Hackertreffen in der Schorfheide

Von Christian Fischer · 09.08.2007
Der Chaos Computer Club hat zum Chaos Communication Camp eingeladen. Und hunderte Hacker, Nerds und Technikfreaks sind der Einladung nach Finowfurt bei Berlin gefolgt. Sie treffen sich zum Erfahrungstausch, um Vorträgen zu lauschen und um die Sonne zu genießen.
Florian Holzhauer: "Hi everybody, first of all: It’s unbelievable to see all of you guys here and apparently having fun!"

Ein ausrangierter Flugzeughangar auf dem Gelände des Luftfahrtmuseums Finowfurt bei Berlin. Florian Holzhauer vom Chaos Computer Club ist glücklich. Das Wetter ist blendend, die Sicherungen halten. Beste Voraussetzungen also für einen Erfolg des von ihm mitorganisierten Chaos Communication Camps. Wo einst russische Kampfjets parkten, klatschen nun hunderte Hacker, Nerds und Technikfreaks vergnügt in die Hände – um sie gleich darauf wieder auf ihre Notebooks zu legen.

Draußen, im kühlenden Schatten einer musealen MIG 23 UB, beschreibt Florian Holzhauer das alle vier Jahre stattfindende Hacker-Zeltlager so:

"Wir haben ein fünftägiges Camp, das vor allem dem Erfahrungsaustausch und dem gegenseitigen Kennenlernen dient. Wir haben 70 Vorträge, viele Workshops, Zeltstädte, die natürlich alle was mit IT-Forschung zu tun haben. Es geht hier vor allem um den sozialen Kontakt. Die meisten Leute kennt man eben sonst nur per E-Mail, über Webseiten – online."

Die Vorträge und Workshops finden in sechs ausgedienten Flugzeughangars statt. Gleich daneben ist die Zeltstadt. Hier lernt man sich fast zwangsläufig kennen: Luftmatratzen wollen aufgeblasen, ganze Computerberge verkabelt, Satellitenschüsseln ausgerichtet werden. Der Geruch zu dick aufgetragener Sonnencreme weht über den Platz. Die blassen, größtenteils männlichen Camper tragen T-Shirts mit kryptischen Botschaften. Wechselkleidung mag der eine oder andere vergessen haben – seine Gadgets bestimmt nicht.

Der Luftraum über dem Camp wird derweil von ferngesteuerten Flugdronen beherrscht. Wer gerne selbst eine hätte, kann im "Hack-Center", einem Hangar vollgestopft mit allem, was das Elektro-Bastlerherz begehrt, unter fachkundiger Anleitung selbst zu Lötkolben und Klebepistole greifen. Es sei denn, er hat gerade besseres zu tun:

"Wir sitzen hier gerade in unserem mitgebrachten Plastik-Swimmingpool mit geschätzten 3000 Litern Wasser, genießen die Sonne und hoffentlich bald die ersten Vorträge."

Was wann wo auf dem Camp passiert, erfahren die meisten – wie könnte es anders sein – aus dem Netzwerk. Die Verteiler sind von keinem Zelt mehr als 40 Meter entfernt, krakenartig laufen dort die Kabel aus allen Richtungen zusammen. Hier und da recken sich auch meterhohe Antennen gen Himmel und sorgen zusätzlich für ein flächendeckendes Funknetz. Und natürlich ist das Camp auch mit dem Internet verbunden – es wurde eigens ein über drei Kilometer langes Glasfaserkabel verlegt.

Die Vortragsthemen reichen von verschiedenen Aspekten der Sicherheits- und Überwachungstechnologie bis hin zu neuen Formen elektronischer Literatur. Die meisten Teilnehmer des Camps interessieren sich eben nicht nur für Technik, sondern auch für ihre soziokulturellen und politischen Aspekte, sowie für mögliche künstlerische Anwendungsmöglichkeiten. Für letztgenannte gibt es einen eigenen Hangar, die "Art and Beauty Area":

"Hier ist die Art and Beauty Area. Es geht darum, dass auch Kunst mit dem Computer gemacht werden kann. Und wir haben das Audiovillage und jeder, der will, kann vorbeikommen, um mit uns und mit dem Laptop eine kleine Jam Session zu machen."

Hacker wie "Dom" prägen entscheidend den Klang und das Aussehen des Camps. Das zeigt sich besonders nachts, wenn tausende bunter Lichtinstallationen das Camp in eine Art riesiges Raumschiff verwandeln – und seine Bewohner im bläulichen Schein ihrer Notebooks wie eine still werkelnde Besatzung wirken.