"Halt auf freier Strecke"

Von Anke Leweke · 16.11.2011
Krebs, ein Todesurteil. Der Film von Andreas Dresen nimmt den Zuschauer mit in den intimen Todeskampf eines Familienvaters, zeigt seine Schmerzen und seine Ängste.
"Wir haben Krebs im Endstadium diagnostiziert." - "Was heißt das?" - "Dass ihr Mann nur noch wenige Monate zu leben hat."

Mit dieser Szene beginnt Andreas Dresens neuer Film "Halt auf freier Strecke". Die Diagnose erwischt den Zuschauer genauso unvorbereitet wie das von Milan Peschel und Steffi Kühnert gespielte Ehepaar. Plötzlich steht das Unfassbare im Raum, von einer Sekunde auf die andere steht ein Mensch vor dem Aus. Doch können das Ehepaar und die zwei halbwüchsigen Kinder die Nachricht tatsächlich realisieren? Was heißt es, wenn der Tod plötzlich in nächste Nähe rückt? Wenn ein geliebter Mensch bald nicht mehr da sein wird?

Im Kino wird unendlich viel gestorben, der Prozess des Sterbens, die Schmerzen, das Leiden werden hingegen selten gezeigt. Schon mit seinem letzten Film "Wolke Neun" wollte Andreas Dresen ein Tabu-Thema brechen und zeigen, dass auch alte Menschen sich verlieben, Sex haben.

Jetzt filmt er das Sterben eines Berliner Monteurs aus nächster Nähe. Er zeigt, wie der Krebs von einem Menschen Besitz nimmt, seinen Körper reduziert, seine Persönlichkeit verändert. Er zeigt die Ohnmacht in dem kleinen Einfamilienhaus und die Hilflosigkeit der Familie.

Wieder hat Dresen mit kleinem Team gearbeitet, um Raum für die intimen Szenen des körperlichen Verfalls zu schaffen. Wieder wurden die Dialoge improvisiert, damit die Schauspieler ihren eigenen Umgang mit dem Thema entwickeln können. Und wieder hat er chronologisch gedreht, um die immer extremer werdenden Situationen, Spannungen und die Verzweiflung innerhalb der Familie einzufangen.

In "Halt auf freier Strecke" gelingt es Dresen, in Augenhöhe mit dem Helden und dessen Krankheit zu sein.

Deutschland 2011. Regie: Andreas Dresen. Darsteller: Milan Peschel, Steffi Kühnert, Talisa Lilly Lemke, Mika Nilson Seidel, Ursula Werner, Otto Mellies, Christine Schorn, Inka Friedrich. Ab 6 Jahren, 110 Minuten.

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