Mitte 50, Drei-Tage-Bärte, Jeans, blaue Windjacken, Turnschuhe; Jörg Möller trägt einen dunkelbraunen Stetson, Michael von Rekowski ist fast zwei Meter groß. Ihre Mission bei der Hamburger Stadtreinigung: Müllsündern auf die Spur kommen und sehr viel Aufklärung betreiben. Mit einem Vorurteil räumt Jörg Möller gleich auf:
"Auch wenn man immer glaubt, dass nur ..., ich sag mal der untere Bereich das alles vermüllen würde, stimmt das auch nicht so ganz. Da sind auch so die Wohlhabenden mit dabei, denen auch manchmal so ein bisschen das Verständnis fehlt dafür - und da muss man denn halt auch Aufklärung betreiben.
"Ich denk, wir müssen mal.
"Jetzt greifen wir an!"
Meldungen der Hotline verfolgen
St. Pauli ist eines der ersten Ziele auf ihrer täglichen 150 Kilometer langen Tour durch den Westen Hamburgs. Danach werden routinemäßig Wertstoff-Container-Plätze angefahren und aktuelle Meldungen der Hotline oder von Kollegen verfolgt.
"Jetzt sind wir auf der Reeperbahn gleich, mal gucken, was wir hier noch vorfinden.
Sobald das Wetter besser wird, laufen auch die Geschäfte auf St. Pauli besser und es fällt mehr Müll an. Wenn die Gewerbetreibenden dann mit ihren Behältern nicht auskommen, greifen sie gerne auf einfache blaue Müllsäcke zurück und stellen die an die Straße - statt die gebührenpflichtigen weißen Säcke.
Hier muss man allerdings dabei sagen: Die wissen alle, dass das nicht erlaubt ist, also hier auf der Reeperbahn. Was die Geschäfte angeht, da waren wir überall schon drin. Nicht nur einmal, teilweise zwei Mal. Aber sieht doch sauber aus im Moment."
Wiederholungstäter gibt es besonders bei den Gewerbetreibenden, wo es ums Geld geht. Doch blaue Säcke sind heute Morgen noch nicht zu sehen auf der Reeperbahn, weiter geht's zu einer der zahlreichen Wertstoff-Sammel-Stellen. Viele stellen ihren Müll neben die Container, obwohl das verboten ist. Wenn es um Ausreden geht, ist das Schema bei allen gleich.
"Dann hat's der Partner nicht gewusst, dann war's der Sohn.
Ja, oder wenn's denn Unternehmen sind, dann waren's die Putzfrauen. Und ich hab denen doch schon gesagt, dass sie das nicht machen sollen.
Man muss nur eine Ausrede haben, das war schon immer so.
Aber man kann nicht immer alle über einen Kamm scheren. Es ist zum Teil viel Unwissenheit dabei und auch Sorglosigkeit, wollen wir mal sagen.
Ist natürlich schon so, wenn die Container voll sind und man hat wirklich nur Papier oder Flaschen, die man dort entsorgen will, dass man dann sagt: Naja, ich bring's ja schon da hin, wo es hingehört! Das ist schon richtig, nur: Dass da Kosten entstehen, wenn das dreckig ist, weil da extra einer hinfahren muss zum Reinigen, das sehen die nicht."
39 Euro Zehn pro angefangenem Kubikmeter
Die Container werden mithilfe eines Krans entleert, den daneben liegenden Müll aber bekommen die Männer gar nicht auf den vier Meter hohen Wagen. Um die sogenannten "Beistellungen" zu entfernen, muss ein Extra-Dienst bestellt werden, das kostet Geld. Geld, das sich die Stadtreinigung gerne von den Verursachern wieder holen würde: 39 Euro Zehn pro angefangenem Kubikmeter. Aber dafür müssen die Detektive Anschriften finden.
"So, mal gucken, ob wir Beute schlagen können Papier, Wertstoff, Sperrmüll, alles dabei. Wir werden hier aber keine Adresse finden, seh ich so schon. Hier Dicker, noch n Croissant, kannst noch n Stück ..."
"Essensreste, gehört doch hier alles nicht her und Farbe auch nicht."
Essensreste können Ratten anlocken, die Farbe könnte ausgekippt werden - zusätzliche Probleme, die man vermeiden will. Neben dem Altpapier-Container liegt Pappe, jemand hat den Einwurf mit einem Karton verstopft, die nächsten haben ihr Papier dann neben den Behälter gestellt - einiges davon weht schon auf die Fahrbahn.
Adressaufkleber sind nirgends zu finden, von Rekowski ruft die Hotline an, damit der Platz gesäubert wird. 80 Prozent der Meldungen werden noch am selben Tag erledigt.
Michael von Rekowski ist vom ersten Tag an bei der Entsorgungsüberwachung, seit nun mehr 20 Jahren. Bei seinen Kollegen heißt er auch "das Röntgenauge" - er sieht auf einen Blick, was ihn an einem vermüllten Platz erwartet und ob er einen Verursacher findet. Seit drei Jahren ist er mit Jörg Möller unterwegs, auch der hat schon einen sicheren Blick auf den Müll.
Mülldetektive - im März 1995 eingeführt
Deutschlandweit erstmals eingeführt wurden die Mülldetektive im März 1995 in Hamburg. Besonders St. Pauli und St. Georg, das Viertel am Hauptbahnhof, waren stark vermüllt. Gewerbeabfälle, Sperrmüll - alles wurde einfach auf die Straße gestellt. Und von der Stadtreinigung immer fleißig eingesammelt, weil die in Hamburg nun mal den gesetzlichen Auftrag dazu hat. Um die Unsitte nicht zur Gewohnheit und zum kostenlosen Service werden zu lassen, klärte die Entsorgungsüberwachung zuerst noch freundlich auf, dann ging man dazu über, sich die Kosten von den Verursachern wieder zu holen.
Aber das ist nicht so einfach, bei einer Stadt mit 1,8 Mio. Einwohnern und sechs Mülldetektiven. Unterstützung in Sachen Beweismittel sichern, Prävention und Aufklärung erhielten die Detektive daher ab 2007 von einer anderen Hamburger Sondereinheit: den Kümmerern.
"Eigentlich ist das Grillen mit diesen Einweg-Grillen zum Beispiel verboten, aber das kümmert die Leute auch nicht. Das ist einfacher, so ein Einweggrill, den braucht man nachher nicht mitschleppen, schmeißen die hier hin, meistens liegen die alle auf dem Rasen. Man sieht hier schon mittags nur Jugendliche, auch oft Junggesellenabschiede, sitzen hier, Grillen, trinken vor, lassen dann den Müll liegen, wenn sie weiter auf den Kiez ziehen ... dann nimmt man die Sachen ja nicht mit."
Stefanie Gutzke und Robert Szwejk sind mit einem Pritschenwagen an der Alster und in St. Georg unterwegs. Zu ihren Aufgaben gehört es, Leute direkt anzusprechen, sie verteilen Müllsäcke und Gassi-Beutel und räumen mittlerweile sehr, sehr viel Müll weg. Die zwölf Kümmerer in Hamburg bekommen viel Lob, werden aber auch belächelt oder angepöbelt.
"Meiner Meinung nach müsste man eigentlich wieder einen Ordnungsdienst, also Ordnungsamt, die die Leute direkt drauf ansprechen, dass es ein Bußgeld geben könnte, aber die gibt's ja leider nicht mehr."
Eine Handhabe, Personalien aufzunehmen oder Bußgelder zu verhängen, haben die Kümmerer ebenso wenig, wie die Mülldetektive. Und der bezirkliche Ordnungsdienst, der diese Kompetenzen hatte, wurde Ende 2013 abgeschafft.
In ihrer orangefarbenen Kleidung werden die Kümmerer, wie ihre Kollegen von der Müllabfuhr oder der Straßenreinigung, eher als Dienstleister wahrgenommen. Und da sie zur Reinigung verpflichtet sind, spricht es sich schnell herum, dass die aufsammeln, was man selbst liegen lässt.
"Einige, wo die gesagt haben: Ja, machen wir, machen wir - da liegt das dann trotzdem noch. Das ist traurig (Autorin: die Tüten liegen dann auch noch mit dabei) - Ja, die flattern dann meistens hier in den Gebüschen. Aber man kann ja leider nix dran machen."
Genervt von der vermüllten Grünfläche
Heute sieht die Wiese am Schwanenwik an der Alster aber richtig gut aus, versichert Stefanie Gutzke. Nur die Zeichen der boomenden Grill-Kultur sind zu sehen, schwarze, kreisförmige Brandflecken, die nicht mehr zuwachsen, kleinteiliger Müll liegt herum, Zigarettenkippen, Kronkorken. Ein Vater, der in der Nähe wohnt, spielt mit seinen zwei Jungs Fußball. Wie viele Anwohner ist auch er genervt von der vermüllten Grünfläche, aber ratlos, wie man den Verursachern beikommt:
"Mit gutem Beispiel vorangehen - ich weiß es nicht. Oder Strafen verteilen! Gell, Kinder? Es wird doch für jeden anderen Krempel auch immer Tickets verteilt. Irgendwann, wenn das überhandnimmt, dann nervt's auch die, die das hier so hinterlassen. Vielleicht muss man's einfach auch mal überhandnehmen lassen, das ist ja auch ne Variante, indem man einfach den Müll liegen lässt. Und einen Zettel hinlegt: Die Müllabfuhr hat keine Lust mehr, macht ihr mal selber weg. Ja, ist doch so. Und dann seht mal, wie ihr mit dem Dreck fertig werdet. Dann kommen die nämlich auch nicht mehr hier her!"
Deutlich sauberer ist es dafür auf der anderen Seite der Alster, unter der Kennedy-Brücke, wo eine Gruppe von Obdachlosen ihre Zelte aufgeschlagen hat. Decken und Handtücher hängen an Wäscheleinen, vor den Zelten ordentlich aufgereiht stehen Straßenschuhe, Badelatschen und Kochgeschirr.
"Braucht ihr noch Tüten?
Nee, im Moment nicht.
Hast noch, näh.
Klar, dann bagger ich sie an. Aber nur wegen Tüten. Irgendwas tun müssen wir ja auch ... sieht aber ordentlich aus.
Bei euch sieht's immer ordentlich aus.
Wir halten uns daran, dass das hier sauber zu halten ist. Das ist unsere Vereinbarung unter uns. Weil - das geht gar nicht anders."
Die Aufgaben der Kümmerer haben sich mit der Zeit verschoben. Anfangs sollten Aufklärung und Information überwiegen, dazu ein bisschen Parkbänke, ein bisschen Begleitgrün sauber halten. Heute macht das Wegräumen 80 Prozent ihres Jobs aus, die Kümmerer sind zur Nachhut der frühmorgendlichen Reinigungskolonne geworden. Am Abend ist der Pritschenwagen voll, durchschnittliches Ladegewicht: 250 Kilogramm Müll - es kann aber auch mal eine Tonne sein.
"So, hier sieht das schon ein bisschen wilder aus ..."
Die Reinigungsarbeit ist nicht ganz ungefährlich. Müll hält eben alles das bereit, was Menschen loswerden möchten, auch Chemikalien, Kadaver oder Exkremente sind dabei. Davor müssen die Kümmerer sich schützen. Zu tief in die Büsche dringen sie lieber nicht ein.
"Immer nur eine Zangenlänge, weil wer weiß, was da alles hinter ist. Irgendwelche Fäkalien. Wir werden zwar auch immer regelmäßig geimpft, aber muss auch nicht sein.
Hier liegen auch oft Spritzen, das ist dann nicht so schön, wenn man da ausrutscht.
Auf Fäkalien und dann in einer Spritze landen ... Also das ist glaube ich das Schlimmste, was einem passieren kann."
Trotz allem machen die beiden ihren Job gern. Das Betriebsklima ist gut, auch für eine Frau wie Stefanie Gutzke. Die ist allerdings auch nicht zimperlich: ihr Opa war Maurer, dem ist sie schon früh bei der Arbeit zur Hand gegangen, sie selbst ist gelernte Lkw-Fahrerin.
"Also, ich würde gerne wieder als Berufskraftfahrerin tätig sein, aber mittlerweile, wo ich jetzt bei den Jungs bin, weiß ich das ehrlich gesagt nicht mehr so genau. Weil das macht einfach Spaß mit denen zusammen zu arbeiten. Und jetzt wurd mir ja angeboten, dass ich im Winterdienst mit denen arbeiten kann und denn darf ich natürlich auch wieder was Großes fahren, von daher würde das gut zusammen passen. Tagsüber als Kümmerer, nachts auf dem Streuwagen ..."
"So, was jetzt?
Entweder machen wir jetzt noch weiter Kontrolle Container, oder wir machen Abgabeerklärung. Container.
Ja."
Nachts mit ihrem Dienstwagen unterwegs sind manchmal auch Jörg Möller und Michael von Rekowski. Zu ihrem Job als Detektive gehört auch das Observieren, dafür hat der Wagen abgetönte Scheiben. Wenn sie keine Adresse finden in einer Müllablagerung, aber immer denselben Verursacher vermuten, legen sie sich schon mal auf die Lauer. Mit Erfolg.
"Oftmals waren es welche, die wirklich wussten, das, was sie da hinbringen, dass das da nicht hingehört. Die sind natürlich erst mal geschockt. Und wenn sie nachher die Rechnung kriegen und die Anzeige kriegen, dann erst recht. Weil da haben sie wohl nicht mit gerechnet, dass sie nachts anne Büx gekriegt werden."
Heute ist der Erfolg allerdings noch ausgeblieben - jetzt geht es auf einen Kaffee in die Kantine der Stadtreinigung.
"Moin! Moin!
Nah, Müllbulle, wie geht's?"
Unmengen von Verpackungsmüll
Am Abfall lassen sich auch Trends und Entwicklungen ablesen. So hat sich mit Hilfe der Mülltrennung der Restmüll verringert, in Hamburg innerhalb der letzten fünf Jahre von einer Million auf 800 Tausend Tonnen pro Jahr. Dem gegenüber steht eine stetig wachsende Eventkultur mit Unmengen von Verpackungsmüll, zu dem auch das Internetgeschäft und die To-Go-Kultur reichlich beitragen. Und noch eine andere gesellschaftliche Entwicklung ist am Abfall erkennbar.
"Wir haben mittlerweile leider Gottes eine Armut in Hamburg, wo viele Bürger sich gezwungen sehen, Tüten aufzureißen und nach Wiederverwertbarem suchen, Lebensmittel, Flaschen, all so ein Kram und dann flattert das auf der Straße rum, dann liegen da Tabletten, Chemikalien, Reinigungsmittel. Kinder die das finden, die nicht wissen, was sie finden, die andere damit in Gefahr bringen, solche Sachen ... das gehört einfach nicht in den Hausmüll, das gehört sich einfach nicht und das weiß, denke ich, heute jeder."
Die meisten wissen es, doch in Stadtteilen wie St. Pauli oder St. Georg - Vergnügungsvierteln, in denen Tourismus, Prostitution, Obdachlosigkeit, Drogenverkauf und Konsum zusammen kommen - dringen Apelle an den gesunden Menschenverstand nur schwer durch. Zum Leidwesen der Anwohner, die ihrem Frust auch mal bei den Männern und Frauen in Orange Luft machen.
"Der Müll, da sind ja nun gleich Ascheimer, anstatt das da rein zu schmeißen, es liegt alles daneben. Und sei mir nicht böse, das machen eure Kollegen, die hier morgens machen, machen es leider nicht immer mit. Hab ich selber schon erlebt."
"Aber dann kann ich ja mal anhauen. Ich sag ganz ehrlich: Ich möchte in eurer Haut nicht stecken. Weil so dreckig, wie das hier ist, hätte ich auch keine Lust hier sauber zu machen."
"Da haben sich so viele beschwert, dass überall hingepinkelt wird, große Haufen hingesetzt und nicht nur die Hunde, sondern die Menschen! Und denn überall das liegen zu lassen. Hier sind so viel, da drüben ..., ich mein hier müsste man vielleicht größere Dinger hinstellen, aber ich seh es ja am Steindamm. Wird hingeschnippt, weg. Bloß nicht bewegen."
Erhöhung des Bußgeldkatalogs
St. Georg ist auch ein schwieriges Pflaster für die allerneuste Einheit der Hamburger Stadtreinigung: die Waste Watcher. Die wurden der Hamburger Öffentlichkeit im September 2014 von Umweltsenatorin Jutta Blankau präsentiert, zusammen mit der Erhöhung des Bußgeldkatalogs. Dadurch entstand der Eindruck, die Waste Watcher könnten die Bußgelder auch kassieren - aber das ist nicht der Fall. Auch sie können nur an die Moral appellieren, mit unterschiedlichen Reaktionen.
"Mal so, mal so. Ist ganz verschieden, also hier eher, äh..., ungehalten. Aber, ja, nützt ja nichts. Die meisten, die sehen das ein, aber das ist schwierig hier in dem Gebiet. Wir machen das Beste draus, mal gucken."
Man sollte meinen, die Spezialeinheiten der Stadtreinigung hätten es allesamt leichter, wenn sie mit mehr Kompetenzen ausgestattet wären, die Ordnungswidrigkeiten direkt ahnden könnten. Aber Günter Rademacher, Prozessmanager und seit 40 Jahren bei der Hamburger Stadtreinigung, winkt ab. Kurz vor Feierabend sitzt er in seinem Büro, nebenan melden sich die Kolonnen von ihrer Schicht ab.
"Also, Bußgelder ist ein schwieriges Thema. Nur über 1,8 Mio. Einwohner mit einem gewissen Einsehen erreichen wir, dass die Stadt sauberer wird. Ausschließlich mit der ordnungsrechtlichen Keule werden wir im Einzelfall vielleicht Erfolg haben, aber das ist nichts Nachhaltiges. Deshalb setzt unsere Prävention auch bereits im Kindergarten an, die Kinder spielerisch an das richtige Verhalten mit Müll ranführen. Und das ist meine stille Hoffnung, dass aus dieser Generation ein verändertes Verhalten raus wächst, was nachher dazu führt, dass es selbstverständlicher ist, ein Stück mit zu helfen, die Stadt sauber zu halten und sich nicht fehl zu verhalten."
Bis diese seligen Zeiten anbrechen, kann in hartnäckigen Fällen die ordnungsrechtliche Keule aber noch hilfreich sein.
Das Ermittlungsteam Rekowski - Möller steht kurz vor einem Fahndungserfolg. Bei einer Wertstoff-Sammelstelle stapeln sich zwischen den Papierbehältern Tüten mit Altpapier, darunter auch viele Briefe. Wird ein Adressat nur ein einziges Mal gefunden, reicht das als Beweis aber noch nicht aus, der Brief kann auch zufällig dazwischen geraten sein.
"Das sind alles leere, außer ... alles nur leere ..., oh, da.
Wenn das andere auch noch von ihm ist, dann haben wir Grund zum Feiern. Ja gut, langt Dicker. Schmeiß rein da, ich mach Foto."
Mehrere Umschläge werden fotografiert und alles mitgenommen. Als Beweismittel - mit denen der "mutmaßliche Täter" konfrontiert wird - wenn die Ermittler ihn antreffen. In diesem Fall wohnt er gleich um die Ecke.
"Mahlzeit. Die Stadtreinigung, Entsorgungsüberwachung ..."
Post von der Stadtreinigung gibt's auf jeden Fall: mit einer Rechnung, Fotos und der Möglichkeit, sich zu äußern. Danach entscheiden die Kollegen im Innendienst, ob sie die Kosten einfordern. Bei Wiederholungstätern kommt ein Bußgeld dazu, bei größeren Sauereien gibt's eine Anzeige. Doch hier war wohl ein Ersttäter am Werk, die Sache ist schnell geklärt.
"Das Geschäft, der stört sich da auch dran, denn weht das auf den Fußweg, das ist schon ...
Könnten Sie uns die Bilder einfach einmal zuschicken?
Das kriegen Sie zugeschickt.
Super, perfekt, das tut uns leid. Manchmal ...
Kein Thema.
Gute Woche noch, wir werden drauf achten. Tschüss
Das ist der seltene Fall."
Keine großen Ausreden, prompte Einsicht und alles ohne Keule - in solchen Momenten sind sie schon da, die seligen Zeiten, für die Spezialeinheiten der Hamburger Stadtreinigung.