"Habemus Papam"

Vor 800 Jahren fand das erste Konklave statt

Kardinäle versammeln sich 2005 in der Sixtinischen Kapelle für das Konklave, Vatikanstadt, 18.04.2005.
Papstwahl: Kardinäle versammeln sich 2005 in der Sixtinischen Kapelle für das Konklave © dpa/ OSSERVATORE_ROMANO
Von Peter Hertel  · 18.07.2016
Bei jeder Papstwahl verschwinden die Kardinäle hinter verschlossenen Türen. Draußen wartet die Welt darauf, dass weißer Rauch aufsteigt. Wie es zu dieser Tradition kam, war eher zufällig. Genaugenommen entstand er vor 800 Jahren aus einer Volkslaune heraus.
Perugia, Sommer 1216: Aus Rom war Papst Innozenz III., begleitet von den meisten Kardinälen, in die mittelitalienische Stadt gekommen. Am 16. Juli war er plötzlich an einer Embolie gestorben. Noch am selben Tage begaben sich die 27 Kardinäle in den Palazzo delle Canoniche, um seinen Nachfolger zu wählen. Der Zeitzeuge Bernhard von Botone berichtet, sie seien im Kanoniker-Palast eingeschlossen gewesen - cum clave, wie es auf Latein heißt, mit dem Schlüssel. Sie saßen im Konklave, wie man später sagen wird.

"Diebe hatten ihn seiner Prunkgewänder entkleidet"

Im benachbarten Dom hatte man unterdessen den kostbar gekleideten Leichnam des verstorbenen Papstes Innozenz aufgebahrt. Jakob von Vitry, ein berühmter kirchlicher Würdenträger, berichtet:
"Während meiner Reise kam ich nach Perugia, wo ich den toten, aber noch nicht beigesetzten Papst Innozenz fand. Diebe hatten ihn seiner Prunkgewänder entkleidet. Seinen Leichnam, der schon nach Verwesung roch, hatten sie fast nackt zurückgelassen."
Anfang des 13. Jahrhunderts wurde die Gegend von Perugia und Assisi durch blutigen Aufruhr erschüttert. Das arme Volk erhob sich gegen Aristokraten und Großbürger, die - offenbar aus reiner Machtlust und unter Duldung von Kirchenmännern - Weingärten und Obstplantagen verwüsteten. 1213, drei Jahre vor der Papstwahl, hatte Bruder Franziskus, der Bettler aus der Nachbarstadt Assisi, auf dem größten Platz Perugias gegen junge Adelige gewettert:
"Ihr seid übermütig geworden, ein Schrecken für die Bauern in der ganzen Gegend, denen ihr die Ernten verbrennt. Habt ihr nicht schon genug Menschen umgebracht? Wollt ihr vielleicht auch noch in dieser Stadt die großen Herren spielen?"

Kardinäle versuchten, dem Volkszorn zu entgehen

Weil das Volk auch über die Kirchenfürsten erbost war, hätten die Bewohner von Perugia die Kardinäle eingesperrt. Das meinten später manche Geschichtsschreiber. Vermutet wird aber auch, die Kardinäle hätten sich, indem sie sich selber einschlossen, vor dem zornigen Volk schützen wollen. Immerhin haben sie sich überraschend schnell, innerhalb von zwei Tagen, auf einen neuen Papst, Honorius III., geeinigt. Es war der 18. Juli 1216.
Das Konklave von Perugia, entstanden nicht aus dem Kirchenrecht, sondern offenbar aus einer Volkslaune. Allerdings legen manche Kirchenhistoriker das erste echte Konklave in das Jahr 1241, als ein römischer Senator die Papstwähler einsperrte.
Heutzutage findet das Konklave in den abgeschlossenen Räumen der Sixtinischen Kapelle des Vatikans statt. Nach jedem Wahlgang steigt draußen Rauch auf; er ist schwarz, bei erfolgloser Wahl und weiß, wenn ein neuer Papst gewählt ist. Dann verkündet der Kardinaldekan von der Loggia des Petersdomes:
"Habemus Papam. Qui sibi nomen imposuit: Franciscum."
Die Wahl des Papstes Franziskus im jüngsten Konklave hat den weltbekannten Befreiungstheologen Boff einen kühnen Bogen spannen lassen. Bekanntlich hat sich der Argentinier Bergoglio als erster Papst nach Franz von Assisi benannt. Laut einem - historisch allerdings ungesicherten - Bericht war Bruder Franz in Perugia anwesend, als Papst Innozenz starb und das erste Konklave stattfand. Boff malt die Überlieferung so aus:
"Die Kardinäle waren aus dem Dom gegangen, um den neuen Papst zu wählen. Dann hatte man den Leichnam des verstorbenen Papstes, der stets von Adligen umgeben war, all seiner kostbaren Kleider beraubt, des Goldes und Silbers und der Insignien der Macht. Ein übelriechender, erbärmlicher Armer schlich in den Dom, legte seine dreckige und zerschlissene Bekleidung ab und bedeckte damit die Blöße des päpstlichen Leichnams. Es war Franz von Assisi. Heute ist er zurückgekommen und erscheint als Quelle der Inspiration für Franziskus, den Papst in Rom."
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